Andechs:Die neue Härte

Lesezeit: 2 min

Der Neujahrsempfang der Kreis-CSU in Andechs war bislang stets durch moderate Töne geprägt, selbst in Wahlkampfzeiten. Der Auftritt von Thomas Kreuzer, dem Chef der Landtagsfraktion, hat dies geändert

Von Wolfgang Prochaska, Andechs

Der Neujahrsempfang der Kreis-CSU am Heiligen Berg war bislang eine Veranstaltung der moderaten Töne. So wurde es in den vergangenen 20 Jahren gehalten, selbst in Wahlkampfzeiten. Daran hielten sich so unterschiedliche Temperamente wie Ministerpräsident Horst Seehofer, Angela Merkel, die damals kurz vor ihrer Kanzlerschaft stand, aber auch Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Natürlich gab es Sticheleien gegen politische Mitbewerber, zuweilen auch herzhafte Polemik. Mit Thomas Kreuzer, dem Chef der CSU-Landtagsfraktion, hielten diesmal aber härtere Worte Einzug.

Dabei war der Auftakt am Freitagabend im Klostergasthof noch harmonisch: Landrat Karl Roth erhielt von CSU-Kreischefin Stefanie von Winning ein dickes Lob für seine bisherige Flüchtlingspolitik und die Arbeit seiner Verwaltung ("Du hast einen klasse Job gemacht"), was auch die Unterstützung von Kreisgrünen-Sprecher Bernd Pfitzner fand, der die Einladung Winnings zum Neujahrsempfang angenommen hatte. War da was mit Schwarz-Grün - und wenn ja, auf welcher politischen Ebene, lautete die Frage. Es sollte in der kommenden Stunde anders kommen.

Denn nach den kurzen Begrüßungsworten von Angelika Niebler (EU-Abgeordnete) und Alexander Radwan (Bundestagsabgeordneter) gab Ehrengast Kreuzer den Ton an: Der Allgäuer, noch frisch geprägt vom CSU-Treffen in Wildbad Kreuth und von Winning ermuntert, doch bitte Infos mitzuteilen, die noch nicht in der Zeitung standen, legte los. Einstieg seiner Rede war die Familienpolitik mit dem Versprechen, dass es in Bayern keine Verpflichtung zur Krippe geben werde; die Wahlfreiheit für Eltern bleibe. Dafür gab es den ersten Applaus von den etwa 300 Mitgliedern und CSU-Unterstützern im Festsaal. Die Wirtschaftspolitik seiner Partei beschrieb er mit den Worten: "Wir werden keine Schulden, sondern Chancen hinterlassen." Wieder Applaus. Eine Viertelstunde hielt sich Kreuzer bei diesen beiden Themen auf, bis er dann zur Flüchtlingspolitik kam.

Dass er Bundeskanzlerin Angela Merkels "Wir schaffen das"-Sentenz kritisierte, war ganz nach dem Geschmack des Publikums. Kaum hatte Kreuzer angemerkt, Merkel habe "leichtfertig Hoffnungen geweckt", brandete Applaus auf, als sei Ministerpräsident Horst Seehofer zum Kanzler gewählt worden. "Die, die geholfen haben, waren mir lieber als die, die am Münchner Hauptbahnhof geklatscht haben", fuhr Kreuzer fort. Auch sein Hinweis, dass Flüchtlingsströme kein Schicksal seien, man könne sie durch nationale Maßnahmen steuern, gefiel den Parteifreunden. Dazwischen streute der CSU-Fraktionschef den Hinweis ein, dass es eine "christliche Verpflichtung gebe, zu helfen", um dann eine Obergrenze bei der Zuwanderung bei gleichzeitiger Einführung von nationalen Grenzkontrollen zu fordern. Straffällig gewordene Asylbewerber seien außer Landes zu bringen, und eine deutsche Leitkultur müsse verpflichtend sein. Kreuzers Positionen waren die der Staatsregierung und somit durchaus bekannt.

Die CSU-Basis im Landkreis Starnberg, das wurde beim Neujahrsempfang deutlich, ist tief verunsichert. Viele Mitglieder scheinen geradezu verängstigt zu sein durch die täglichen Bilder von Flüchtlingen auf der einen Seite und den zunehmenden Druck aufgrund fehlender Unterkünfte auf der anderen. Von der Kanzlerin fühlen sich viele im Stich gelassen. Als Kreuzer dann noch aufrief, "sich nichts mehr gefallen, sich niemals mundtot machen zu lassen und zu sagen, was man denke", da hätte Bernd Pfitzner, der grüne Gast, wohl am liebsten die Veranstaltung verlassen. Pfitzner hielt durch und machte auf seine Weise das, was Kreuzer der CSU-Basis empfahl: Mut zu haben und sich zu trauen.

© SZ vom 25.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: