VfR  Garching:Wie die Profis

Lesezeit: 3 min

Immer schön zur Seite gehen: Garchings Verteidiger Florian Pflügler, Lirim Kelmendi und Philipp Walter (v.l.) können Maximilian Franzke nicht am Torschuss zur 1:0-Führung hindern. Kurz darauf traf der Bayern-Stürmer noch zum 2:0, dann hatte der 19-Jährige sein Tagwerk verrichtet und wurde in der zweiten Halbzeit durch Franck Evina ersetzt. (Foto: Claus Schunk)

Der FC Bayern München II gewinnt 3:1 in Garching und bleibt weiter ohne Punktverlust. Der Gastgeber legt viel zu spät seine Ehrfurcht ab.

Von Matthias Schmid, Garching

Pauline reagierte nicht. Sie lag nach dem Spiel erschöpft auf dem Arm ihres Papas, als sie Holger Seitz sanft in die Hüfte knuffte, um sie zum Lächeln zu bringen. Aber Pauline, die kleine Tochter von Daniel Weber, war zu übermüdet, um eine Regung zu zeigen. Auch die Garchinger Regionalligaspieler, die von Weber trainiert werden, hatten in der Partie zuvor gegen Tabellenführer FC Bayern II, dessen Trainer Seitz ist, seltsam ermattet gewirkt in den ersten Spielminuten. Dass die Begegnung am Ende nur 3:1 (2:0) zugunsten der Münchner endete, war die eigentliche Überraschung. "Erst als es schon egal war, haben wir am besten gespielt und unser Potenzial ausgeschöpft", sagte Weber dann in der Pressekonferenz, Pauline schlummerte noch immer auf seinem Arm.

In der Tat war es vor allem in den ersten 20 Minuten ein grotesk einseitiges Spiel gewesen. Für die Zuschauer drängte sich in dieser Phase fast der Eindruck auf, als ob die Bayern zwei Spieler mehr auf dem Rasen gehabt hätten - so überlegen waren sie, so dominant. Sie spielten schneller, sie dachten schneller und sie machten zwei schnelle Tore durch Maximilian Franzke (9./19.). "Da haben wir ziemlich am Optimum gespielt, kompromisslos vor dem Tor", lobte Seitz, "das hat von draußen super ausgeschaut."

"Körperspannung" hatte dagegen Weber in der 13. Minute von seinen Spielern lautstark eingefordert. Aber die Probleme lagen tiefer, die Garchinger waren immer einen Schritt langsamer als die kombinationsstarken Münchner, die zudem ständig ihre Positionen wechselten und den bemitleidenswerten Kontrahenten damit vollkommen verwirrten und überforderten. Jeder konnte in der ersten Hälfte den Unterschied zwischen Profis und ambitionierten Feierabendkickern, wie sie die Garchinger nun mal sind, erkennen. Es klingt deshalb immer ein bisschen schräg, wenn die mitgereisten Fans aus München den Amateur-Status ihrer Mannschaft ("Wir sind die Bayern-Amateure") betonen und so ein bisschen Fußballromantik vorgaukeln.

Dass Garching trotzdem eine sehr gute Rolle in der Regionalliga zu spielen vermag, bekamen die Besucher in der zweiten Hälfte zu sehen. Wie den überraschenden Anschlusstreffer durch Mike Niebauer (56.), Bruder Dennis hatte ihm nach einer Ecke den Ball per Kopf so vorzüglich aufgelegt, dass er nur noch einzunicken brauchte. Jetzt war das Spiel plötzlich ausgeglichen, spannend, intensiv.

Garchings Trainer Daniel Weber frotzelt gegen die Übermacht, Kollege Holger Seitz lächelt nur

Weber vergaß aber später nicht zu erwähnen, dass sein Team nur dank einigem Glück nicht schon vor der Pause das 0:3 hatte hinnehmen müssen. "Klarer geht es nicht", sagte er noch über das Foul seines Spielers Lucas Genkinger, als Münchens Franzke im Strafraum das Standbein wegzog. Schiedsrichter Elias Wörz ließ aber weiterspielen.

Seitz ging hinterher gar nicht darauf ein. "Ich hatte immer das Gefühl, dass wir das Spiel nicht verlieren würden", gab er zu. Trotzdem gefiel ihm natürlich nicht, dass sich seine Spieler davon beeindrucken ließen, wie couragiert die Garchinger plötzlich auftraten, sehr viel selbstbewusster als noch in der ersten Hälfte, und die Bayern in deren eigenen Hälfte in eklige Zweikämpfe verwickelten. Beinahe wäre Dennis Niebauer in der 83. Minute mit einer Doppelchance binnen weniger Sekunden der Ausgleich gelungen. Zunächst scheiterte der Garchinger Kapitän nach einem langen Zuspiel mit einem Heber an Ron-Thorben Hoffmann, der Abpraller flog aber so ungünstig zurück, dass der Winkel immer spitzer wurde und er den Ball nur mit einem akrobatischen Seitfallzieher noch übers Tor zirkeln konnte. "Ich würde mir diesen Mut gegen Spitzenmannschaften mal über längere Zeit wünschen", hob Weber hervor und ließ es sich nicht nehmen, ein bisschen über die Bayern zu frotzeln: "Das sind Profis, da erwarte ich schon, dass sie uns über 90 Minuten dominieren und vorführen."

Seitz lächelte die Aussage weg, er kennt Webers forsche und mitunter süffisante Art. Sie sind miteinander befreundet, seit sie einst gemeinsam beim SC Fürstenfeldbruck in der Bayernliga spielten. Weber im Tor, vor ihm auf der Sechs Seitz. "Ich hatte mir damals bei seinen lautstarken Kommandos gedacht, wenn der später nicht mal an der Seitenlinie steht, läuft etwas ziemlich schief", erzählte der 43-Jährige. Auch er selbst ist Fußballlehrer geworden, ein erfolgreicher dazu. Der Sieg in Garching, den der eingewechselte Alexander Nollenberger in der Nachspielzeit mit dem dritten Tor sicherte, war bereits der siebte im sieben Spiel in dieser Regionalliga-Saison. "Wir gehen mittlerweile mit gesundem Selbstvertrauen in die Spiele und können so auch enge Partien wie heute oder zuletzt gegen Nürnberg entscheiden", so Seitz. Dann musste er los zum Bus, Pauline bekam auch das nicht mehr mit.

© SZ vom 27.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: