Volleyball:In die multikulturelle Ecke gedrängt

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Liga empfindet Vorbericht zum Zweitliga-Spitzenspiel Lohhof gegen Straubing als tendenziös - der Autor ist Professor

Von Andreas Liebmann, Unterschleißheim

Der hohe Besuch blickte sich um. Thomas Krohne, Präsident des Deutschen Volleyball-Verbands (DVV), sah knapp 700 Zuschauer, die am Sonntag zur Partie des SV Lohhof gegen Nawaro Straubing gekommen waren, dem Duell des Tabellenvierten gegen den Spitzenreiter der zweiten Bundesliga Süd der Frauen. Dann nickte er anerkennend und sagte: "Eine Riesenstimmung hier!"

Der DVV-Chef war sichtlich zufrieden mit dem, was der SV Lohhof in seiner neuen Halle so bietet, die Zuschauer gingen euphorisch mit, erstmals traten Cheerleader auf. "Man muss Show machen", sagte Abteilungsleiter Matthias Kock und verwies darauf, wie der Männer-Erstligist TSV Herrsching sein Publikum ködert: "Die haben echt gute Ideen." Auch ein Vertreter der Volleyball Bundesliga GmbH (VBL) war da, der Interessensvertretung der deutschen Lizenzligavereine. Diesem jedoch gab Kock nur eine schmallippige Botschaft mit, denn mit der VBL, die bis vor Kurzem noch Deutsche Volleyball-Liga (DVL) hieß, hatte es zuvor eine seltsame Auseinandersetzung gegeben. Kock ließ übermitteln, dass er sich dergleichen kein zweites Mal gefallen lassen werde.

Der Disput hatte ebenfalls mit diesem Spitzenspiel zu tun, das letztlich wie erwartet 3:0 (25:14, 25:21, 25:21) an den Favoriten aus Niederbayern ging. "Straubing ist schon eine Macht", stellte Kock fest. Etwa das hatte sein Verein schon in einem Vorbericht zum Ausdruck gebracht, den Managerin Richarda Zorn am Donnerstag wie üblich mehreren Zeitungen geschickt hatte, der auf der Homepage des Vereins und auf der Seite der Volleyball-Bundesliga veröffentlicht werden sollte. Der Verfasser hob darin hervor, wie "multikulturell" Straubings Team besetzt sei, nannte mehrere US-Amerikanerinnen, je eine Spielerin aus Polen, Tschechien und Mazedonien. "Ergänzt wird das gar nicht niederbayerisch klingende Team von fünf Einheimischen", steht dort. Am Freitag folgten plötzlich eine zweite und sogar eine dritte Ankündigungsversion, in der die Namen und Herkunft sämtlicher zuvor aufgeführter Spielerinnen ebenso fehlten wie das Wort "multikulturell". Der erste Bericht habe womöglich "fremdenfeindlich" geklungen, entschuldigte sich Zorn. Aus dem versehentlich mitgeschickten Mailverkehr wurde ersichtlich, dass Frank Bleydorn, Pressesprecher der VBL, auf die Änderungen gedrängt hatte. "Es ist mein ausdrücklicher Wunsch", schrieb er an Zorn, " dass der Beitrag so geändert wird (...). Ich kann Euch nicht das Wort verbieten. Aber ich muss davor warnen, dass der Volleyballsport in Deutschland in eine politische Ecke (rechts!) gedrängt wird, wo er nicht hingehört." Bleydorn forderte die neue Version ausdrücklich auch für Lohhofs Homepage.

Es war eine eigenartige Debatte um einen harmlosen Bericht, die da durch Zufall öffentlich wurde; sie sagte viel über das aktuelle politische Klima aus. Kock wehrte sich nun dagegen, dass hiermit letztlich ja sein Verein in eine falsche Ecke gestellt werde. Bleydorn wiederum versicherte, er habe "nur den Verein schützen" wollen. Man müsse zwar "einige Phantasie aufbringen", um am Original etwas falsch zu verstehen, sagte er, aber er habe nun mal tatsächlich auf einen Anrufer reagiert, der die Aussagen zweifelhaft fand. Und letztlich war auch der Autor selbst irritiert - Lohhofs Text hatte nämlich Stefan Brunner geschrieben, ein Journalistik-Professor, der sich auch im Nachhinein keines Fauxpas und keines verwerflichen Zungenschlags bewusst war. "Ich finde den Ausdruck multikulturell positiv besetzt", sagte er. Wenn überhaupt, hätte man ihm höchstens leise Kritik daran unterstellen können, dass der Gegner viel Geld in seinen Kader investiert habe.

Home of respect - so der Slogan der Volleyball-Bundesliga. Zweitligist Lohhof hat gerade erfahren, wie ernst die VBL selbst diesen Auftrag nimmt. (Foto: Robert Haas)

Die Mannschaften und Fans bekamen von alldem nichts mit, eher davon, dass der designierte Aufsteiger Straubing völlig zu Recht einsam an der Tabellenspitze steht. "Wir wussten, dass wir spielerisch nicht mithalten können", sagte SV-Trainer Jürgen Pfletschinger und verwies auf vier verletzte Leistungsträgerinnen, die er zu ersetzen hat. "Ich dachte eher, dass wir vielleicht über Emotionen etwas bewegen könnten." Vor allem im dritten Satz wären auch Chancen dazu vorhanden gewesen, insgesamt aber hätten die groß gewachsenen Gegnerinnen - mit Ausnahmen bei der Annahme - "super wenige Fehler gemacht". Die Vorgabe, frech aufzuschlagen und damit Druck zu entwickeln, hatte Lohhof umgesetzt, auch gefightet hätten seine Spielerinnen. Die Zuschauer jedenfalls hatten ihren Spaß.

Richarda Zorn war am Montag übrigens nicht zu erreichen, sie hatte VBL-Vertreter zu Gast zur Vorlizenzierung für die erste Liga. Lohhof unterwirft sich testweise dieser Prozedur, um herauszufinden, wo es strukturell hapert. Was im sportlichen Vergleich zur ersten Liga noch fehlt, hat das Duell am Sonntag ja gezeigt. Kock übrigens sagte noch, dass er sehr gerne selbst ein paar ausländische Spielerinnen im Kader hätte. "Wir können uns das nur nicht leisten."

© SZ vom 10.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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