Sportvereine:Kaputt gespart

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Zur Sanierung steht die Bezirkssportanlage an der Westpreußenstraße in Bogenhausen an. (Foto: Stephan Rumpf)

Für die Stadtkasse ein echter Gewinn, für viele Clubs eine bedrohliche Situation

Für die Stadt München ist die Rechnung aufgegangen. Sie hat mit der Verpachtung von Bezirkssportanlagen an Vereine eine Menge Geld gespart - knapp fünf Millionen Euro in den vergangenen 16 Jahren, um genau zu sein. Bei den Vereinen dagegen fällt die Bilanz gemischt aus.

Keine Personalkosten für den Platzwart, keine Ausgaben für Pflegegeräte, keine Rechnungen für Reparaturen - nach den Zahlen des Referates für Bildung und Sport (RBS) hat die Stadt seit 1999 mit der Verpachtung von neun Sportanlagen 8,8 Millionen Euro an Betriebskosten gespart, und da sind die Kostensteigerungen gar nicht eingerechnet. Die Vereine, die die Anlagen übernahmen, bekamen zwar eine Anschubfinanzierung von insgesamt vier Millionen Euro von der Stadt; damit bleiben aber immer noch 4,8 Millionen an Einsparung übrig. Entsprechend fällt das Resümee des Referates für Bildung und Sport aus: "Die Erfolgsbilanz ist ambivalent, aber im Wesentlichen positiv."

Das Element der Ambivalenz liefern die drei Vereine, denen der Pachtvertrag Schulden in sechsstelliger Höhe bescherte. Der SV Helios Daglfing, der die Bezirkssportanlage an der Westpreußenstraße sechs Jahre lang pachtete, ersparte der Stadt laut Bilanz des RBS 280 000 Euro, der SV Gartenstadt Trudering mit dem Gelände an der Heinrich-Wieland-Straße, das er für vier Jahre übernahm, ebenfalls 280 000, der SV Schwarz-Weiß mit der Anlage an der Fehwiesenstraße sogar gut eine Million. Er war mehr als 15 Jahre Pächter.

Dass manche Vereine mit dem Modell zurecht kamen, während andere scheiterten, führt das RBS auf "sparsames Wirtschaften" und einen "hohen Anteil ehrenamtlichen Einsatzes" zurück. Helios-Präsident Xaver Finkenzeller weist den impliziten Vorwurf mangelnden Engagements für seinen Verein von sich: "Das ist einfach lächerlich." Die Helios-Anlage sei "enorm groß", die Betriebskosten seien stetig gestiegen, die Zuschüsse gleichzeitig aber gesunken. Allein die Ausgaben für Energie hätten sich in kurzer Zeit verdoppelt.

Der SV Helios ist jetzt wieder Mieter statt Pächter genau wie der SV Schwarz-Weiß, und die Präsidenten Finkenzeller und Günther Metz sind damit zufrieden. Natürlich müsse man sich einschränken, müsse sich etwa an die Trainingszeiten halten, die man von der Stadt bekomme. Der SV Helios zum Beispiel muss damit leben, dass die Stadt unvermutet die Anlage an der Westpreußenstraße von 19. Dezember bis Dreikönig wegen Betriebsferien zusperrt. "Aber der Schritt war für uns überlebensnotwendig", sagt Günther Metz.

Die Freie Turnerschaft (FT) München Gern dagegen hält an dem Pacht-Modell für ihre beiden Fußballplätze nebst Kabinen an der Hanebergstraße fest, auch wenn "vieles holprig gelaufen ist", wie der Vorsitzende Michael Franke sagt: "Wir genießen es trotzdem, dass wir unser eigener Herr sind." Das Erfolgsgeheimnis liegt für ihn in den Werberechten. Früher habe ein Unternehmen sie zentral für die ganze Stadt vermarktet: "Aber wir tun uns da mit unseren persönlichen Beziehungen natürlich viel leichter." Der Verein könne so viel an Einnahmen generieren, dass er seine Kosten stemme.

Das Kleinklein um Bandenwerbung, kaputte Lampen in der Flutlichtanlage und geeignete Rasenpflege sei trotzdem nicht erquicklich. "Früher ging es in unseren Sitzungen zu 90 Prozent um Sport und zu zehn Prozent um Unterhalt", sagt der Vorsitzende, "jetzt ist es andersrum".

© SZ vom 29.12.2015 / ust - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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