Adventsmusik in Herrsching:Feuerwerk zum Finale

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An den Aufgaben gewachsen: Sänger der Kantorei und der Chorperation Herrsching beim Auftritt. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Chor und Orchester unter der Leitung von Birgit Henke führen Gloria-Vertonungen in der Erlöserkirche auf

Von Reinhard Palmer, Herrsching

Gloria, Ruhm und Herrlichkeit, ist ein Attribut Gottes, daher einer der zentralen Begriffe des christlichen Glaubens. Kein Wunder, dass Gloria nicht nur zum Kanon der Liturgie gehört, sondern darüber hinaus in vielen sakralen Kantaten, Chören und Gesängen musikalisch bedacht wurde. Als Thema für ein Konzert in der voll besetzten Herrschinger Erlöserkirche also überaus ergiebig.

Birgit Henke am Pult vor der Evangelischen Kantorei Herrsching, der Chorperation und der Sinfoniettina Redemptoris + Brass griff aber auch zu einer eigenen Komposition. In ihrer Missa Salvador von 2012 ist ein Gloria enthalten, es taugte insofern für ein "Adventliches Intro", weil es mit seiner Nähe zum Gospel freudige Feierlichkeit ausstrahlt. Das Stück beginnt stimmungsvoll mit klingender Stille der Spätromantik, entwickelt sich aber langsam hin zum swingenden Latin. Eine weite Wanderung, die Henke straffte bis hin zum swingenden Finale. Ihr Gloria war so etwas wie eine Inhaltsangabe des Abends, sollte doch anschließend in allen stilistischen Facetten jeweils ein Werk erklingen. Ein recht buntes Programm.

Aber man muss es unter einem anderen Aspekt betrachten, denn hier ging es darum, mit der Gemeinde am Vorabend den ersten Advent zu feiern und im Rahmen der Möglichkeiten miteinander anspruchsvolle Musik zu machen. Wobei die Entwicklung der Kantorei in den vergangenen Jahren sehr wohl beachtlich ist, was auch im A-cappella-Gesang deutlich wurde. Der hymnische Chorsatz "Machet die Tore weit" von Andreas Hammerschmidt aus dem 17. Jahrhundert bot imitatorisch schöne Echo-Effekte und feinsinnige Modellierung im feierlich beschwingten Duktus.

Dass Blechbläser bei solchen Anlässen beliebt sind, liegt einerseits an ihrem mit Farben üppig ausgestatteten Klang, andererseits an ihrer feierlichen Wirkung. Bei Giovanni Gabrielis "Canzona septimi toni a 8" (aus "Sacrae Symphoniae" von 1597) kam insbesondere der warme, ausbalancierte Klang zum Einsatz und berührte schon alleine mit seiner Schönheit. Als atmosphärische Meditation ließen die Bläser "O Magnum mysterium" von Morgen Lauridsen aus dem Jahr 1994 erklingen, eigentlich ein A-Cappella-Chorsatz.

Zusammengenommen sind dies alles Qualitäten, die man auch bei Bach findet. Dessen Kantate BWV 191 "Gloria in excelsis Deo" greift allerdings recht behutsam in den Fundus barocker Sinnenfreude. Die Chöre kamen bei dem komplexen polyphonen Chorsatz schon an ihre Grenzen. Mit dem ruhigen, Schleifen ziehenden Fluss des ersten Satzes kamen die Choristen bestens zurecht. Und auch das Duetto der Solisten über einem Dialog zwischen Streichern und Flöte überzeugte mit schlichter Klarheit.

Bachs Verdichtung im kraftvoll-energischen Schlusssatz ging allerdings mit einer reichhaltigen Chromatik einher, und in diesen Passagen fiel es den Chören schon schwer, sich zurechtzufinden. Im Finale fanden aber alle wieder zusammen und entfalteten mit strahlenden Stimmen barocke Pracht.

Vom symphonisch breitem Blechbläsersatz ließen sich die Chöre in Mendelssohns "Im Advent" (aus "Sechs Sprüche" op. 79) a cappella zu einer einfühlsamen Entwicklung im reichen Kolorit verführen. Die imposante Steigerung bis zum hymnischen Finale hätte nicht effektvoller sein können. Ein musikalisches Mittel, das in der Musik des 20. Jahrhunderts immer wieder zum Ausdrucksvokabular gehört. Ganz besonders bei John Rutter, dessen "Gloria" von 1976 hier mächtig protzte.

Schon beim Einstieg mit Fanfaren und donnernden Pauken ließ Henke ordentlich Eindruck machen. Um so zarter gingen die Ensembles den Mittelsatz an, der in atmosphärischen Lasuren feinziseliert flirrte. Aber nur zu dem Zweck, dem Finale eine möglichst große Steigerung zu ermöglichen. Es sollte ein Feuerwerksfinale werden, ein schier nicht enden wollendes Protzen mit schöner Harmonik, Klangpracht und packenden Grooves in perkussiver Schärfe. Das Publikum zeigte sich überwältigt.

© SZ vom 05.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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