Turner des USC München:Studenten-Bewegung

Lesezeit: 3 min

Seit etwas mehr als einem Jahr turnt der USC München in der dritten Liga - als eine Gruppe Gleichgesinnter, die sich im Uni-Betrieb kennen gelernt hat

Von Andreas Liebmann, München

Sie werden Schoräh, Flaubo oder Ö3 gerufen, einige studieren, andere haben promoviert, zwei haben Kinder und ihr Sprecher Thomas Ottnad sagt: "Wir sind saualt." Vor allem seien sie "15 Jungs, die Bock haben, zusammen zu turnen". So lässt sich wohl am schnellsten zusammenfassen, wer hinter dem USC München steckt, der vor etwas mehr als einem Jahr plötzlich in der dritten Bundesliga auftauchte, fast wie aus dem Nichts.

Die etwas längere Version beginnt (laut Selbstauskunft im Internet) mit einer Kneipentour. Eigentlich dürften es wohl mehrere Touren gewesen sein, erinnert sich Ottnad dunkel, jedenfalls sei beim gemeinsamen Fortgehen dieses "Hirngespinst" entstanden. Sie alle betrieben Uni-Turnen in München, traten gemeinsam bei Hochschulmeisterschaften an, sie trainierten zusammen, aber da die meisten von ihnen ursprünglich nicht von hier kamen, bestritten sie die Liga-Wettkämpfe entweder für ihre Heimatvereine - oder eben gar nicht mehr. "Wir wollten nicht nur einmal im Jahr zusammen antreten", sagt Ottnad. Dann zog plötzlich eine Mannschaft aus der dritten Bundesliga Süd zurück, niemand wollte den freien Platz haben - und aus dem Hirngespinst wurde ganz plötzlich ein konkretes Projekt. Der USC München gab ihnen ein organisatorisches Dach über dem Kopf, um alles andere mussten sich die Männer selber kümmern: Sie fanden einen Sponsor, das meiste zahlen sie allerdings selbst - allein die Startgebühren belaufen sich auf 2500 Euro im Jahr, auch die Trikots, die Fahrt- und Übernachtungskosten sind nicht unerheblich. Bis dahin hatten die Besseren von ihnen ja im Gegenteil ein bisschen was bekommen für ihre Klub-Einsätze. Beim USC bündelt sich nämlich durchaus eine ganze Menge Erst- und Zweitligaerfahrung.

Direkt überrollt haben sie die Liga im ersten Jahr nicht, sie schlossen die Wettkämpfe mit nur einem Saisonsieg als Tabellenletzte ab. In der Relegation gelang dann allerdings locker der Ligaverbleib. "Da haben wir unter Beweis gestellt, dass wir zu Recht in der Liga stehen", sagt Ottnad zufrieden. "Es hat sich ein wahnsinniger Teamgeist entwickelt, deshalb haben wir auch gesagt, dass wir es dieses Jahr wieder machen. Wir sind alle brutal heiß."

Senior mit Erstliga-Erfahrung: Christian Sendner, 36. (Foto: oh)

Der Tabelle ist das noch nicht zu entnehmen. Mit null Zählern nach drei Wettkämpfen ist der USC erneut Schlusslicht, nur ein Mal hat er eine Gerätewertung gewonnen, am Barren - da war das Duell gegen Ries indes schon verloren. Dennoch habe das Team zu Saisonbeginn ordentlich geturnt, findet Ottnad, im dritten Wettkampf war es ersatzgeschwächt. "Wir wollen nicht wieder in die Relegation", sagt er. Die beiden letzten Wettkämpfe gegen Wangen-Eisenharz und TV Bühl hoffen sie zu gewinnen, das sei realistisch, glaubt Ottnad. Der 33-Jährige ist als Aktiver gemeldet, er hat lange beim TV Bühl in der dritten Liga geturnt. Beim USC wird er aber wohl mit der Rolle als "Mädchen für alles" vorlieb nehmen. Vor der vergangenen Saison waren ihm beim Training an den Ringen so ziemlich alle Bänder in der Schulter gerissen. Sechs Tage nach der OP hat er mit Armschlinge seine Doktorprüfung absolviert.

Ottnad ist nur der Zweitälteste. Christian Sendner ist 36, von den drei Erstliga-Erprobten (neben Florian Bau, 29, und Johannes Albrecht, 28) hat der ehemalige Monheimer die größte Erfahrung. Der aktuell Beste dürfte der 20-jährige Zugang "Ö3" sein, der eigentlich Stephan Trattnig heißt und der dritte Österreicher im Kader ist.

An diesem Samstag wird es wohl wieder schwer werden. Es steht ein Heimkampf gegen Kieselbronn/Iffezheim an, dieser Heimkampf findet jedoch - wie meist - in Nördlingen statt. Die Halle auf Münchens Olympiagelände ist baufällig, auch die erforderlichen Geräte besitzen sie nicht, deshalb werden die USC-Turner auf Jahre hinaus bei befreundeten Klubs unterschlüpfen. Erst der letzte Heimkampf findet zwar nicht auf dem Uni-Gelände, aber immerhin in der Nähe statt: in Unterhaching.

"Saualt", wie Ottnad sagt, ist die Riege natürlich nicht, mit knapp 27 im Schnitt aber älter als die Konkurrenz. Auch durch übermäßigen Trainingsaufwand zeichnet sie sich nicht aus, jeder hat andere Dinge um die Ohren. Dennoch gibt es nicht nur Spaß, sondern auch ein Ziel: Der Universitäts-Sportclub München hat nämlich nicht nur zufällig diese Spitzengruppe bekommen, er betreibt auch rege Jugendarbeit. "Es gibt zwei sehr gute Zwölfjährige", weiß Ottnad. "Die finden es cool, dass wir in dieser Liga turnen." Das Team würde also gerne "so lange durchhalten", bis die zwei dazustoßen. Erlaubt wäre das ab 15. Drei Jahre lang müssten die Alten also noch in der Liga bestehen

© SZ vom 24.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: