U20-DM der Leichtathleten:Im Schatten von Eskilstuna

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"Gerade nach dieser Saison ist das Ergebnis super": Lisa-Marie Jacoby aus Thüringen, die für die LG München startet, holt in Jena Bronze. (Foto: Imago)

Für viele U20-Athleten drehte sich diese Saison um die EM. Auch Lisa-Marie Jacoby war in Schweden dabei, doch für die lange verletzte Münchner Hürdenläuferin ist nun auch Bronze bei der DM in Jena ein wichtiger Erfolg

Von David Weber, Jena

Unter der Haupttribüne ist Schatten, viel Schatten. "Wir können uns ja auf den Boden setzen", schlägt Lisa-Marie Jacoby vor. Sie beginnt ein bisschen Dreck vom Boden zur Seite zu kicken, dann entscheidet sie: "Stehen ist vielleicht doch besser. Wenn ich mich jetzt hinsetze, komme ich nicht wieder hoch." So anstrengend, das Rennen gerade? "400 Meter sind immer anstrengend."

Deutsche Meisterschaften der Jugend: Lisa-Marie Jacoby, Läuferin der LG Stadtwerke München, hat Bronze gewonnen. Sie kennt das Stadion, das Ernst-Abbe-Sportfeld von Jena, mit den Hügeln und Industrieschornsteinen im Hintergrund. Jacoby, 19, ist bis zur vergangenen Saison noch für den Erfurter LAC gestartet, 50 Kilometer weiter im Westen. Thüringer Heimspiel also. "Meine Familie ist da, meine Freunde sind da. Ich kenne hier jede Ecke." Hier in Jena ist Jacoby vor vier Jahren zum ersten Mal bei deutschen Jugend-Meisterschaften gelaufen, 2015 zum letzten Mal - in der nächsten Saison rückt Jacoby in die U23 auf. "Ein schöner Rahmen", findet sie.

Die DM ist nicht für alle der Saisonhöhepunkt, vor allem für die besonders Gesegneten unter den deutschen Talenten war die U20-Europameisterschaft in Eskilstuna das große Ding. Lisa-Marie Jacoby war dabei, genau wie ihre Vereinskollegin Lisa-Marie Petkov, die in Jena über 400 Meter Hürden startete und dank eines starken Schlussspurts Silber gewann (59,56 sek.). Weitere Silbermedaillen für die LG holten David Faltenbacher, der seine Weitsprung-Bestleistung in der U20 um mehr als 30 Zentimeter überbot (7,53 Meter) und dem nur zwei Zentimeter zum Sieg fehlten, sowie Martin Knauer (U18) im Kugelstoßen (18,79 Meter). Im eingebundenen Staffelfinale der Frauen über 3×800 Meter holten Christine Gess, Karoline Pilawa und Christina Hering in 6:19,20 Minuten Gold.

Auch Jakoby war mit der besten Vorlaufzeit (54,96 sek) ins 400-Meter-Finale der U20 gegangen. Da waren dann Hannah Mergenthaler (MTG Mannheim, 53,78) und Hendrikje Richter (SV Preußen Berlin 54,43) schneller als sie (54,75). Verkraftbar, findet Jacoby, "gerade nach dieser Saison ist das Ergebnis super". Eine Fußverletzung hatte verursacht, dass sie erst spät in die Sommersaison einsteigen konnte. Sie qualifizierte sich dennoch für die EM, als Ersatzläuferin der 4×400-Meter-Staffel - und kam dort zum Einsatz, weil sich Ann-Kathrin Kopf (Otterndorf) verletzte, und weil ihre Vereinskollegin Petkov vom Bundestrainer fehlende Frische attestiert wurde. Die Staffel wurde Fünfte. "Eine EM ist immer toll, es war eine große Ehre für mich, dabei zu sein. Zumal das ja sehr auf der Kippe stand", sagt sie.

Zwei Jahre zuvor, in der Ukraine, hatte Jacoby schon einmal an einer internationalen Meisterschaft teilgenommen, an der U18-WM in Donezk. Über 400 Meter Hürden gewann sie damals Bronze. "Das ist der Riesen-, Riesen-, Riesenerfolg, der über allen anderen steht. Aber das ist ein Erfolg von gestern", sagt Jacoby.

Der Erfolg von Jena, der Erfolg von heute kommt ohne Hürden zustande, aber Hürden oder keine Hürden, das ist hier nicht die Frage; in diesem Jahr konnte sie keine Hürden laufen, wegen der Fußverletzung. Nächstes Jahr will sie wieder. 400-Meter-Läuferinnen sind da flexibel. Fraglich ist, wo, in welcher Stadt, bei welchem Verein sie über oder eben nicht über Hürden läuft. Die Schulzeit ist vorbei, Jacoby will Medizin studieren. "Es gibt zwei Varianten: Entweder ich kann in München studieren. Oder halt ganz woanders." Sie sagt, dass sie einen "guten Willen" habe, das heißt: "Ich kann kämpfen für das, was ich will." Sie will: studieren und laufen, hofft, dass sie das kombiniert bekommt, für den "Kick, jeden Tag zu trainieren und dann Frau gegen Frau auf der Bahn zu laufen". 400 Meter lang, einmal um den Rasen herum, durch zwei lange Kurven, vom Startblock bis ins Ziel. Bis zur Erschöpfung, bis zu dem Punkt, wo es gefährlich wird, sich hinzusetzen, weil man danach, Schatten hin oder her, nicht mehr aufstehen kann.

© SZ vom 04.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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