Ziel: Tokio 2020:Die über die Wand fliegt

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Die 16-jährige Münchnerin Romy Fuchs ist eines der größten deutschen Talente im Bouldern. Am Wochenende startet sie beim Weltcup in München, dann bei der Jugend-WM in Innsbruck.

Von Raphael Weiss, München

Romy Fuchs steht vor einer 15 Meter hohen Wand mit Überhang. In deren Schatten wirkt die 16-jährige Münchnerin mit ihren 1,62 Metern fast zierlich. Sie blickt nach oben, die durchtrainierten Arme in die Hüften gestemmt, atmet tief durch, dann fliegt sie an der Wand förmlich nach oben. Jeder Griff, jeder Tritt erfolgt automatisch, rechter Arm, linkes Bein, in der Mitte der Wand springt sie ab und zieht sich nach kurzem Flug in sechs Metern Höhe mit der linken Hand nach oben. 15 Sekunden später hat sie die Wand im Kletterzentrum Freimann bezwungen und lässt sich lässig in ihr Seil fallen.

Eigentlich ist das Speedklettern nicht ihre Lieblingsdisziplin: "Das ist wie Leichtathletik, du machst immer die gleichen Bewegungen. Für den Kopf ist es sehr anstrengend, rutschst du ab, ist es vorbei." Die Deutsche Meisterschaft gewann sie im vergangenen Jahr trotzdem, mit einer Sekunde Vorsprung. Im Lead und im Bouldern ist sie bayerische Meisterin. Keine schlechte Bilanz, denn seit klar ist, dass Sportklettern in Tokio 2020 olympisch wird, hat sich der Sport verändert. Das Olympic Combined, das aus Bouldern, Lead- und Speedklettern besteht, ist mittlerweile Teil von nahezu jedem wichtigen Wettkampf.

Auch beim Boulderweltcup in München (Freitag und Samstag) wird, neben dem Weltcupsieger, auch der Europameister im Combined gesucht. Fuchs tritt nur im Bouldern an. Druck macht sie sich bei ihrem Heim-Weltcup nicht: "Ich möchte es genießen und das Beste rausholen. Ich bin nicht die Lokalfavoritin - die Moni Retschy ist ja auch ganz gut", sagt Fuchs lachend.

Große Ziele: Weltmeisterschaft, olympische Spiele - und zwischendrin das Abitur

Ihr Hauptaugenmerk gilt in diesem Jahr der Jugend-Weltmeisterschaft, die am 30. August in Innsbruck beginnt. Die 13 besten Athleten bekommen dann einen Platz für die Jugendolympiade in Buenos Aires. "Wenn das klappt, wäre es natürlich ein Traum", sagt Fuchs. Die Münchnerin entdeckte ihre Liebe zum Sport mit fünf Jahren, in der Taufkirchener Kletterhalle. Mit acht kam sie in eine Klettergruppe, mit zehn trat sie bei ihrem ersten Wettkampf an. Mittlerweile gehört zu den größten Talenten Deutschlands. Sie hat in den elf Jahren, in denen sie klettert, die Entwicklung des Kletterns zum Trendsport miterlebt. "Ich hab damals an den Betonklötzen in Taufkirchen angefangen", erinnert sich Fuchs, "ich musste teilweise beim Bouldern noch selber Routen und Griffe überlegen, das hilft mir jetzt im Wettkampf." Mittlerweile gibt es in München viele Kletterhallen, die meist brechend voll sind. "Einerseits kann das beim Training nerven, aber es ist cool, wie viele Leute nachkommen."

Die Menschen hinter dem Sport sind Teil der Faszination, die das Klettern für Fuchs hat: "Es ist ein Lifestyle, alle sind entspannt und teilen diese Erfahrung miteinander. Das ist kein Kampf gegen die Anderen, sondern ein Kampf zwischen mir und der Wand." Ein Kampf mit stetig neuen Herausforderungen. Manchmal stehe sie vor dem Boulder und "mir fällt keine Lösung ein", erzählt sie, "die kommt dann, sobald ich in der Wand bin".

Obwohl der Fokus auf die Jugend-WM gerichtet ist, sieht sie beim Weltcup in München die Chance auf einen Halbfinaleinzug - und wünscht sich, dass Moni Retschy ihren letzten internationalen Wettkampf "richtig genießen" kann. Romys großes Ziel heißt Tokio 2020. Doch zunächst will sie, durch eine Qualifikation in Innsbruck, nächstes Jahr in Buenos Aires erste Olympia-Luft schnuppern. Das könnte allerdings zu Problemen in ihrem Terminkalender führen: Nach dem Abitur im nächsten Jahr, wollte sie eigentlich nach Südafrika - zum Klettern, versteht sich.

© SZ vom 18.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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