Türkgücü München:Der Bauch sagt: Steh!

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Aufstiegserfahren: Franco Flückiger, einst bei der SpVgg Greuther Fürth und in Burghausen tätig. (Foto: Sportfoto Zink/WoZi/imago)

Der Münchner Torwart Franco Flückiger verhindert die drohende Niederlage in Bayreuth, weil er bei einem Strafstoß einfach stehenbleibt. Mathematisch hat er damit alles falsch gemacht, faktisch aber für Türkgücü einen Punkt gerettet.

Von Johannes Holbein, München

Streng mathematisch betrachtet hat Franco Flückiger bei diesem Elfmeter alles falsch gemacht. Schließlich haben Mathematiker der Universität Erlangen-Nürnberg vor Jahren bereits herausgefunden: Wer seine Chancen steigern möchte, einen Elfmeter zu parieren, der sollte sich schon vor dem Schuss für eine Ecke entscheiden und in diese springen. Dadurch fällt die Reaktionszeit weg, und mit etwas Glück kann der Torhüter auch platzierte und etwas stärker geschossene Elfmeter abwehren. Flückiger aber, der Torwart von Türkgücü München, hatte in der 60. Minute der Auswärtspartie gegen die SpVgg Bayreuth vermutlich einfach gerade keinen Kopf für die Wissenschaft.

Flückiger richtete sich stattdessen nach seinem Bauchgefühl. Und das sagte ihm: einfach mal stehen bleiben und abwarten. Der Schütze Christopher Kracun war daraufhin offenbar derart irritiert, dass er harmlos in die Mitte schoss. Flückiger parierte und bewies: Entscheidender noch als die Mathematik ist beim Elfmeter die Psychologie.

Türkgücü-Trainer Reiner Maurer lobte seinen Torhüter, der mit seiner Tat das 0:0 in Bayreuth festhielt. "Er strahlt eine große Ruhe aus. Das hilft uns sehr." Über das Ergebnis sagte er, dass es "schon okay" sei, was für seine Verhältnisse fast schon als Zufriedenheit gedeutet werden darf. Wobei sein Fazit ohne den gehaltenen Elfmeter wohl schlechter ausgefallen wäre. Denn seine Mannschaft hatte genug Möglichkeiten, die Partie für sich zu entscheiden. "Wir hatten mehr Ballbesitz, wir hatten mehr Ecken, aber da waren wir heute nicht effizient genug." Gerade Standardsituationen will der Trainer in den nächsten Wochen intensiv trainieren. "Das wäre heute der Schlüssel gewesen zum Sieg." Es hätte aber auch ohne gefährliche Ecken und Freistöße zum Sieg reichen können, nämlich wenn Furkan Kircicek kurz vor der Pause sein erstes Saisontor erzielt hätte. Kasim Rabihic hatte den 22-jährigen Offensivakteur freigespielt, aber Kircicek schoss allein vor dem Tor vorbei. "Ich habe ihn nach dem Spiel aufgemuntert. Das nagt schon an ihm", sagte Maurer. Obwohl sein Team auch nach der Pause die Partie bestimmte, hätte der Elfmeter in der 60. Minute das Geschehen beinahe auf den Kopf gestellt. Mario Erb hatte seinen Gegenspieler zuvor an der Torauslinie gefoult. "Als Torhüter braucht man auch ein bisschen Glück, das hat er momentan", sagte Maurer über Flückigers folgende Parade. Drei Spiele in Serie hat der 28-Jährige kein Gegentor mehr bekommen. Zu Beginn der Saison war er mit einer Verletzung an der Hüfte noch ausgefallen. Die Partie gegen Bayreuth war seine vierte in der laufenden Spielzeit. Er ist einer der Gründe, warum die Defensive von Türkgücü immer besser funktioniert. Unmittelbar nach dem Elfmeter hatte Benedikt Kirsch die Chance zur Führung. Seinen Schuss aus 16 Metern konnte Bayreuths Torhüter Sebastian Kolbe abwehren. Auch der Distanzschuss von Yasin Yilmaz fand den Weg nicht ins Tor. Die Partie wurde unruhiger, beide Teams sammelten gelbe Karten. Bayreuths Patrick Weimar bekam in der Nachspielzeit Gelb-Rot. Zu spät für die Münchner, um aus der Überzahl einen Vorteil zu ziehen. Kurz vor Schluss hatten dann sogar noch die Gastgeber die Gelegenheit zum Siegtreffer. Den Kopfball nach einem Freistoß konnte Flückiger aber parieren.

Als Mann des Spiels wollte er sich nach der Trainingseinheit am Samstagmorgen trotzdem nicht bezeichnen lassen. "Das kann man so nicht sagen", wehrte er bescheiden ab. "Bayreuth hatte einfach zwei gute Gelegenheiten, und die habe ich abgewehrt." Mathematisch war dagegen nichts einzuwenden.

© SZ vom 02.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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