Andechs:Gewerbegebiet ist schwer zu finden

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Mehr Wegweiser zum Gewerbegebiet Rothenfeld wünschen sich endlich Erich Zimmermann (links) und Jürgen Waller. Schon seit zwei Jahren beschäftigt sich die Gemeinde Andechs mit einem Marketingkonzept. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Wer in Rothenfeld Bowling spielen oder die Autowerkstatt ansteuern will, sucht oft vergebens, weil leicht lesbare Wegweiser fehlen. Ein Marketingprofi soll's nun richten.

Von Ute Pröttel, Andechs

Wenn Jürgen Waller von Gilching an seinen Arbeitsplatz in Rothenfeld fährt, kommt er täglich an vielen Wegweisern vorbei. Über einige wundert er sich, andere ärgern ihn, etwa die prominente Ausschilderung zum Golfplatz Wörthsee. Sie beginnt bereits an Vorwegweisern an der Abfahrt der A 96. Der Golfplatz erscheint ebenso groß wie Landsberg oder Inning.

Über die riesige Werbetafel an der Einfahrt zum Gewerbegebiet Gilching-Süd wundert er sich eher. Sie ist auch im Dunklen beleuchtet, die Vermarktungsgesellschaft des jungen Gewerbegebietes informiert darauf über freie Grundstücke. Werbesymbole an den Gebäuden weisen auf Sparkasse und Bäcker hin. Auch für den vorbeifahrenden Verkehr deutlich sichtbar. Kurz bevor Waller schließlich in Rothenfeld ankommt, weist ein öffentliches Schild auf das Max-Planck-Institut in Seewiesen hin. Die Zufahrt dahinter ist eine Privatstraße.

Seit Oktober 2013 betreibt Waller die Bowling-Halle "Bowling Island" im Gewerbegebiet der Gemeinde Andechs in Rothenfeld. Doch viele seiner Neukunden tun sich heute noch schwer, ihn zu finden. "Immer wieder rufen Kunden an, weil sie auf dem Parklatz unterhalb des Klosters stehen und nun wissen wollen, wo denn die Bowling-Halle ist", erzählt Waller teils amüsiert, teils verzweifelt. Das kleine Gewerbegebiet in unmittelbarer Nähe der Justizvollzugsanstalt Rothenfeld ist rundum eingewachsen. Erst wenige hundert Meter vor der Einfahrt taucht es überhaupt auf Wegweisern auf und ist dort mit einem irreführenden Piktogramm - drei spitze Zacken für eine Fabrikhalle und ein Kaminschlot - markiert. "Man könnte meinen, hier gehe es zu einer Müllverbrennungsanlage oder einer Fabrik," sagt Waller. In Gilching stehe neuerdings übrigens ein Wegweiser zum Gewerbegebiet Gilching-Süd mit genau demselben Piktogramm, erzählt er kopfschüttelnd.

In Rothenfeld haben sich 29 verschiedene Gewerbebetriebe angesiedelt. Die meisten sind im sogenannten B2B-Business unterwegs, erwarten also keinen Endkunden. Und doch gibt es ein paar Betriebe wie die freie Werkstatt von Gabi und Erich Zimmermann, ein Teppich-Wasch-Center und eine Schreinerei, denen ein wenig mehr Aufmerksamkeit gut tun würde. Eigene Wegweiser, die Waller und die Werkstatt Zimmermann aufgestellt hatten, mussten auf Anordnung des Landratsamtes umgehend wieder entfernt werden. Einmal standen sie zu nah an der Staatsstraße, ein anderes Mal gefährdeten sie den Verkehr. Den Effekt eines Banners, das Waller an einem Zaun kurz vor dem Gewerbegebiet aufgehängt hatte, merkt er umgehend. Auf einmal standen Radfahrer beim ihm in der Halle, die sich interessiert umschauten und meinten, sie wüssten ja gar nicht, dass es die Bowling-Halle dort gibt.

Seit zwei Jahren nun befasst sich die Gemeinde mit einem Marketingkonzept für das Gewerbegebiet. Dazu hat sie einen Profi aus Krailling zu Rate gezogen. "Wir sind kein Gewerbepark", stellt Gabi Zimmermann nüchtern fest. Und so etwas wie das KIM, die Kraillinger Innovations-Meile, werde aus Rothenfeld niemals werden. "Wir wollen nur wahrgenommen werden", sagt Zimmermann, die sich wie Waller für eine bessere Beschilderung einsetzt.

Für beide ist das eine existenzielle Frage. Wer auf einer beleuchten Pylone an der Einfahrt zum Gewerbegebiet liest, dass sich dort ein Bowling-Center, eine Autowerkstatt oder ein Schreiner befindet, der macht vielleicht auch mal einen Abstecher. Mehr Kundschaft bedeutete mehr Umsatz und damit auch mehr Gewerbesteuer für die Gemeinde. 20 000 Euro soll das neue Marketingkonzept kosten. Waller und Zimmermann sind durchaus bereit, sich daran finanziell zu beteiligen, auch wenn Waller die Frage aufwirft, warum er mit seinem Betrieb für eine Beschilderung aufkommen soll, die an anderer Stelle die Steuerzahler bezahlen.

Mit seiner Bowling-Halle hat sich der 58-Jährige einen Traum verwirklicht. Vor acht Jahren hatte er mit der Planung begonnen. Er legte Wert auf viel Platz im Eingangsbereich und eine optimale Lüftungsanlage. Der Standort in Rothenfeld, wo abends niemand gestört wird, erschien ihm perfekt. "Doch die Anlaufphase habe ich mir wesentlich einfacher vorgestellt. Eine bessere Wegweisung wäre da hilfreich gewesen." Zwischenzeitlich sah es düster aus. Waller investierte in einen Kinospot und Werbung an den S-Bahnhöfen. Mittlerweile hat die Halle ein Stammpublikum, am Wochenende sind oft alle 16 Bahnen belegt. Besonders beliebt ist Party-Bowling. Viele Gäste kommen auch wegen der köstlichen asiatischen Gerichte, die frisch gekocht werden. Doch in einem sind sich Waller und Zimmermann einig: Sie hätten noch Kapazität für spontane Abbieger.

© SZ vom 31.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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