Unterföhring gegen Bayern II:Mayer, Schmidt, Wahnsinn

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Fußball: FC Unterföhring-FC Bayern München II Brandstetter, Pantovic; Sturm (Foto: Claus Schunk)

Dem Aufsteiger glückt bei seiner Heimpremiere nach 0:2-Pausenrückstand noch ein Unentschieden gegen die Reserve des Rekordmeisters.

Von Christoph Leischwitz, Kirchheim

Nach dem Spiel nahm Thomas Seethaler drei Mal das Wort "Sensation" in den Mund und einmal das Wort "sensationell", je drei Mal sagte er "überragend" und "Wahnsinn". Der Trainer des FC Unterföhring traf damit auch den Gemütszustand der - man muss das so sagen - zum Heimspiel mitgereisten Fans, sie bedachten Seethalers Ausführungen in der Pressekonferenz mit langem, rhythmischem Applaus. Für die Laune war es fast schon unerheblich, dass Unterföhring gar nicht gewonnen, sondern lediglich 2:2 gespielt hatte. Aber erstens war es der Heimspiel-Auftakt in der ersten Regionalliga-Saison gewesen, auch wenn die Heimspiele 15 Kilometer südöstlich des eigenen Stadions beim SV Heimstetten ausgetragen werden müssen. Zweitens hieß der erste Heimspielgegner FC Bayern München II, dessen Fans Stimmung machten (die sich neben allem Anfeuern allerdings beim FCU auch lautstark über 15 Euro für eine Eintrittskarte beschwerten). Und drittens hatte man bis zur 79. Minute scheinbar aussichtslos 0:2 zurückgelegen. Dann folgte der sensationelle, überragende Wahnsinn, der auch noch einen Punkt einbrachte. Der vor allem aber den Föhringern den Eindruck vermittelte: Egal, wie die Saison endet, nach Erlebnissen wie diesen hat sich der Aufstieg jetzt schon gelohnt.

Für die meisten ist das eben noch alles ungewohnt: Die vielen Zuschauer (es kamen gut 700), der namhafte Gegner, das hohe Tempo auf dem Platz - Trainer Seethaler zum Beispiel hatte bislang als Cheftrainer nur Bezirksliga-Erfahrung gesammelt. Auf dem Feld verhielt es sich ähnlich, etwa mit dem 25-jährigen Angreifer Philipp Schmidt. Fünf Jahre lang spielte er mit mäßigem Erfolg zwischen Kreis- und Bezirksliga, dann, beim Landesligisten ASV Dachau, schoss er in zwei Spielzeiten plötzlich 40 Tore. Man darf sagen: Schmidt wächst an seinen Aufgaben. Diesmal beschäftigte der Schlacks frech und ausdauernd die FCB-Abwehr, die unter anderem auf Routinier Nicolas Feldhahn verzichten musste und mit dem 17-jährigen Lars Lukas Mai in der Innenverteidigung startete. Mehrmals hatten die Bayern Glück, etwa, als Fadhel Morous Heber aus rund 30 Metern den Innenpfosten traf, oder als Schmidt zwei Großchancen verstolperte (10., 42.). Dessen Körpersprache - hängender Kopf, Trippelschritte - war sinnbildlich für die Unterföhringer, die sich für ihre engagierte Leistung nicht belohnen konnten und dann überfordert wirkten. "Kurze Zeit haben wir gar nicht mehr gewusst, wo der Ball ist", sagte Seethaler.

Milos Pantovic, einer von drei China-Reisenden in der Startelf, wusste es dagegen sehr genau. Der Flügelspieler der Bayern drückte einen abgefälschten Flachschuss aus 18 Metern präzise ins ferne Eck (38.). Noch vor der Pause folgte der zweite Treffer durch Stürmer Manuel Wintzheimer per Kopfball (43.). Bayern-Trainer Tim Walter machte später deutlich, dass er schon zu diesem Zeitpunkt nicht zufrieden war. "Wir waren einfach schlecht heute", sagte er. Viele Ausfälle, fehlender Trainingsrhythmus und für die Profis abgestellte Spieler wie Felix Götze machten es der Mannschaft zurzeit nicht leicht. "Trotzdem darf so ein Spiel nicht unser Anspruch sein", befand der Coach, der ebenfalls neu ist in der Regionalliga. Seinen Spielern habe er zur Pause gesagt: "So will ich nicht gewinnen." Sie nahmen ihn beim Wort.

Als Niklas Dorsch angeschlagen vom Feld ging - sein Einsatz am Freitagabend gegen den FC Schweinfurt ist fraglich - fehlte im Mittelfeld ein Spieler, der Ordnung in seine Reihen bringt. Diese war dann bitter nötig, als Rechtsverteidiger Resul Türkkalesi innerhalb von zwei Minuten Gelb und Gelb-Rot sah (75.). Der erschöpft wirkende Schmidt und die gesamte Unterföhringer Mannschaft lebten plötzlich auf, neuen Schwung brachte auch der Japaner Masaaki Takahara. Leo Mayer hatte Mai den Ball im Spielaufbau abgenommen, Schmidt Torwart Leo Weinkauf ausgeguckt: 1:2 (79.). Beim 2:2 drehte er sich mit dem Ball am Fuß zunächst scheinbar unnötig vom Tor weg, um dann mit einem sehenswerten Drehschuss zu treffen. Es folgte ein langer, erholsamer Torjubel (88.). "Ich glaube, ich habe die Halbzeit gebraucht, und die Trinkpausen", sagte Doppeltorschütze Schmidt über seine zwischenzeitliche Erschöpfung. Sie sei schon anstrengend, diese Regionalliga.

Den Bayern fehlen für das vermeintliche Spitzenspiel gegen Schweinfurt mehrere wichtige Spieler verletzt, Unterföhring kann sich eine Woche ausruhen und spielt erst wieder am 8. August, im Toto-Pokal gegen Bayernliga-Meister und Nichtaufsteiger SV Pullach. Der Wahnsinn macht erst mal Pause.

© SZ vom 31.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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