Was die Basis sagt:Provokation als taktisches Mittel

Lesezeit: 2 min

Kreisligist SV Akgüney erlebt Rassismus eher als Ausnahme. Beleidigungen würden oft benutzt, um den Gegner aufzustacheln. "Da muss man sehr, sehr stark differenzieren", sagen die Betroffenen.

Von Fabian Dilger, München

Akgüney liegt in der Türkei und Akgüney spielt auf der Bezirkssportanlage Englschalking. Das eine ist ein Ort nahe dem Schwarzen Meer, das andere ein Fußballverein. Der SV Akgüney Spor München schickt mehrere Teams in den Amateurligen an den Start, die erste Herrenmannschaft spielt in der Kreisliga.

Die Migranten aus der Gegend um Akgüney gründeten den Verein 1992. "Man war überall in der Stadt zerstreut, man ist ein Mal die Woche zusammengekommen", sagt Salim Yildirim, Vorstandsmitglied bei Akgüney. Der Verein ist immer noch geprägt von seinen türkischen Wurzeln, hat aber auch Deutsche und Spieler mit anderem nationalen Hintergrund in seinen Mannschaften.

Rassismus im Fußball ist ein Thema mit prominenten Opfern. Kevin-Prince Boateng, Romelu Lukaku, Paul Pogba. Mesut Özils Rücktritt aus der Nationalmannschaft hat das Thema in Deutschland mit Wucht zur gesellschaftlichen Debatte erhoben. Er brauchte dazu nur drei kurze Stellungnahmen auf Twitter. Im Amateurfußball gibt es keine großen Namen und Akgüney hat keinen Twitter-Account. Rassismus trifft aber auch die Amateure. "Rassismus gibt es überall", sagt Akgüney-Spieler Tarik Savaci gleich zwei Mal im Gespräch.

Wie oft kommt so etwas in München vor? Wie schlimm empfinden es die Betroffenen? "Das muss man sehr, sehr stark differenzieren", sagt Akgüney-Pressesprecher Bülent Yildirim. Zuerst einmal: Rassistische Beleidigungen kämmen nicht häufig vor, sagen die Fußballer beim SV Akgüney. "Ab und zu, selten", sagt Savaci, der in seiner Jugend auch für andere Vereine gespielt hat. "Bei wichtigen Spielen, wo es um Auf- und Abstieg geht", da passiere es öfter. Das hängt mit dem zweiten Merkmal zusammen. "Beim Fußball wird es oft als provozierendes Mittel genutzt", sagt Spieler Ferhat Mavi. Sprüche wie "Scheißtürke" oder "Scheißkanake" als Mittel, um den Gegner aufzustacheln - davon berichtet auch Bülent Yildirim. "Je mehr wir weghören, desto weniger passiert es", sagt er.

Bülent Yildirim mag keine Pauschalisierungen, bei diesem Thema nicht und überhaupt. Er vermeidet es, eine absolute Bewertung zu treffen. Auffällige Beispiele von Rassismus solle man nicht als repräsentativ für den gesamten Amateurfußball nehmen: "Interessieren tun nur die Extremfälle, so ticken nun mal die Medien. Die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte." Rassisten und Ausländerfeinde sind für Yildirim eine kleine Menge. Auffällig mit ihrem eingeschränkten Weltbild, aber nicht in der Mehrheit. "Es gibt überall Schwachmaten. Bei 80 000 Menschen im Fußballstadion sind ein Dutzend Idioten dabei."

Was für den Verein wichtig ist: Der Bayerische Fußball-Verband nehme das Thema ernst, zu "100 Prozent", sagt Bülent Yildirim. Bei Vorfällen versuchen sie, den Schiedsrichter mit einzubeziehen, Täter auf ihr Verhalten anzusprechen. Fruchtet das nicht, wird eine Meldung an den Verband gemacht. Bei Wiederholungstätern wisse der BFV dann Bescheid. Bülent Yildirim will demnächst außerdem proaktiv werden, er will, dass die Akgüney-Spieler sich bei Rassismus nicht alleine fühlen. Ein Vertreter des BFV wird die Mannschaft besuchen, um die Botschaft zu senden und zu zeigen: "Wir halten zusammen."

© SZ vom 11.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: