Andechs:Kaufhaus der Pilger

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Der Christi-Himmelfahrts-Markt in Andechs hat eine lange Tradition. Neben Billigware sind Händler aus der Region und solides Handwerk zu finden

Von Astrid Becker, Andechs

Und schon wieder läuten die Glocken der Klosterkirche in Andechs. Das hat einen guten Grund: Auf dem Heiligen Berg ist nicht nur Christi-Himmelfahrts-Markt, sondern auch noch Bittgangswoche, und da werden besonders viele Messen für die Pilger zelebriert. Traditionell finden beide Ereignisse zeitgleich statt - der Markt und die Hochzeit der Wallfahrt. Viele Hunderte Pilger kommen zu Fuß auf den Berg, und nicht wenige von ihnen kaufen dann auch noch allerlei Nötiges und Unnötiges an den vielen Ständen, die sich an den teilweise recht steilen Anstieg schmiegen.

Wie lange es den Jahrmarkt schon dort gibt, weiß kaum mehr einer der Standlbetreiber. "Schon recht lang", sagt beispielsweise Gisela Hafemeyer. Früher, so erzählt sie, hätten die Leute hier alles gekauft, was sie das Jahr über für Haus und Hof brauchten: Knöpfe, Schuhe, Gewand, Hüte, Stoffe und vieles mehr. Heute jedoch gebe es dafür das Internet oder die vielen Kaufhäuser in der Stadt, die anders als einst einfach und schnell zu erreichen sind. Vielleicht hat sich deshalb mittlerweile auch viel Kommerz am Heiligen Berg angesiedelt, industriell gefertigte Billigware, die es im Grunde überall gibt, Sonnenbrillen, Geldbeutel, Gürtel oder Kleidung aus Fernost. Doch es gibt auch Ausnahmen.

Hafemeyer zum Beispiel, die ihren Stand ganz unten nahe dem Parkplatz aufgebaut hat und sich damit weites Schleppen ihrer Waren erspart. Kein Wunder, als Friedingerin ist sie mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut und mit den Menschen, die bei ihr Marmeladen, Chutneys und Liköre, Essig oder auch Senf kaufen. Hafemeyer ist Kräuterpädagogin und bietet als solche Wildkräuterführungen an. In ersten Linie ist sie aber eine Bäuerin, die gern alles verarbeitet, was bei ihr daheim auf dem Hof oder im Garten wächst: Rotklee zum Beispiel, aus dem sie ein Gelee kocht, Sauerampfer, den sie wie Mispel oder Aronia als Brotaufstrich anbietet.

Etwas weiter in Richtung Kloster ist ein Schleifer zu finden, der Scheren und Messern die nötige Schärfe verpasst. Zwar erledigt er diese Aufgabe nicht mehr mit der Hand, sondern mit elektrischem Gerät, aber immerhin bewahrt er damit eine Dienstleistung, die immer schon auf Jahrmärkten zu finden war. Aber da ist beispielsweise auch noch Kerstin Roski mit ihrem "Dornrösle"-Stand. Dort werden Borten aus den 20er- bis 80er-Jahren verkauft - aus der familieneigenen Weberei, die bis 1988 bestanden hatte.

Mit dabei sind auch ein paar ortsansässige Betriebe, wie die Wildmetzgerei Hemberger oder die Molkerei Scheitz; und das keineswegs, weil sie überall vertreten sein wollen. Käse zum Beispiel soll dort bereits der Urgroßvater der Familie Scheitz verkauft haben, was wenigstens einen Hinweis liefert, wie lange es den Markt schon gibt: Er hatte die Käserei 1908 gegründet.

Geöffnet ist der Markt noch am Samstag und am Sonntag jeweils von 8 bis 20 Uhr

© SZ vom 07.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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