Andechs:Holz und Malz, Gott erhalt's

Lesezeit: 3 min

Kreischende Motorsägen und lautes Hämmern: Drei Bildhauer arbeiten an ihren Skulpturen auf dem Heiligen Berg, und die Klosterbesucher können Genuss und Kunst verbinden. Wie lange noch, ist offen

Von Astrid Becker, Andechs

Es sind eher ungewöhnliche Geräusche, die vom Heiligen Berg nach Erling dringen. Statt Kirchenglocken hört man Motorsägen kreischen und lautes Gehämmere. Wer noch nie etwas von dem Symposium Kunst und Bier gehört haben sollte, dürfte vom Lärmpegel etwas irritiert sein. Alle anderen, die in diesen Tagen zum Kloster Andechs pilgern, wissen, dass sie hier nicht nur auf Gleichgesinnte treffen, sondern auf Bildhauer, die innerhalb von einer Woche ein Kunstwerk zum Thema Bier schaffen sollen - noch. Denn es ist offenbar unklar, wie lange es dieses besondere Event noch geben kann.

Es sind alljährlich mehrere hundert, wenn nicht tausende Besucher, die den Künstlern bei der Arbeit über die Schulter blicken. In diesem Jahr sind auf der Maiwiese unterhalb des Klosterbiergartens Silvio Ukat aus Glauchau, Luise Matthes aus Kassel und Christian Heß aus Söchtenau angetreten, um hier ihre Interpretationen zum Thema Bier umzusetzen - und diese dürften heuer sogar recht witzig ausfallen. Da ist zum Beispiel der Glaspfandsammler zu nennen, den Luise Matthes fertigen will, und das "Bierfilzlhaisla", zu deutsch Bierdeckelhäuschen, von Christian Heß. Silvio Ukat setzt dagegen auf einen "Bieranha". Aus mehreren Holzstämmen arbeitet der 44-jährige Künstler einen bunten Holzfisch heraus, genauer gesagt einen bierdurstigen Piranha, der mit einer Flasche Bier im Maul aus dem Wasser auftaucht. Mit einem musste Ukat gleich am ersten Tag zurecht kommen: Das angelieferte Holz war von Natur aus so geformt, dass er seinen Entwurf noch einmal überdenken muss. "Damit muss er nun zurechtkommen - was aber für einen Profi kein Problem ist", wie Hubert Huber sagt, der selbst namhafter Künstler ist, das Konzept für das Symposium entwickelt hat und für die Organisation nebst Betreuung der Künstler am Heiligen Berg zuständig ist. Er ist es denn auch, der ein naheliegendes Missverständnis ausräumt: Bei "Kunst und Bier" handelt es sich nicht um einen PR-Gag der Klosterbrauerei. Vielmehr sei die Initiative dazu von der Georg-Zentgraf-Stiftung ausgegangen, sagt er. Der mittlerweile 84-jährige Georg Zentgraf aus Planegg hatte sich 1992 zu seinem 60. Geburtstag einen Herzenswunsch erfüllt und die Stiftung gegründet Georg Zentgrafs Vater Emil war selbst renommierter Künstler - und Georg Zentgraf zum Zeitpunkt der Stiftungsgründung bereits seit 25 Jahren Direktor der Brauakademie Doemens in Gräfelfing. Deshalb wollte er seine beiden Lieblingsthemen, Kunst und Bier, zusammenzubringen. Den Erzählungen Hubers zufolge hatte die Stiftung 1993 Schüler der Brauer-Berufsschulen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz zu einem Wettbewerb ermuntert. Die Preisträger wurden auf der Messe "Drinktec-Interbrau" in München ausgezeichnet. Zwei Jahre später, zum 100. Jubiläum von Doemens, beteiligten sich dann auch die Kunstschaffenden der Akademie für Bildende Künste München und Nürnberg daran. Deren Exponate zum Thema wurden im Ein-Säulen-Saal der Münchner Residenz ausgestellt.

Mittlerweile jedoch gibt es nur mehr das Symposium Kunst und Bier - das 2002 am Kloster Andechs ins Leben gerufen wurde. Seither werden auf den Heiligen Berg immer drei oder vier Künstler eingeladen, die von einer Jury, bestehend aus Vertretern der Stiftung, des Klosters, der Gemeinde Andechs und der Kunst, nach einem Wettbewerb ausgewählt werden. Die Arbeiten, die sie dann in etwa einer Woche anfertigen, verbleiben zwar in ihrem Eigentum, müssen aber für drei Jahre dem Skulpturenpark des Klosters auf der Maiwiese zur Verfügung gestellt werden. Ab und zu jedoch gibt es auch eine Ausnahme von der Regel: Wenn sich ein Käufer der Kunstwerke findet und dieser glaubhaft versichert, nicht jahrelang auf das Objekt seiner Begierde warten zu können. Bei der "Breze" von Christian Schafflhuber zum Beispiel vom vergangenen Jahr. Sie wird in Kürze am Heiligen Berg nicht mehr zu sehen sein. "Wir wollen den Künstlern ja keine Steine in den Weg legen", wie Hubert Huber sagt, der sich auch selbst künstlerisch immer wieder mit Bier beschäftigt hat: "Weil das ein Kulturgut ist, und wir Künstler die Aufgabe haben, so etwas zu fördern." So sieht das wohl auch die Stiftung, wenngleich ihre Arbeit zunehmend schwieriger wird. Angesichts der niedrigen Zinslage stehe ihr immer weniger Geld für ihre Projekte zur Verfügung, sagt Huber. Wie es also in der Zukunft mit "Kunst und Bier" weitergeht, muss sich noch zeigen.

© SZ vom 24.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: