Ehrenamtliches Engagement am Ammersee:Hilfe für die Ukraine

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Klaus Horney organisiert Hilfsgüter für die Ukraine, hier ist er in seiner Garage zu sehen - kurz vor der nächsten Fahrt. (Foto: Arlet Ulfers)

Klaus Horney aus Utting organisiert Transporte mit lebensnotwendigen Gütern und will den Austausch freiwilliger Helfer am Ammersee intensivieren.

In der Garage lagern schon die ersten Hilfsgüter für die nächste Fahrt nach Polen, genauer gesagt nach Nowe, einem Städtchen mit zehntausend Einwohner etwa achtzig Kilometer von Danzig entfernt. Auch in der zweiten Sammelstelle in Utting sind bereits wieder Spendenkisten angekommen. Ende August wird Klaus Horney, 1944 geboren, zum vierten Mal die 1100-Kilometer lange Fahrt nach Polen auf sich nehmen und die Spenden persönlich abliefern. Unterstützt wird er dabei von ehrenamtlichen Fahrern. Von Nowe bringt die Freiwillige Feuerwehr die sortierten und beschrifteten Hilfsgüter an die Grenze zur Ukraine, dort werden sie abholt und weiter nach Radywyliv gebracht. Wie kam diese Verbindung vom Ammersee-Westufer ins 1870 Kilometer entfernte Ukrainische Städtchen, das abseits der Frontlinie liegt, aber laut Horney von Zeit zu Zeit mit Raketen beschossen wird, zustande?

Horney ist Jurist, im Ruhestand, wohnt seit Ende der 1980-er mit seiner Familie in Utting. Er hat einige ehrenamtliche Ämter angenommen, die er noch ein paar Jahre ausüben möchte. "Kontakte schaffen und vermitteln", so bezeichnet Horney seinen Beitrag bei der Hilfsaktion über drei Länder bescheiden. Als er drei Monate alt war, wurde seine Familie Ende des Zweiten Weltkriegs in Leipzig ausgebombt. Nach mehreren Stationen durch die Zonen landete die Familie schließlich 1956 in München. Jura hat er in Frankfurt studiert. Die Flucht seiner Familie, das Finden einer neuer Heimat in Bayern ist vielleicht der Hintergrund, warum gegenseitige Akzeptanz Ziel seines Handelns ist. "Auf die Zukunft kommt es an", sagt Horney. Er ist seit dem Beginn 2007 als Schriftführer im Vorstand der Leader Lokalen Aktionsgruppe (LAG) Ammersee, die durch das Bayerische Landwirtschaftsministerium und dem Europäischen Landwirtschaftsfond für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) gefördert wird. Horney engagiert sich im Kulturlandschaftsverein Ammersee-Lech beispielsweise für religiöse Flurdenkmäler, und war außerdem eine Zeitlang Elternbeirat beim Ammersee-Gymnasium Dießen. Geschichte ist sein Steckenpferd. "Eines bedingt das andere", sagt er, und erzählt, dass die Anfänge der Verbindung nach Nowe ins Jahr 2015 zurückreichen. Er habe als Elternbeirat eine Klassenfahrt dorthin begleitet und suchte dort auch in Hinblick auf eine gemeinsame Zusammenarbeit über EU-weiten LEADER-Projekte Kontakt. Mit dem Zweiten Bürgermeister Zbiegnew Lorkowski verbinde ihn inzwischen eine Freundschaft, erzählt Horney. Mit ihm spreche er auch viel über die wechselvolle deutsch-polnische Geschichte, viele aus der Gegend um Nowe hätten deutsche Wurzeln. "Es gibt eine polnische Wahrheit und eine deutsche Wahrheit, und manchmal ist sie auch dieselbe", schmunzelt der Hobbyhistoriker. Auch über ein gemeinsames Leader-Projekt mit dem Thema "alte Obstsorten" wird nachgedacht. Freilich stehen derzeit andere Themen im Mittelpunkt.

"Kann ich helfen?", fragte Horney in Nowe spontan an, als die Kriegshandlungen begannen, die ersten Geflüchteten in Polen eintrafen und vieles schnell gebraucht wurde. Er rief über Vereine, mit denen er verbunden ist, zu Spenden auf, und Ende März fuhr Horney zusammen mit weiteren Freiwilligen die erste Hilfslieferung nach Nowe. Die Geflüchteten dort stammten zum größten Teil aus der ukrainischen Partnerstadt Radywyliw, eine ukrainische Kleinstadt mit etwa 11 000 Einwohnern, etwa 70 Kilometer östlich von Lwiw gelegen. Bislang beschränkte sich die polnisch-ukrainische Städtepartnerschaft vor allem auf den Schüleraustausch der Grundschulen und einer Partnerschaft der freiwilligen Feuerwehren, nun galt es Geflüchtete aufzunehmen und für Schulunterricht zu sorgen. Kaum aus Polen zurück, stapelten sich erneut Hilfsgüter in den Lagern, so dass bald darauf eine neue Fahrt möglich wurde. Allerdings stellte sich bald heraus, dass in der ukrainischen Partnerstadt der Polen die Not größer war. Inzwischen seien auch schon einige Geflüchtete wieder in die Ukraine zurückgegangen, berichtet Horney. Weil auch Medikamente und Verbandsmaterial nötig sind, die gekauft werden müssten, seien auch Geldspenden gefragt. Kürzlich informierten sich die Geber wie der Lionsclub Ammersee aus erster Hand bei den beiden Bürgermeistern Ceslaw Woliniski und Lorkowski, die zu Besuch am Ammersee waren. Sie hatten auch ein Dankesschreiben aus der Ukraine dabei, wonach Binnenvertriebene, die in Radywyliw Zuflucht suchen, und die beiden Krankenhäuser mit den Lieferungen unterstützt werden. Ende August steht die vierte Fahrt nach Polen an. Wer auch spenden möchte, wendet sich per Mail an Klaushorney@magenta.de.

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