Türkgücü München:Der Aufsteiger macht es gnädig

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Beim 2:0-Erfolg zum Regionalliga-Auftakt gegen den SV Schalding-Heining lässt Türkgücü noch viele Chanchen aus.

Von Jonas Kraus, Passau

Alles wollte Türkgücü München bei seiner Premiere in der Fußball-Regionalliga am Freitagabend beim SV Schalding-Heining dann doch nicht gelingen. 44 Minuten waren bereits gespielt, als Kapitän Yasin Yilmaz, 30, in bester Lausbub-Manier zur Eckfahne trabte und den Ball direkt aufs Tor zog. Keeper Markus Schöller aber passte auf und lenkte den Ball an die Latte. Münchens Kapitän ärgerte sich kurz, suchte dann aber schnell wieder seinen angestammten Platz im zentralen Mittelfeld. Der misslungene Streich war verkraftbar, Türkgücü hatte das Spiel im Griff und führte nach zwei Toren binnen 60 Sekunden von Karl-Heinz Lappe (21.) und Marco Holz (22.) mit 2:0, was letztlich auch der Endstand war. Dabei vergaben die Gäste noch zahlreiche Möglichkeiten. Türkgücü, das ob seiner 21 teils hochkarätigen Zugänge als Topfavorit auf den Aufstieg gilt, startet somit planmäßig in Liga vier - wenngleich die Chancenverwertung Fragen aufwirft.

"Es hätte zur Halbzeit auch 6:0, 7:0 oder 8:0 stehen können", sagte Trainer Reiner Maurer nach dem Spiel, sehr zum Ärger der bei der Pressekonferenz noch anwesenden Schalding-Fans, die diese zutreffende Aussage mit höhnischem Gelächter quittierten und dem ehemaligem Löwen-Trainer Arroganz vorwarfen. Dabei war Türkgücü mindestens eine Klasse besser als die Niederbayern, die bereits in ihre siebte Regionalliga-Saison gehen und wohl erneut gegen den Abstieg kämpfen werden müssen. "Vor dem Tor waren wir heute nicht so effizient wie sonst", sagte Maurer, außerdem habe das Glück gefehlt - gleich dreimal scheiterten seine Stürmer am Aluminium. "Normal gehen die rein, dann ist das Spiel gelaufen", sagt Maurer. Überraschend aber komme die maue Ausbeute nicht: "Wir spielen erst fünf Wochen zusammen. Die Mannschaft braucht Zeit."

Dieser Satz darf durchaus als Drohung an den Rest der Liga verstanden werden, denn Abstimmungsprobleme waren bei den Gästen nicht zu erkennen. Vor 1904 Zuschauern dominierte die Profimannschaft in der ersten Halbzeit das Spiel nach Belieben, sowohl technisch als auch taktisch konnten die Schaldinger den Münchnern nichts entgegensetzen. Immer wieder wechselte Türkgücü im Aufbau sein Vorgehen, Schaldings Mittelfeldspieler hatten überhaupt keinen Zugriff. "In dieser Phase war ich sehr zufrieden", sagte Maurer.

Das erste Tor in der Regionalliga-Geschichte von Türkgücü München war dann Karl-Heinz Lappe, 31, vorbehalten, der nach einer Vorlage von Marco Holz, 29, nur noch einzuschieben brauchte (21.). "Ein super Gefühl" gebe dieser Treffer, sagte Lappe und ergänzte: "Den muss ich aber auch machen, ich hab' davor ja schon drei Riesenchancen vergeben." Als Holz nur 60 Sekunden später mit einem traumhaften Weitschuss die Führung ausbaute, war das Spiel entschieden, nur die Höhe des Sieges schien offen.

Doch ein drittes Mal wollte der Ball nicht rein. Auch der beste Spieler auf dem Platz, Kasim Rahibic, konnte SVS-Keeper Schöller nicht mehr bezwingen. Dennoch war beeindruckend, was der ehemalige Pipinsrieder Rabihic am linken Flügel anbot. Immer wieder zog er mit Tempo die Außenbahn entlang, brach dann unvermittelt ab und kreuzte nach innen. "Ich war schon zufrieden mit meiner Leistung", sagte Rahibic, "die Chancenverwertung muss aber besser werden."

Schalding hatte lange Zeit keine Antwort auf die Finten des 26-Jährigen. Erst kurz vor der Halbzeit stellte Schaldings Spielertrainer Stefan Köck, 34, das System um und ließ Rahibic doppeln.

"Wir spielen noch nicht in Bestbesetzung", sagt Türkgücüs Geschäftsführer Hettich

Tatsächlich bewirkte diese Änderung einen Bruch im Spiel des Favoriten. Türkgücü baute im zweiten Durchgang merklich ab, Schalding war nun besser im Spiel und hätte mit Glück sogar noch den Anschlusstreffer erzielen können. Türkgücü-Torwart Maxi Engl, 21, wusste dies aber gleich zweimal zu verhindern. Erschwerend kam dazu, dass sich der eingewechselte Masaaki Takahara, 23, gleich bei seiner ersten Aktion verletzte, das Spiel aber fertigspielen musste, weil das Münchner Wechselkontingent bereits erschöpft war. Dennoch: "Mit der zweiten Halbzeit können wir nicht zufrieden sein", sagte Geschäftsführer Robert Hettich. "Wir lassen uns aus der Ruhe bringen, wenn es mal nicht so läuft. Das darf nicht passieren."

Geschimpft werde aber nicht, auch Hettich verweist auf den noch andauernden Findungsprozess der Mannschaft. Außerdem habe man noch hoffnungsvolle Optionen wie Marian Knecht, 27, oder Michael Zant, 23, die noch verletzt sind, das Niveau der Mannschaft aber noch mal merklich heben dürften. "Irgendwann kommen die auch zurück", sagt Hettich, "wir spielen noch nicht in Bestbesetzung." Auch der Kaderplaner richtet also eine kleine Kampfansage an den Rest der Liga, der nun so langsam abschätzen kann, was da auf ihn zurollt.

© SZ vom 15.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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