VfR Garching:Der Kapitän läuft ferne Ziele an

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„Er ist unersetzlich“: Dennis Niebauer, 30, Kopf und Herz und bester Schütze des VfR Garching. (Foto: Claus Schunk)

Mitten in der Saison verlässt Dennis Niebauer den VfR Garching und geht auf Rucksackreise durch Asien.

Von Matthias Schmid, Garching

Zum Flughafen hat Daniel Weber seinen wichtigsten Spieler nicht begleitet. So weit geht die Zuneigung dann doch nicht. Vielleicht hätte der Trennungsschmerz Weber auch übermannt. Jedenfalls ist Dennis Niebauer, 30, Kapitän des Fußball-Regionalligisten VfR Garching, nach Thailand aufgebrochen. Er wird mit dem Rucksack das Königreich am Indischen und Pazifischen Ozean erkunden und anschließend nach Vietnam weitereisen. Fünf Spiele wird er dem VfR fehlen. Für Niebauer ist es gleichsam eine Reise ins Ungewisse, denn der Mittelfeldspieler, den in Garching alle nur "Capo" rufen, weiß nicht, ob er noch einmal für mehr als zwei Spiele zum VfR zurückkehren wird. Aber der Reihe nach.

Um die ganze Tragweite dieser Geschichte zu verstehen, muss man wissen, dass Niebauer der prägende Spieler in Garching ist. Der Kopf und das Herz der Mannschaft. Der beste Torschütze und der Kapitän. "Er ist unersetzlich", sagt VfR-Trainer Daniel Weber vor Spiel eins ohne Niebauer an diesem Freitag in Schweinfurt. Aber warum lässt man einen Unersetzlichen dann mitten in der Saison einfach wochenlang nach Thailand und Vietnam reisen? "Weil er diesen Wunsch schon länger an uns herangetragen hat", sagt Weber. Und einem so verdienten Spieler konnten und wollten sie diesen nicht abschlagen.

Der Zeitpunkt ist vergleichsweise günstig gewählt. Niebauer hat vor ein paar Tagen sein Erstes Staatsexamen an der Technischen Universität in München bestanden. Sport und Religion auf Lehramt. "Ich wollte schon lange mal eine Weltreise machen und habe das mit dem Klub im Juni abgestimmt", erzählt Niebauer. Im Februar beginnt für ihn dann ein neuer Lebensabschnitt: das Referendariat. An welches Gymnasium es ihn im Freistaat verschlagen wird, weiß er noch nicht. Das entscheidet sich erst im Februar. Präferenzen hat Niebauer natürlich, er will in München bleiben, bei seiner Familie und seinen Freunden. Er könnte dann auch weiter für Garching kicken. Aber wo er tatsächlich landen wird? Es kann auch Würzburg, Aschaffenburg oder Bayreuth sein. Darauf hat er keinen Einfluss. "Und dann kann ich nicht mehr für Garching spielen", sagt er. Der Aufwand wäre zu groß, das hätten ihm auch schon Kommilitonen bestätigt, denen es ähnlich erging. "Im Referendariat hat man kaum noch Zeit für irgendetwas", sagt Niebauer.

Die Lücke, die Dennis Niebauer hinterlässt, soll Mike Niebauer schließen - der jüngere Bruder

Das ganze Ausmaß der möglichen Veränderungen ist ihm wohl erst nach dem letzten Spiel richtig bewusst geworden, nach dem 5:1-Sieg beim FC Unterföhring. Als sich die Spieler nach dem Schlusspfiff im Kreis um den Trainer versammelten, gab Weber nach seiner Einlassung das Wort an Niebauer weiter. Das ist das übliche Ritual beim VfR. Der Capo begann dann als Erster zu hüpfen, alle anderen folgten seinem Beispiel, während Niebauer den Vorsänger gab: "Zicke zacke, zicke zacke hoi, hoi, hoi." Das Übliche eben und noch ein paar verhöhnende Worte für den Gegner hinterher. Doch das Ritual dauerte länger als üblich. Vielleicht schwang da schon Wehmut bei ihm und den Mannschaftskollegen mit. Niebauer gab sich gelassen, so wie es seinem Naturell entspricht. Er ist leise, kein Marktschreier auf dem Platz, er führt die Mannschaft nicht mit wilden Gesten, sondern mit Leistung und kraft seiner natürlichen Autorität. "Ich werde ja noch mindesten zwei Spiele für Garching machen", sagt Niebauer. Am 25. November spielt er in Bayreuth und eine Woche später zu Hause gegen den FC Memmingen. Garchings Trainer Weber hofft, dass sie dann schon 30 Punkte gesammelt haben. "30 plus X", so lautet die Zielsetzung bis zur Winterpause. Bisher kommt Garching auf 23 Punkte.

Wer die Lücke, die Niebauer hinterlässt, so lange schließen soll, hat Weber schon ausgemacht: Mike Niebauer, sieben Jahre jünger und auch schon eine prägende Figur auf dem Rasen. Nur viel lauter als sein Bruder.

© SZ vom 20.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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