Städtetag ohne Ude:Zurück im Lokalen

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OB Ude tritt an der Spitze des Deutschen Städtetages ab. Nun erwartet ihn nach seinen bundespolitischen Höhenflügen ein häuslicher Koalitionskrach.

Jan Bielicki

Nach vier Jahren an der Verbandsspitze tritt Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) ins zweite Glied des Deutschen Städtetags. Nach Abschluss seiner bundespolitischen Verpflichtungen warten im Rathaus wieder lokale Probleme auf ihn. Vor allem das rauer gewordene Klima in der rot-grünen Rathauskoalition fordert den OB - und die Regelung der eigenen Nachfolge.

Vom Bund zurück ins Rathaus: Christian Ude tritt als Präsident des Deutschen Städtetages ab. (Foto: Foto: AP)

Der Chef sitzt wieder nicht an seinem Arbeitsplatz im zweiten Stock des Rathauses. Diesmal ist der Oberbürgermeister in Bochum unterwegs. Dort tagt der Deutsche Städtetag, und da muss dessen Präsident dabei sein. Nach den Absprachen des Gremiums wird der SPD-Vertreter Ude zwar nach vier Jahren seinen Posten an eine CDU-Frau abgeben: Nachfolgerin wird seine Vorgängerin, die Frankfurter Oberbürgermeisterin Petra Roth. Ude wird aber ihr Stellvertreter - jedoch den Pflichten enthoben, die der oberste Repräsentant der deutschen Städte zu schultern hat: "Ich gewinne eine ganze Menge Zeit", sagt er.

In der Stadtspitze versichern derweil alle, die Rathaus-Arbeit habe unter den bundespolitischen Ausflügen des Chefs nicht gelitten. "Er war hier immer sehr präsent", sagt Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD). "Er hat sich immer gekümmert", sagt der grüne Bürgermeister Hep Monatzeder. Nur manches vom OB abzuzeichnende Papier ist eben auf den Schreibtischen seiner beiden Stellvertreter gelandet.

Dennoch hat sich bemerkbar gemacht, dass Ude häufig nach Berlin fliegen musste. "Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse", zitiert ein Koalitionär das bekannte Sprichwort, um zu beschreiben, warum es im rot-grünen Bündnis derzeit so knirscht wie lange nicht mehr. Tatsächlich fehlte zuletzt das ausgleichende Gewicht des Oberbürgermeisters bei rot-grünen Gegensätzen. Dass wegen Udes Abwesenheit manches Vermittlungsgespräch ausfiel, ist für manchen Rathausstrategen mit ein Grund dafür, dass Konflikte, die das Bündnis einst beizeiten hinter verschlossenen Türen beilegte, auf einmal das Koalitionsklima belasten.

Großprojekte: S-Bahn-Umbau und Olympiabewerbung

So steigerte sich der Streit darüber, ob die zweite S-Bahn-Strecke durch einen Innenstadt-Tunnel oder den Südring laufen soll, fast zu einer Bündniskrise im Rathaus - und das, obwohl über den Tunnel eigentlich die CSU/FDP-Staatsregierung entscheidet. Gerade noch rechtzeitig vor einer drohenden Niederlage seiner SPD im Stadtrat handelte Ude mit Verkehrsminister Martin Zeil (FDP) eine Lösung aus. Der Freistaat gibt ein Gutachten in Auftrag, die Stadt bezahlt es mit, und die Studie wird im Herbst erscheinen, wenn die Bundestagswahlen vorbei sind und die Gemüter ruhiger. "Vor Wahlen", weiß Ude, "ist die Stimmung immer gereizter."

Zweite große Baustelle im Bündnis ist Münchens Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2018. Hier mag die grüne Parteibasis nicht mitmachen. Für den OB jedoch ist das Abenteuer Olympia die große Chefsache seiner vierten und letzten Amtsperiode. Da winkt er den olympiaskeptischen Teilen des kleineren Regierungspartners drohend mit dem Koalitionsvertrag. Laut Vereinbarung, so Ude, "ist es völlig ausgeschlossen, dass die Grünen aussteigen".

Zeit will sich der OB auch für ein weiteres Lieblingsprojekt nehmen: eine von ihm so genannte "Zukunftsreihe", in der sich hochrangige Experten über Probleme und Entwicklungen austauschen, die auf München zukommen. Eines werde die "Denkfabrik", wie das OB-Vorhaben im Rathaus-Jargon heißt, aber nicht produzieren, versichert Ude: einen Beraterkreis, aus deren Runde sich womöglich ein Nachfolger abzeichnet.

"Ein Wort mitzureden haben" wird Ude jedoch bei der Bestellung des SPD-Kandidaten für die OB-Wahl 2014, sagt er selbst. Er erinnert daran, "dass immer alle Kandidaten der SPD Erfolg hatten, für die sich deren Vorgänger engagiert hat". Udes Popularität verleiht ihm so Macht über die eigene Amtszeit hinaus - und die ist ja noch lange nicht vorbei: "Ich amtiere noch länger als der Bundeskanzler, der erst im Herbst gewählt wird", spöttelt Ude. Das ist Zeit genug, wieder an die Spitze des Städtetags zurückzukehren. 2011 stellt wieder die SPD den Präsidenten. Er wird wohl Ude heißen: "Ich stehe zur Verfügung."

© SZ vom 12.05.2009/sus - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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