Am Heiligen Berg:Das Ende der Durststrecke

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Setzt auf Werke, die so noch nicht auf dem Heiligen Berg erklungen sind: Kirchenmusikerin Sul Bi Yi. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die Chorgemeinschaft Andechs probt mit der Kirchenmusikerin Sul Bi Yi bereits eine Mozart-Messe

Von Gerhard Summer, Andechs

"Sie hat einen sehr angenehmen frischen Stil. Sie kommt gut an, weiß genau, was sie will, und mit ihr zu proben macht Spaß." Gabriele Eberl, die Sprecherin der Andechser Chorgemeinschaft, ist voll des Lobes über Sul Bi Yi, die neue südkoreanische Kirchenmusikerin an der Wallfahrtskirche auf dem heiligen Berg. Zur Christmette am 24. Dezember wird das Vokalensemble unter ihrer Leitung Mozarts Messe in G-Dur aufführen. Und die 25 Sängerinnen und Sänger arbeiten bereits an Projekten für 2017.

Nach Ostern soll beispielsweise die "Petite Messe solennelle" des Opernkomponisten Gioacchino Rossini im Florianstadl erklingen, ein selten gespieltes kirchenmusikalisches Werk, das zwei Klaviere und Harmonium benötigt. Und die 28-jährige Sul Bi Yi hat außerdem das Requiem von Gabriel Fauré und die Kantate "Erste Walpurgisnacht" von Felix Mendelssohn-Bartholdy auf dem Wunschzettel. Im Advent 2017 würde sie gerne Bachs Weihnachtsoratorium aufführen. Voraussetzung dafür ist, dass sich der Chor vergrößern kann.

Neue Sängerinnen und Sänger sind deshalb herzlich willkommen, heißt es in einer Pressemitteilung des Klosters Andechs. Probe ist immer mittwochs von 20 bis 22 Uhr im Fürstentrakt des Klosters, weitere Auskünfte gibt Sul Bi Yi unter der Adresse kirchenmusik@andechs.de.

Anton Ludwig Pfell, der Vorgänger der jungen Südkoreanerin, war 35 Jahre lang Kirchenmusiker und Organist am Heiligen Berg gewesen. Der Pionier Pfell galt bald als Institution in Andechs. Er kümmerte sich darum, dass die Wallfahrtskirche 2005 einen neue Orgel bekam. Er gründete ein Projektorchester und zwei Chöre und brachte die inzwischen abgeschafften Carl-Orff-Festspiele mit auf den Weg, organisierte Serenaden und Liederabende. Die Chorgemeinschaft hob Pfell 1981 aus der Taufe. Mit ihr gab der Dirigent mit Hang zur Oper Messen von Hadyn, Mozart, Schubert, Bruckner und weniger bekannten Komponisten sowie Oratorien. Im Januar 2016 ging Pfell in den Ruhestand, nachdem er noch einmal um fünf Monate verlängert hatte. Doch weil sich das Kloster schwer tat, einen Nachfolger zu finden, landete die Chorgemeinschaft erst mal im Vakuum: Sie musste eine achtmonatige Durststrecke ohne Proben überstehen. Die lange Zeit des Wartens sei für die Sänger sicherlich mühsam gewesen, so Sul Bi Yi. Aber, sagt sie selbstbewusst: "Das Warten hat sich gelohnt. Da bin ich sicher."

Pfells Nachfolgerin will nicht in ausgetretenen Pfaden wandeln. Ihr liege besonders am Herzen, dass "wir gemeinsam Werke aufführen, die auf dem Heiligen Berg Bayerns so noch nicht erklungen sind". Erfahrung bringt sie mit: Während ihrer kirchenmusikalischen Ausbildung an der Musikhochschule München hat sie in ihrem Schwerpunktfach Chorleitung Beethovens Missa solemnis aufgeführt und ihr A-Diplom mit Auszeichnung abgeschlossen, so das Kloster in seiner Mitteilung. Und schon als Studentin habe sie den Kirchenchor in St. Quirin in München-Aubing geleitet und mit ihm regelmäßig Konzerte veranstaltet.

Die Musikerin hat das absolute Gehör, das ist zuweilen strapaziös. Denn bei den Proben kann es vorkommen, dass die Chormitglieder erst einmal "mit Wonne falsch singen", sagt Eberl.

© SZ vom 03.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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