Amtsgericht:Ausraster gegen Rentner

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Körperverletzung und Beleidigung: Angeklagter muss 800 Euro zahlen

Von Christian Deussing, Herrsching

Der Autofahrer war erschrocken und äußerst erbost, nachdem er den Schlag auf seinem Wagendach knapp über seinem Kopf gehört hatte. Er stieg aus, packte laut Anklage den 77-jährigen Fußgänger und warf ihn zu Boden. Dann habe der Mann dem Rentner noch den Mittelfinger gezeigt und sei davon gefahren. Der Passant habe durch die Attacke Prellungen und Schürfwunden am Ellenbogen erlitten, so die Staatsanwältin. Der Fall, der sich bereits im August 2018 in der Herrschinger Ortsmitte ereignet hatte, wurde jetzt vor dem Starnberger Amtsgericht verhandelt, weil der 59-jährige Autofahrer einen milderen Strafbefehl erwirken wollte. Er muss nun wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung nur noch 800 Euro statt 2000 Euro Geldstrafe zahlen.

"Es tut mir sehr leid, dass ich überreagiert habe, das hätte man auch friedlicher lösen können", gestand der EDV-Techniker im Prozess. Er habe damals eine schwere persönliche Zeit mit der Krankheit seiner Ehefrau durchlitten und sich deshalb vielleicht so ungebührlich verhalten. Der Angeklagte berichtete, seinerzeit mit seinem Wagen ganz langsam im dichten Verkehr von der Seestraße in die Straße "Zum Landungssteg" eingebogen zu sein, um dort einen Parkplatz zu suchen. Den Fußgänger habe er erst nach dem Schlag auf seinem Autodach im Rückspiegel mit einer Armbewegung bemerkt. Durch den Hieb sei eine Delle an seinem Leasing-Wagen entstanden, deren Reparatur 840 Euro gekostet habe, sagte der Dießener.

Zu dessen Verhalten wurde in der Verhandlung auch eine Studentin vernommen, die in einem nahen Straßencafé gesessen hatte. Sie habe gesehen, dass der Mann aus seinem Auto gestiegen, zurückgegangen sei und den Fußgänger "auf den Boden geschleudert" habe. Zum möglichen Motiv des Fahrers, der so heftig auf der Straße ausgerastet war, konnte die 19-jährige Zeugin aber nichts sagen.

Befragt wurde auch der Rentner, wie er das Geschehen erlebt habe. "Ich habe geschaut und wollte vorbeigehen", erinnerte sich der Herrschinger. "Das war aber sehr knapp mit dem Auto, und ich habe mich erschrocken." Ob er mit Absicht oder aus Reflex auf das Autodach geschlagen habe, wollte Richterin Christine Conrad wissen. Er könne nicht mal genau sagen, ob er überhaupt aufs Dach mit der Hand geschlagen habe - "ich kann es aber auch nicht ausschließen", sagte der Senior, der wegen Sachbeschädigung angeklagt war.

Dessen Anwalt schlug vor, dass sein Mandant 200 Euro an den Autofahrer zahlt und somit sämtliche zivilrechtliche Forderungen wegen des Pkw-Schadens abgegolten seien. Zudem sollte mit der Geldauflage das Verfahren gegen ihn eingestellt werden. Die Richterin, die Staatsanwältin und der gegnerische Verteidiger stimmten dem Vergleich zu.

© SZ vom 22.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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