Als Mozarts Krönungsmesse erstmals in Salzburg erklang, feierte das Dießener Marienmünster inzwischen das 40-jährige Weihejubiläum. Nun konnten mit diesem prunkvoll-feierlichem, teils aber auch dramatischem Werk bereits die 280 Jahre begangen werden, würdig wie immer mit Fahnenträgern in Feiertagstrachten, hochrangigen Gästen sowie dem Domdekan und (bis zur Ernennung des neuen Bischofs) Diözesanadministrator des Bistums Augsburg, Bertram Meier, der in der Predigt über die Münsterpatronin Maria die Brücke zur Gegenwart schlug und sich die Situation der schwangeren Unverheirateten vorstellte, nicht ohne das Einsichtsvermögen Josefs zu würdigen - passend zur Lesung aus dem Matthäus-Evangelium. Durchaus als ein Appell und Kritik der Gehässigkeit.
Zur bevorzugten Komposition für Gottesdienste bei Kaiser- und Königskrönungen wurde die einstige Salzburger Ostermesse erst nach Mozarts Tod. Bestimmte dann allerdings große Feierlichkeiten in Glanz und Gloria. Selbst wenn der Dießener Pfarrer Josef Kirchensteiner vor allem angesichts der anwesenden zwei CSU-Staatsminister - Florian Herrmann und (a.D.) Thomas Goppel - beteuerte, Kultur - er präzisierte: Kult - und Kirche gehörten zusammen, blieb hier die Musik doch eher im Hintergrund, ganz Abbild des Stellenwerts, den die Kirchen mit massiven Kürzungen in der Kirchenmusik seit einigen Jahren beimessen.
Kunsthistorisch gesehen jedenfalls im Fall vom Dießener Marienmünster eine Denkmalbeschädigung, denn das künstlerische Programm der spätbarocken Kirchen in Süddeutschland ist als ein Gesamtkunstwerk zu verstehen, das erst mit der sakralen Handlung, aber genauso mit der entsprechend feierlichen Musik vollständig ist. Ein Symphonieorchester, ein mindestens 80-köpfiger Konzertchor und renommierte Solisten wären die angemessene Ausstattung eines so prachtvollen Baus und des Jubiläums gewesen. Doch weit gefehlt. Hier animierte Kirchenmusiker Stephan Ronkov aus ganzer Kraft seine leidenschaftlichen 20 Choristen und ein engagiertes Grüppchen von Instrumentalisten zu Höchstleistungen, die dennoch den gewaltigen Kirchenraum nicht angemessen auszufüllen vermochten.
Einzig Kirchenpflegerin Barbara Mann (Sopran), Gabriele Eber (Alt), Moritz Kugler (Tenor) und Matthias Terplan (Bass) konnten als ein schönfarbig ausbalanciertes Solistenensemble deutlichere Akzente setzen. Etwa im schwungvollen Credo oder im höfisch galanten Benedictus wie auch im dramaturgisch minutiös aufgebauten Agnus Dei in edler Schlichtheit. Der Chor zeigte Fingerspitzengefühl und Einfühlsamkeit, aber auch - vor allem in Händels Halleluja als Zugabe zum Auszug - edle Größe. Für die musikalische Qualität ist Lautstärke zum Glück nicht ausschlaggebend. Die schönfarbig modellierenden Ensembles konnten Mozarts Meisterwerk dennoch gerecht werden und der Atmosphäre zumindest einen verhaltenen Glanz verleihen.