Amtsgericht:Obszöne E-Mails und Blumen

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54-Jähriger drangsaliert Ärztin und Rechtsanwältin

Von Christian Deussing, Starnberg

Mit einer Flut von sexuellen und anzüglichen E-Mails, Kurznachrichten sowie zwei unerwünschten Blumensträußen hat ein Starnberger eine Ärztin und eine Rechtsanwältin schikaniert und bedrängt. Zudem seien den Frauen laut Anklage auch Pornobilder geschickt worden. Der 54-jährige Angeklagte musste sich daher wegen "Nachstellung und Versendung pornografischer Schriften" vor dem Starnberger Amtsgericht verantworten. Er wurde zu einem Jahr und neun Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt und erhielt die Auflage, unverzüglich eine mehrmonatige stationäre Therapie wegen seiner "narzisstischen Persönlichkeitsstörung" zu beginnen, die ein psychiatrischer Gutachter bei dem Mann konstatiert hatte. Denn sonst würde er es sicher immer wieder tun, betonte der Sachverständige im Prozess.

Eines der Opfer, eine 53-jährige Ärztin, berichtete dem Gericht, dass sich der Angeklagte in ihrer Praxis ganz normal verhalten habe, sie dann aber wochenlang vor gut zwei Jahren mit E-Mails sexuell belästigt und ihr auch bedrohlich verkündet habe, sie "niemals für die Welt freizugeben". Die Medizinerin litt daraufhin nach eigenen Angaben unter Panikattacken und der Angst, dass er ihr auflauern könne. Sie habe sich nicht mehr getraut zu joggen und allein auf die Straße zu gehen. Erst nach einer Strafanzeige ließ der gelernte Verkäufer, der wegen Betrugs, Diebstählen und anderen Delikten insgesamt schon mehr als sechs Jahre im Gefängnis gesessen hatte, die Frau in Ruhe. Die Polizei habe ihren Fall sehr ernst genommen und schnell reagiert, sagte die Ärztin in der Verhandlung.

Sein anderes Opfer ist eine Strafverteidigerin, die er vor drei Jahren bei einem Prozess seines Cousins angesprochen hatte. Laut Anklage habe er ihr ständig im "gesteigerten Besitzwillen" obszöne Botschaften über SMS, Grußkarten und in Briefen übermittelt. Doch auch richterliche Beschlüsse nach dem Gewaltschutzgesetz und verhängte Ordnungsgelder ignorierte der Stalker, der mittlerweile in Hessen lebt. "Ich erhielt eine ekelerregende Flut von Nachrichten und es hört immer noch nicht auf", sagte die 39-jährige Frau verzweifelt. Denn erst vor Kurzem bekam die Juristin den Ermittlungen zufolge erneut unflätige Nachrichten - was der Angeklagte zwar zuerst abstritt, aber dann zugeben musste.

Der Staatsanwalt empörte sich über den "geistigen Durchfall" dieser Mitteilungen mit den massiven Kontaktversuchen, die vor allem das zweite Opfer noch immer in seiner Lebensweise erheblich beeinträchtigten. Der Ankläger forderte deshalb eine Haftstrafe von 21 Monaten - und zwar ohne Bewährung.

Diese allerdings gewährte Richterin Christine Conrad dem Angeklagten, der theatralisch auftrat und dabei gestenreich behauptete, sich zwar zu schämen, aber die Anwältin zu lieben. Die Richterin urteilte, dass die Frauen auf "übelste Weise schikaniert und traktiert" worden seien. Sie ordnete neben der Therapie auch eine Bewährungszeit von vier Jahren an und warnte den Mann eindringlich: "Wenn Sie sich mit einer einzigen SMS, nur einem Wort oder Pieps bei den Frauen melden, gehen Sie sofort wieder in den Knast."

Der 54-Jährige nahm das Urteil erleichtert an, weil ihm die Haft erspart wurde. Zuvor hatte er in seinem Schlusswort noch beteuert, eine Therapie machen zu wollen. Überdies entschuldigte sich der Mann für sein Verhalten, das nicht zu seiner Person passen würde.

© SZ vom 31.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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