U21 des TSV 1860:Wütender Wörns

Lesezeit: 2 min

Hey, wo sind denn alle?: Sebastian Koch regt sich über den Spielverlauf auf – und über die Disziplinlosigkeiten seiner Mitspieler. (Foto: Lukas Barth)

Löwen-Reserve verliert mit neun Mann gegen Hankofen-Hailing und bangt weiter um den Klassenerhalt.

Von Gerhard Fischer, München

Christian Wörns kommt aus der harten Waldhofer Vorstopper-Schule, er war sozusagen ein Klassenkamerad von Musterschülern wie Jürgen Kohler und Dreschflegeln wie Roland Dickgießer. Wörns machte sein erstes Bundesligaspiel mit 17, er wurde Meister mit Dortmund, und er absolvierte 66 Länderspiele. Dieser Mann, der nicht alles, aber vieles im Fußball gesehen hat, müsste doch mit 46 Jahren über eine Jupp-Heynckessche Gelassenheit verfügen. Tut er aber nicht.

Als Schiedsrichter Elias Wörz das Bayernliga-Spiel des TSV 1860 II gegen die SpVgg Hankofen-Hailing abpfiff, marschierte Wörns von seiner Trainerbank los. Der Löwen-Coach tröstete keinen seiner - trotz Unterzahl - tapfer kämpfenden Spieler, er achtete nicht auf die jubelnden Gäste, er stampfte vom Feld, ohne nach links oder rechts zu gucken, und anzusprechen war er auch nicht. Sein Team hatte das Spiel und zwei Spieler via Feldverweis verloren, und der Klassenerhalt, den 1860 an diesem Samstag hätte sichern können - er ist nach der 1:2-Pleite weiter ungewiss.

Am Sonntagmittag sagte Wörns dann, worüber er sich geärgert hatte: über den "total überforderten" Schiedsrichter, über die schauspielerischen Leistungen der Gäste-Spieler ("Komödienstadel") - und über seine beiden Löwen, die kurz vor der Pause hochkant vom Feld geflogen waren. Marvin Zimmermanns Schubser gegen Simon Weber sei "nicht geschickt" gewesen, sagte Wörns erst euphemistisch, ehe er deutlich wurde: "Das war eine Blödheit." Fabian Greilinger flog wenige Minuten später hinterher - er hatte, bereits verwarnt, den Gegenspieler mit ausgestrecktem Bein attackiert. Das reichte für Gelb-Rot.

Hankofen-Hailing liegt im Landkreis Straubing, mehr als 120 Kilometer von München-Giesing entfernt. Trotzdem waren viele Fans mitgereist, manche hatten die roten Klub-Trikots angezogen, einige trugen zivile Kleidung; man konnte sie wegen ihrer Sprachfärbung identifizieren. "A gölbe Kortn" fordern eben Niederbayern.

In den ersten 20 Minuten verzichteten beide Teams darauf, den Rasen vor den Toren zu ramponieren. Strafraumszenen? Null. Chancen? Null. Für ein bisschen Spielkultur sorgten die beiden Feinmotoriker im Löwen-Mittelfeld, Okan Memetoglou und - bevor er grob wurde - Marvin Zimmermann. Das 1:0 für die Löwen fiel dennoch überraschend, denn in dieser Phase hatte Hankofen sogar manchmal den Münchner Strafraum erreicht. Aber plötzlich schlug Sebastian Gebhart eine Flanke aus dem Halbfeld in den Gäste-Strafraum, und beim Duell zwischen Torwart Mathias Loibls Fäusten und Randy Njoya Monties Kopf gewann unerwartet der Schädel des Löwen-Stürmers. Von dort landete der Ball im linken Winkel (30.).

Aber dann machten sich die Löwen das Spiel selbst kaputt. Plötzlich standen zwei Sechziger weniger auf dem Platz.

Zehn gegen elf - das geht ja manchmal gut für die dezimierte Mannschaft. Die minimale Unterzahl setzt Kräfte frei, einer läuft für alle, und alle laufen für den verloren gegangenen Kameraden und für den möglichen Ruhm, sich einer Übermacht erfolgreich in den Weg gestellt zu haben.

Aber neun gegen elf? Das ist arg.

Befreiungsschläge, Sechserkette, Spielverzögerungen, viel Leidenschaft: Es half alles nichts

Die Gäste hatten sich zur Pause offenbar diese Überzahlstrategie zurecht gelegt: das Spiel in die Breite ziehen, damit die Löwen sich müde laufen. 1860 setzte sehr viel Leidenschaft, zahlreiche Befreiungsschläge, einige Spielverzögerungen und eine Sechserreihe in der Abwehr dagegen, und die beiden offensiven Memetoglou und Montie attackierten die Ballverteiler der Gäste. Und draußen dirigierte Wörns, der sich seine Schirmmütze verkehrt herum aufgesetzt hatte, als müsste er sich mit seiner Elf solidarisieren, welche die zweite Hälfte auch in einem unüblichen Erscheinungsbild absolvierte.

Doch Hankofen gelang der rasche Ausgleich, weil 1860-Tormann Johann Hipper genauso am Ball vorbei faustete wie Kollege Loibl beim ersten Tor; Matthias Lazar köpfelte ein (51.). Und als Tobias Richter in der 77. Minute mit einem 14-Meter-Flachschuss das 1:2 gelang, war das die zwangsläufige Folge einer ungleich verteilten Spielerzahl.

© SZ vom 14.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: