Vorbilder und Ziele:Immer wieder aufstehen

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Die prominenten Paten geben den Talenten Tipps für ihre Karrieren - und zeigen selbst Einsatz für andere

Von Sebastian Fischer, München

Felix Neureuther ist in seinem Leben schon oft wieder aufgestanden. Es ist zu einem Merkmal seiner erstaunlichen Karriere als Skirennläufer geworden, wie er mit Rückschlägen umgeht: Im Sommer 2004 entdeckten Ärzte eine verborgene Herzbeutel-Entzündung, er musste pausieren. Bei der Weltmeisterschaft 2011 in seiner Heimatstadt Garmisch-Partenkirchen wollte er es dann allen ganz besonders zeigen, doch er konnte sich im Slalom nicht für den zweiten Lauf qualifizieren, belegte im Riesenslalom Rang 34. Neureuther nahm den Sport danach etwas lockerer, an seinen Ambitionen änderte sich wenig, das Ziel: Olympia 2014. Kurz vor den Spielen von Sotschi rutschte er dann mit dem Auto über Blitzeis, Schleudertrauma, Rippenprellung. Olympia lief wieder nicht, wie er es wollte. Jetzt ist Olympia 2018 das Ziel.

Neureuther kann das also gut: Aufstehen. Aber am Mittwochabend, als er bei der SZ-Talentiade als Pate der jungen Talente zu Gast war, hat er sich - trotz der Rückenschmerzen, die ihn in diesem Sommer plagen -, lieber erst gar nicht mehr hingesetzt. Es gab wohl niemanden, der die Veranstaltung verließ, ohne ein Selfie geschossen zu haben mit dem Skistar Neureuther, 31, der auf den Fotos, zwei Hemdknöpfe und das Jackett offen, noch immer lächelt wie der Neureutherfelix aus Pasing.

Doch er hat nicht nur gelächelt, sondern auch ernsthaft vermittelt, worauf es ankommt als Sportler. "Aus Fehlern lernt man, Fehler macht man, aber nur einmal. Man wird reifer, das erfahrt ihr auch mal", sagte er und zwinkerte ins Publikum. Einen Tipp an die Preisträger fügte er hinzu: "Sucht euch gute Vorbilder." Wie ihn zum Beispiel. Charmant mit Fans umzugehen, das konnten die Nachwuchssportler an diesem Abend auf jeden Fall von ihm lernen.

Neureuther hat auf der Bühne auch noch mal von den Rückschlägen erzählt, launig natürlich, besonders von der Zeit nach der verpatzten WM 2011. Er habe versucht, den Sport wieder mehr zu genießen, auch während des Wettkampfs. Neureuther berichtete nicht einfach, er führte ein Theaterstück auf: von dem brasilianischen Skirennläufer, einem Exoten im Feld, mit dem er zwischen zwei Durchgängen plaudern wollte, wie der Brasilianer dann einen spitzen Schrei vor überraschter Freude ausstieß. Der Brasilianer hat dann übrigens auch ein Foto mit ihm aufgenommen.

Neureuther sprach auch über Aktuelles, den Konkurrenzkampf mit Weltcupsieger Marcel Hirscher. Gerade war der Shorttracker Johann Kaiser auf der Bühne, dann kam Neureuther. Frage: Der Hirscher ist schon hartnäckig, oder? Antwort, ohne zu zögern: "Mei, wär schon besser, wenn der auch Shorttracker wär'."

Von Basketballern wurden die Preise in den vergangenen 14 Jahren schon überreicht, von Fußballern, vor zwei Jahren von Skispringer Sven Hannawald. Diesmal waren es drei Wintersportler; drei Athleten, die vor allem glaubhaft erzählten, sich für den Nachwuchs zu interessieren. Yasin Ehliz, 22, aus Bad Tölz nahm sich nach der Veranstaltung noch Zeit, mit den Gästen zu plaudern. Die gebürtige Münchnerin Natalie Geisenberger, 27, hatte erst tags zuvor erfahren, dass sie für den Turner Marcel Nguyen einspringen sollte, der sich im Training verletzt hatte, und ließ sich nichts anmerken. "Die drei waren Werbung für die Jugend", fand Horst Winkler vom Bayerischen Fußball-Verband.

Neureuther berichtete von seinem Projekt "Beweg dich schlau", das Kindern Bewegung nahebringen will, die das Gedächtnis schult. Er hat sich aufgeregt über Kinder, die kaum noch Sportunterricht haben und keine Zeit mehr für den Sportverein. Wegen "dem G8 und dem Zeug", die dann die wenige Freizeit vor der Spielkonsole verbringen. "Kinder müssen früh die Freude an der Bewegung lernen", sagte er, das sei die Verantwortung der Eltern. Sein Vater, Skirennläufer Christian Neureuther, sei immer vor dem Schlafengehen mit ihm um die Wette gelaufen: "Und meinen ersten Fernseher bekam ich mit 18 Jahren."

Auch Geisenberger hat von ihren Anfängen als Sportlerin erzählt, ihr ging es anders als Neureuther. Ihr Vater habe nicht mehr den Hackl Schorsch im Eiskanal sehen wollen, sondern seine Tochter: "Ich habe dann gesagt: Damit der Alte Ruhe gibt, probiere ich es einfach mal." Natürlich war das ein großer Lacher, aber die Pointe hatte durchaus einen ernsten Kern. Denn Eltern, die das Sporttreiben ihrer Kinder fördern, machen ja nur solange alles richtig, wie die Kinder auch wirklich gefördert werden wollen. Neureuther sagte: "Es geht für Eltern nicht darum, die Bewegung zu lehren, sondern die Freude daran." Es haben dann aber beide Wege zum Erfolg geführt, seiner und auch Geisenbergers, der Goldmedaillengewinnerin bei den Olympischen Spielen 2014. Neureuthers Resümee galt dann ohnehin für beide: "Ohne Förderung, ob nun von den Eltern, von Trainern oder Ehrenamtlern, geht gar nichts."

Neureuther hatte zu Beginn auch über Bastian Schweinsteiger gesprochen, seinen Kumpel. Die beiden sind sich ähnlich, verstehen sich, tauschen sich aus. Neureuther erklärte, er wäre in Schweinsteigers Situation auch vom FC Bayern zu Manchester United gewechselt, "klar, er will ja spielen". Auch Schweinsteiger, vielleicht die anschaulichste Parallele, würde in München wohl niemals ein Selfie verweigern.

Zum Ende des Abends hatte Neureuther einen Teller vor sich, Würstchen, Gemüse, er sah hungrig aus. Jemand tippte ihm auf die Schulter: "Felix, ein Foto?" Und Felix stand wieder auf.

© SZ vom 17.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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