VfR Garching:Passwege solide verglast

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Die Mannschaft von Trainer Daniel Weber scheitert in Eichstätt an den Umständen, an den Standardsituationen der Gastgeber - und letztendlich auch an mangelnder eigener Handlungsschnelligkeit.

Von Marcel Bothe, Eichstätt/Garching

Ein Fenster ist ein simples Konstrukt. Im Wesentlichen besteht es aus Glas, gehalten von einem Rahmen, dazu ein Griff. Die Daseinsberechtigung eines Fensters ergibt sich aus zwei wesentlichen Funktionen: Durchsicht und Durchlüftung. Die Gleichung ist einfach: Raum stickig, Fenster auf, Raum nicht mehr stickig. Wenn Daniel Weber davon spricht, dass seine Spieler die Abspielfenster verpasst hätten, dann meint er natürlich nicht, dass sie nicht imstande wären, einen Griff zu betätigen. Sie sind auch nicht blind an irgendwelchen Fenstern vorbeilaufen, gesehen haben sie sie schon. Aber eben nicht geöffnet.

Beim Spiel seines VfR Garching gegen den VfB Eichstätt waren es natürlich symbolische Fenster, die sich kurz öffneten, die den Blick auf Räume freigaben, und sich dann ganz schnell wieder schlossen. Die Betätigung des Fenstergriffs bedingt bei solch einem Abspielfenster klassische Fußballertugenden wie Handlungsschnelligkeit, technische Finesse und Übersicht. Tugenden, die Garching am Samstag zu selten zeigte, vor allem deshalb, weil Eichstätt noch urtümlichere Tugenden dagegenhielt, um ja keinen Durchzug im eigenen Strafraum zu bekommen: Zweikampfhärte, Einsatz, Willen. Hinzu kam der zweifelhafte Zustand des Eichstätter Rasens, für den vorerst wohl kein Greenkeeping-Award vergeben werden dürfte, sowie eisiger Wind, der so manche Standardsituation zum Glücksspiel verkommen ließ.

Trainer Weber lässt extra Standards üben. Doch dann nutzt der Gegner die ruhenden Bälle

Das machte natürlich auch VfR-Trainer Weber zum Thema, er sprach zunächst die widrigen Umstände dieses Nachmittags an, als er die 1:2-Niederlage resümierte: "Das hatte mit Fußball wenig zu tun. Der Platz war eine Katastrophe, Fußballspielen war nicht möglich", dazu eben jene Härte, auch die Windböen hätten keinen Rhythmus zugelassen. Dabei war Garching besser ins Spiel gekommen, hatte Eichstätt mit einigen Fernschüssen unter Druck gesetzt. "Wir waren die ersten 20 Minuten die klar bessere Mannschaft", meinte Weber. Der VfR verpasste es aber, gefährliche Situation im gegnerischen Strafraum zu kreieren. Weber mahnte seine Spieler, früher Druck auszuüben. Dass dies zu keinen zwingenden Chancen führte, lag eben auch an der Härte der Gastgeber, die mit vielen kleinen Fouls die Angriffe der Gäste im Keim erstickten. "Jeder Spielaufbau ist Foul!", echauffierte sich Weber bereits während des Spiels in Richtung Linienrichter, "das macht das Spiel kaputt!"

Zur Geschichte des Spiels gehört aber auch, dass Eichstätt die besseren Chancen hatte. In der 28. Minute etwa, als Semi Belkahia kurz das Gefühl für Zeit und Raum verlor, den Ball unterlief und Eichstätts Fabian Eberle so den Weg zum Tor öffnete - der zurückgekehrte Kai Fritz hielt in Handballmanier. Auf Seiten der Garchinger darf das Spiel als Plädoyer für zusätzliche Trainingseinheiten in Freistoß und Eckball verstanden werden: Spiele wie in Eichstätt, bei denen aus dem Spiel wenig geht, können schließlich immer noch durch Standards entschieden werden. Das wusste auch Weber, der das Thema Standards in die Spielvorbereitung eingeschlossen hatte, aber auch auf Veränderungen im VfB-Tor hinwies: Wenige Tage vor dem Spiel hatte sich dieser mit dem 38-jährigen Michael Gurski verstärkt, der immerhin 20 Zweitligaspiele für TuS Koblenz und SpVgg Unterhaching sowie 177 Drittligaeinsätze für Wehen Wiesbaden und den SV Sandhausen vorweisen kann, was in Eichstätt schon einer gewissen Prominenz gleichkommt. "Er hat sich jeden hohen Ball geholt", bemerkte Weber. Eichstätt machte es bei seinen Standards cleverer und ging so auch in Führung, als Philipp Federl nach einer Ecke einköpfelte (35.).

Noch besser machte es Jonas Fries, der in der 45. Minute aus 25 Metern zum Freistoß antrat, Maß nahm und rechts in den Winkel traf. Die Folge: Ungläubigkeit auf beiden Seiten. Weber war verstummt ob der Tatsache, dass sein Team plötzlich 0:2 zurücklag, aber auch Fries' Kollegen hatten ihm solch ein Kunststück wohl nicht zugetraut, was sich besonders anschaulich an Ralf Schröder zeigte, der zunächst die Hände an den Kopf hielt, um dann doch zu jubeln. Dass es auch aus dem Spiel heraus geht, zeigte der VfR in Halbzeit zwei, als Mario Staudigl nach schneller Kombination zum Anschluss traf (68.). Danach blieben alle Fenster zu.

© SZ vom 30.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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