Youth League:Der Trainer in der Familie

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Die U19 des FC Bayern scheitert im Achtelfinale der Youth League an Real Madrid. "Ich bin enttäuscht, leer", sagt Trainer Sebastian Hoeneß nach dem Spiel. Jetzt heißt es weiterarbeiten - mit der nötigen Ruhe.

Von Christoph Leischwitz, München

Auf Augenhöhe, aber trotzdem unterlegen: Der FC Bayern mit Manuel Wintzheimer (im Luftkampf, re.) bietet Real Madrid (li. Alex Martin) am Mittwochabend einen großen Kampf, der letztlich nicht belohnt wird. (Foto: Sven Leifer/imago)

Rudelbildung, Schubser, eine rote Karte, ein gehaltener Elfmeter, eine Niederlage in Überzahl - es ging schon recht heiß her in diesem Duell. Aber so ist das eben, wenn in Bayern München und Real Madrid zwei Alphatiere des Fußballs aufeinandertreffen und das Prestige fast genauso wichtig ist wie der sportliche Erfolg. Die Frage ist nur: Wie geht man mit dieser Hitze um, wenn man dieses Duell zum ersten Mal erlebt? Madrids U19 blieb bei Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt cooler als die U19 der Bayern, die Gäste gewannen vor 1700 Zuschauern 3:2.

Sebastian Hoeneß befindet sich noch in einer frühen Phase seiner Trainerkarriere, aber eines kann man jetzt schon sagen: Er gehört zu den ruhigeren Vertretern seiner Zunft. Was angesichts seines Nachnamens nicht selbstverständlich sein muss. Jedenfalls stand er während des Youth-League-Achtelfinalspiels seiner U19 nicht immer, aber doch fast immer recht ruhig an der Seitenlinie, nippte an einer Wasserflasche oder blickte nachdenklich auf den Boden. Während vor ihm auf dem Platz und neben ihm regelmäßig jemand zu brüllen begann, etwa sein Madrider Trainer-Pendant José María Gutiérrez Hernández, kurz Guti - einer, der als Spieler mit den Königlichen ziemlich viel erlebt hat.

Nach dem Spiel ist er "enttäuscht, leer". Trotzdem findet Hoeneß, man habe "Historisches erreicht"

Ruhig war Hoeneß auch nach dem Spiel, das trotz einer roten Karte für Madrids Adri in der 46. Minute verloren ging. "Ich bin enttäuscht, leer", sagte er. Er habe aber gerade eben in der Kabine seiner Mannschaft auch "zu einem großen Kampf gratuliert". Vor dem Spiel hatte er keinen Hehl daraus gemacht, dass diese Partie nicht nur für seine Spieler, sondern auch für ihn etwas Besonderes sei, "da braucht man nicht drumherum reden", sagte er, das sei schon ein erster Höhepunkt für den 35-Jährigen, der als Trainer bisher nur im Jugendbereich tätig war, nachdem er 2010 seine Spielerkarriere bei Hertha BSC II in der Regionalliga beendet hatte. "Es war die fehlende Perspektive, in der ersten oder zweiten Liga zu spielen", sagt er offen über den Schnitt mit gerade mal 28 Jahren. Schon damals hatte er die ersten Trainerscheine gemacht. Die Sache mit den großen Fußstapfen, die Vater Dieter und Onkel Uli als Fußballer hinterlassen, erübrigt sich dadurch ein Stückweit: Sebastian ist der erste Trainer der Familie Hoeneß.

Ruhiger Beobachter: Das Youth-League-Duell mit Real Madrid ist auch in der noch jungen Trainerkarriere von Sebastian Hoeneß ein Höhepunkt. (Foto: Sven Leifer/imago)

Seine erste Station: die U19 von Hertha Zehlendorf. Ein Traditionsklub, aber ein sehr kleiner. "Dort hat man sich um vieles selbst kümmern müssen, das war sehr wertvoll. Ich werde die Zeit nie vergessen", sagt er. Dann wechselte er zu RB Leipzig. Dort arbeitete er zunächst als Scout, "weil ich den Fußballlehrer in dieser Zeit gemacht habe und der Doppelbelastung entgehen wollte". Danach war er für die U16 und die U17 zuständig, "mit vielen kompetenten Fachmännern um mich herum". In Leipzig entwickelte er sich zu einem überzeugten Anhänger des Offensivfußballs. Im vergangenen Sommer kam er dann nach München, wo gerade der neue Campus im Wert von 70 Millionen Euro für die Nachwuchsspieler fertig wurde. Im Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) hatte man schon länger Interesse gehabt, Sebastian Hoeneß zu verpflichten, Onkel und Präsident Uli sei dabei nicht die treibende Kraft gewesen, heißt es. Hoeneß übernahm dann mehrere Spieler, die kurz zuvor mit der U17 deutscher Meister waren. Auch, wenn man in der Youth League im ersten Anlauf nicht weit kam: "Wir haben Historisches erreicht", findet Hoeneß.

Vor dem Spiel hatte NLZ-Leiter Jochen Sauer gesagt, er wünsche sich ein Heimspiel, um Reisestrapazen zu umgehen. Und eine spanische oder portugiesische Mannschaft, "von denen kann man viel lernen". So kam es auch. Ein bisschen war es, als würde Sebastian Hoeneß mit seinem neuen Klub FC Bayern gegen seinen alten, RB Leipzig, spielen: Ballbesitzfußball traf auf Konterfußball. Der Ballbesitzfußball wurde ausgekontert. Zweimal glichen die Bayern aus, durch Derrick Köhn (21.) und Adrian Fein (54.), dazwischen hatte Christian Früchtl einen Strafstoß pariert (29.). Dann bissen sie sich fest gegen einen Gegner, der es besser verstand, Tempowechsel einzubauen. Was also könne man aus diesem Spiel mitnehmen für die Zukunft? "Bei aller Emotion, bei aller Hektik versuchen, einen kühlen Kopf zu bewahren. Phasenweise haben wir das ja auch stark gemacht", fand Hoeneß. Nur nicht mit der nötigen Ruhe.

© SZ vom 23.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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