Amtsgericht:Lokführer geschlagen

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21-Jähriger rastet in Gilching aus und kassiert dafür eine Geldstrafe

Von Christian Deussing, Gilching

Ein betrunkener Mann ist in der Nacht zum 13. Dezember vorigen Jahres auf dem Bahnhof Gilching-Argelsried völlig ausgerastet. Laut Anklage war der 21-Jährige mit Freunden über zwei Gleise gelaufen, um noch die S-Bahn in Richtung Herrsching zu erwischen, und in der Waggontür stehengeblieben. Kurz darauf schlug er dem Lokführer, der ausgestiegen war, mit der Faust ins Gesicht. Auch zwei Sicherheitsleute konnten den Weßlinger kaum bändigen. Er beleidigte sie und die alarmierten Polizisten, die ihn unter heftiger Gegenwehr und Morddrohungen fesseln und zur Germeringer Wache mitnehmen mussten. Der Angeklagte wurde am Dienstag vom Amtsgericht Starnberg wegen dieser Straftaten zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu 40 Euro verurteilt.

Der einstige Wachmann zeigte sich reumütig und entschuldigte sich beim Zugführer, den DB-Sicherheitsleuten und den Polizisten. Allerdings betonte der Angeklagte, sich an die Tatnacht kaum noch erinnern zu können; nach einem Glas Wein und Joint daheim habe er später einen Filmriss gehabt. Er beteuerte, dass er sich als eigentlich friedfertiger Mensch in der Anklageschrift nicht wiedererkenne. Ein Polizist sagte aus, dass der Mann gedroht habe, ihm die "Kehle aufzuschlitzen und mit einer Machete den Kopf abzuschlagen". Der Angeklagte habe auch noch auf der Wache versucht, Beamte zu treten und zu verletzten. Selbst den eigenen Vater, der ihn dort abholen sollte, habe der junge Mann "massiv bedrängt und vor die Füße gespuckt" , berichtete der 28-jährige Polizist und erinnerte sich: "Der war die ganze Zeit im Aggressionsmodus."

Sämtliche Zeugen glaubten, dass der junge Mann nicht nur stark alkoholisiert gewesen sei, sondern auch Substanzen eingenommen haben müsse - also unter Drogeneinfluss gestanden habe. Das vermutete auch der Rechtsmediziner. Er konnte dies aber nicht belegen, weil dem Angeklagten nicht Blut abgenommen worden war. Der Sachverständige ging davon aus, dass der 21-Jährige auch Aufputschmittel und nicht nur zwei Promille intus hatte. Das "psychotische Verhalten" in der Tatnacht deute darauf hin. Der Experte schloss eine verminderte Schuldfähigkeit beim Angeklagten nicht aus.

Die Verteidigerin verwies darauf, dass ihr Mandant nach besagter Nacht die "Reißleine" gezogen habe. Er habe nach einer Entgiftungstherapie in einer Fachklinik eine neue Wohnung und Arbeitsstelle gefunden und wolle jetzt seine "posttraumatische Belastung" bewältigen. Denn bei einem Verkehrsunfall waren seine Mutter und sein Bruder getötet worden, während er und sein Vater schwer verletzt die Kollisionen überlebt hatten. Die Amtsrichterin sagte, sie hoffe, dass der junge Mann künftig ein straffreies Leben führen werde und auf eine Bahn gerate, die ihm Freude mache. Sie sah daher - wie auch der Staatsanwalt - von einer Freiheitsstrafe in diesem Fall ab.

© SZ vom 23.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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