Andechser Kräutergarten:Auf Augenhöhe mit Ringelblume und Enzian

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Betört vom Duft der Zitronenmelisse (von links): Abt Johannes Eckert, Eugen Eschenlohr und Markus Zwingenberger. (Foto: Nila Thiel)

In den großen Hochbeeten des Andechser Kräutergartens können Besucher die Pflanzen studieren, ohne sich bücken zu müssen

Von Ute Pröttel, Andechs

Den Rosmarin musste Apotheker Eugen Eschenlohr bereits nachpflanzen. Ihn hatten Besucher wohl einfach mitgenommen. Seit Juni ist der Geschäftsführer des Herrschinger Arzneimittelhandels Steierl-Pharma damit beschäftigt, den neuen Kräutergarten beim Skulpturengarten unterhalb von Kloster Andechs anzulegen. Noch sind bei weitem nicht alle Pflanzen gut angewachsen. Die Gewöhnliche Mariendistel fühlt sich in ihrem Hochbeet allerdings ausgesprochen wohl und hat den Gelben Enzian zu ihrer Rechten bereits überwuchert. Und auch die Ringelblumen blühen in diesen milden Herbsttagen noch mal leuchtend orange auf.

Am Mittwoch bekam der neue Kräutergarten den Segen von Abt Johannes Eckert: "Mögen die Menschen sich an den hier wachsenden Kräutern erfreuen und in ihnen die Macht und die heilende Kraft Gottes entdecken", sagte er.

Die Neuanlage war notwendig geworden, weil der alte Kräutergarten von Ameisen befallen war, gegen die im wahrsten Sinne des Wortes kein Kraut gewachsen ist. In Windeseile krabbeln die Insekten dem Besucher bis an den Kragen. Der Aufenthalt in dem von Obstbäumen umgebenen Kleinod machte einfach keine Freude mehr. Und eine Behandlung mit chemischen Mittel, die meist auch für andere Insekten und Bienen giftig sind, kam nicht in Frage. So wurde der klassische Kräutergarten hinter dem Camper-Parkplatz aufgegeben zugunsten des wesentlich attraktiveren Standortes auf halbem Weg zwischen Parkplatz und Bräustüberl.

Die Heilpflanzen, die hier nun angebaut werden, dienen allerdings nicht mehr der Herstellung von Tinkturen oder Dragees. Sie erfüllen die Funktion eines wachsenden Herbariums. In zehn großen Hochbeeten präsentiert sich der neue Lehrgarten. "Das Schöne ist, dass man sich nun gar nicht mehr bücken muss, um die Pflanzen genauer zu betrachten oder an ihnen zu riechen", stellt Abt Johannes erfreut fest.

Alle Kräuter sind mit Schrifttafeln versehen, die nähere Auskunft geben, wie sie wirken und ob die Pflanze sich bereits auf der historischen Arzneipflanzenliste der alten Andechser Klosterapotheke fand. Gut 50 verschiedene Heilpflanzen zeigt der Schaugarten, und es ist erstaunlich, wie viele der Betrachter dann doch kennt. Praktisch alle finden sich auch in den Naturarzneien der Firma Steierl. Sie übernimmt heute die Funktion, die vor Jahrhunderten die Klosterapotheken erfüllt haben. Mit dem Kloster Andechs pflegt das auf homöopathische Arzneimittel spezialisierte Unternehmen seit vielen Jahren eine enge Partnerschaft. In der Tradition der benediktinischen Heilkunde finden seit 2009 regelmäßig die Andechser Naturheilkundetage statt.

Pünktlich zum Familientag am kommenden Montag, 3. Oktober, sind nun auch die beiden großen Schautafeln installiert. Direkt von dem neuen Kräutergarten dürfen die Kinder an diesem Tag selber garteln: Beim "Gart'in" können sie Töpfe mit Erde füllen, kleine Kräuterpflanzen hineinsetzen und diese mit nach Hause nehmen, wenn sie dann ausreichend angegossen sind. Das Wasser dazu werden sie aus dem alten Brunnentrog schöpfen, der als einziger aus dem verlassenen Kräutergarten in den Skulpturengarten mit umziehen durfte.

© SZ vom 30.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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