Unterföhring gegen Kottern:"Bist du wahnsinnig!"

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Zur Seite, Torjäger auf dem Weg zum Last-Minute-Siegtreffer! Andreas Faber (rechts) schoss gegen Kottern in der Nachspielzeit das 3:2 für den FC Unterföhring. Danach verschwand er unter einem Jubelknäuel. (Foto: Claus Schunk)

Zum wiederholten Mal glückt Unterföhring ein Siegtreffer in der Schlussphase. Das 3:2 gegen Kottern zeigt: Wer so viel Dusel hat, dem ist der Aufstieg in die Regionalliga kaum zu nehmen.

Von Christoph Leischwitz, Unterföhring

Andreas Faber reagierte am schnellsten. Der Stürmer des Bayernligisten FC Unterföhring musste jetzt noch vier, fünf Schritte laufen, den Kopf hinhalten und den Ball ins Tor nicken. Er setzte ihn vor dem heraneilenden Gegenspieler ins Netz, dann gab es kein Halten mehr. Faber drehte um, knallte mit dem Schienbeinschoner gegen den Pfosten, lief weiter, aber er kam nicht mehr weit. Denn da rannten ihm schon Trainer, Assistenten, Ausgewechselte, die Ersatz- und alle Feldspieler entgegen. Faber fiel dann doch noch hin und war eine Weile nicht mehr zu sehen.

Sie hatten es mal wieder spannend gemacht und am Ende trotzdem wieder gewonnen. Diesmal fiel der entscheidende Treffer zum 3:2 (1:1)-Sieg über den TSV Kottern nach 20 Sekunden in der Nachspielzeit. Trainer Andreas Pummer hatte selbst mitgejubelt und nach dem Schlusspfiff seine Spieler herzlich umarmt. Der überglückliche Innenverteidiger Arijanit Kelmendi saß noch auf Pummers Rücken ("Bist du wahnsinnig, meine Bandscheiben!"), als der Coach schon wieder eine nüchterne Analyse parat hatte: "Woche für Woche laufen die selben Spiele ab", sagte er. Eigentlich könne er ja zufrieden sein, wenn man am Schluss immer gewinne, aber: "Ich würde sagen: Das Glück brauchen wir jetzt irgendwann mal nicht überstrapazieren."

"Wir schaffen es nur, wenn wir auch die Männer 21, 22, 23 an Bord haben", sagt Pummer

Der abstiegsbedrohte Gast aus dem Allgäu hätte ein Unentschieden verdient gehabt. Vor allem zu Beginn trat die Mannschaft, die 14 Plätze hinter Unterföhring rangiert, selbstbewusst und aggressiv auf. Wenn ein Kotterner auf Höhe der Mittellinie einen Unterföhringer Angriff unterband und den Ball über den Zaun hinaus auf die Straße bolzte, dann hallte Jubel durchs Stadion - die Gästefans, mit Kleinbussen angereist, waren deutlich lauter als die Handvoll heimischer Anhänger. Nach einer Viertelstunde erzielte Roland Fichtl nach einem sehenswerten Solo über die linke Seite die Führung. "Wir haben ihn eskortiert, nicht attackiert", kritisierte Pummer.

Im Spiel nach vorne schien seine Mannschaft sichtlich beeindruckt davon, wie eifrig der Gegner Pässe ablief. "Die ganzen Kleinigkeiten, Passspiel, Ballannahme und -mitnahme - wir haben uns letzte Woche schon unnötig viele Fehler erlaubt", sagte Pummer. Da hatte der FC glücklich und knapp 1:0 gegen Bogen gewonnen.

Zwei, drei gute Chancen pro Halbzeit erspielt sich Unterföhring aber immer. Und auch, wenn der Kotterner Torwart Sebastian Eberle einen starken Tag erwischt hatte, so war er in der 37. Minute trotzdem machtlos, als er einen Schuss von Arthur Kubica nur zur Seite lenken konnte, wo aber Alexander Hollering stand und abstaubte. Als Kottern erneut in Führung ging (75.), hatte der FC gerade zwei gute Chancen vergeben, und schien plötzlich zum unglücklichen Verlierer zu werden: Der neue Keeper Daniel Sturm hatte einen Fernschuss nicht festhalten können, im Nachgreifen erwischte er ein Kotterner Bein, dafür musste er den anschließenden Elfmeter passieren lassen. "Natürlich ist das ein Elfer, natürlich lässt er den Ball aus. Aber ich werde ihm jetzt nicht den Kopf abreißen", sagte Pummer. Aber vielleicht mal auf der Bank lassen, zumal der Konkurrenzkampf mit dem einstigen Platzhirschen Sebastian Fritz recht eng zu sein scheint? "Das muss ich noch überlegen", sagte Pummer.

Gegen Ende zeigte Unterföhring jene Genauigkeit, die zu Beginn gefehlt hatte. Pascal Putta fand mit einer präzisen Flanke in den gut bewachten Strafraum Kubica, der den Ausgleich per Kopf erzielte (81.). Und Hollerings Schuss vor dem 3:2 war stramm genug, dass Kotterns Keeper ihn nur vor Fabers Füße abklatschen konnte. Pummer merkte dann noch an, dass er drei Stammspieler ersetzen musste, dass dies aber gelungen sei. Gleichzeitig hatte er sage und schreibe elf Auswechselspieler zur Verfügung, selbst Martin Büchel hatte sich in der Nacht zu Samstag noch ins Auto gesetzt, er war mit Liechtenstein am Freitag gegen Mazedonien angetreten (0:3). Büchel stand dann in Unterföhring auch noch kurz auf dem Feld: beim Jubel zum 3:2. "Wir schaffen es nur, wenn wir auch die Männer 21, 22, 23 an Bord haben". Das hat er offensichtlich. Mit "schaffen" meint er den Aufstieg, der nun ein weiteres Stück näher gerückt ist. Pummer gab zu: Ganz kurz, beim Jubel, wirkte dieser Aufstieg schon sehr nah. Kurz danach sagte er aber wieder nüchtern: "Wir haben noch acht Spiele."

© SZ vom 27.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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