TSV Unterhaching:"Wir tasten uns voran"

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Starkes Trio: Fabian Suck, Simeon Topuzliev und Jonas Sagstetter (v.l.) überzeugten beim ersten Saisonsieg in Berlin. Die 0:3-Niederlage tags darauf gegen Königs Wusterhausen nahmen sie konsterniert zur Kenntnis. (Foto: Wolfgang Fehrmann/ZUMA Wire/Imago)

Hachings Volleyballer holen in Berlin ihren ersten Saisonsieg - und bekommen tags darauf gegen Königs Wusterhausen ihre Grenzen aufgezeigt.

Von Sebastian Winter, Unterhaching

Unterhachings Kapitän Roy Friedrich begann sein Wochenendfazit mit einer Lobeshymne. Nicht die Mannschaft war der Adressat, die den VC Olympia Berlin mit 3:2 bezwungen hatte, bevor sie tags darauf durch die 0:3-Niederlage in Königs Wusterhausen wieder ziemlich geerdet wurde - sondern "der Börni". "Wir sind froh, dass wir den Börni haben", sagte Friedrich, "er macht die Orga, kümmert sich um Hotels und besorgt uns so viel Essen, dass ich die Hälfte meines Selbstgebrachten wieder zurück nach Hause nehme." Börni klingt nach Maskottchen, ist aber in Wahrheit Hachings Teambetreuer in der Volleyball-Bundesliga, Bernhard Eiter. Und diese Schnittstelle ist, zumal in Viruszeiten, quasi unkündbar.

Sightseeing-Touren durch Berlin organisierte Eiter der Ansteckungsgefahr wegen dieses Mal noch nicht. Die Hachinger pendelten eher zwischen Zimmer, Essenssaal, Videoschulungsraum und Halle, was ihnen, wenn man ihre Reise bilanziert, durchaus passabel gelungen ist. Jedenfalls war der 3:2 (21:25, 18:25, 25:20, 36:34, 15:5)-Erfolg gegen die Berliner Talentschmiede der erste Sieg in dieser Saison. Und das war ja eine durchaus spannende Frage gewesen: Können die jungen Hachinger, die in ihrer Premieren-Spielzeit nicht viele Duelle gewinnen werden, zumindest mit ihresgleichen mithalten? Also mit einem Gegner, dessen Spieler ebenfalls mitten in der Ausbildung stecken und ähnlich unerfahren sind? Der aber zugleich als Perspektivkader für Olympische Spiele und als Juniorennationalteam über beste Bedingungen am Stützpunkt in der Hauptstadt und über einen 20-köpfigen Betreuerstab verfügt.

"Sehr geärgert haben mich taktische Fehler, das war extra zuvor angesprochen worden", sagt Hachings Trainer Patrick Steuerwald.

Diese Frage kann man nun mit einem klaren Ja beantworten - auch wenn sich der Erfolg der Hachinger erst sehr, sehr spät herauskristallisierte. Die ersten beiden Sätze dominierte Berlin, auch weil die Hachinger, vor allem im zweiten Satz, ziemlich nervös waren. "Wir haben uns selber Druck gemacht, wollten unbedingt gewinnen und agierten leider verkrampft", erklärte Trainer Patrick Steuerwald nach der Partie, die ja auch eine besondere Ausgangsposition für seine Mannschaft bereitgehalten hatte.

Zum ersten Mal in dieser Saison befand sie sich in der Favoritenrolle: Wegen des besseren Satzverhältnisses gastierte nämlich der Vorletzte beim Schlusslicht. Mit dieser veränderten Anspruchshaltung kamen nicht alle Spieler gut zurecht, bei einigen war der Puls schlicht zu hoch. "Sehr geärgert haben mich taktische Fehler. Dass Berlin zu Beginn so viele einfache Punkte machen konnte, haben wir selbst zugelassen. Das war aber extra zuvor angesprochen worden", monierte Steuerwald.

Doch je länger das Spiel dauerte, desto besser wurde Unterhaching. Die zunächst auf der Bank gebliebenen Fabian Suck und Roy Friedrich brachten Sicherheit im Block, Alexandru Zahar übernahm im Angriff mehr und mehr Verantwortung. Jonas Sagstetter beendete den dritten Satz mit einem erfolgreichen Angriff.

Satz vier gegen Berlin taugt zum Lehrvideo, wenn es um enge Spielstände und flatternde Nerven geht: Er endet 36:34 für Haching.

Der vierte Satz dürfte beiden Mannschaften als Lehrvideo auch für die Zukunft taugen, wenn es um enge Spielstände geht. Zunächst wehrten Zahar und Hachings Libero Leonard Graven zwei Bälle mit dem Fuß ab, letzterer landete direkt zum 5:4 im Berliner Feld. Später ging es in die Verlängerung, in der Berlin mehr als ein halbes Dutzend Matchbälle vergab. Durch ein Ass von Zuspieler Benedikt Sagstetter gingen die Oberbayern mit 34:33 in Führung. Ein Einerblock von Mohamed Chefai, dessen Leistung Steuerwald als "richtig stark" lobte, rettete die Hachinger in den fünften Satz. Berlins Nervenkostüm war nun zusammengefallen, die Talente des VC Olympia überließen dem TSV fast kampflos den ersten Sieg.

Welch großer Lernprozess aber noch vor Steuerwalds Mannschaft liegt, zeigte sich dann kaum 24 Stunden später in der Partie gegen Königs Wusterhausen, die 0:3 (17:25, 20:25, 16:25) endete. Die Netzhoppers waren in allen Disziplinen überlegen, ob nun mit 13:3 direkten Blocks oder 9:2 Assen, vor allem im Aufschlag wurde ein Klassenunterschied deutlich. "Das waren Raketen, die haben uns an die Wand gespielt", sagte Friedrich, der ansonsten aber ganz zufrieden ist mit der Entwicklung des Teams: "Wir tasten uns mit kleinen Schritten voran."

Der Angriff ist noch eine kleinere Baustelle, der Aufschlag eine mittlere, das Umsetzen der taktischen Vorgaben eine große. Im Derby gegen Herrsching am kommenden Sonntag, in Düren und gegen Bühl können die Hachinger wieder ohne ganz großen Druck daran arbeiten - als klare Außenseiter.

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