TSV Dachau 65:Wenn der Dolli dreimal trifft

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Streng nach Drehbuch: Hier sehen Stefan Vötter und Torwart Maximilian Mayer zu, wie Holzkirchens Christopher Korkor wegrutscht. (Foto: Niels P. Joergensen)

Der Tabellenfünfte besiegt den Letzten Holzkirchen dank einer starken Offensivleistung mit 4:0. Mittelstürmer Christian Doll erledigt den Absteiger mit seinen Toren beinahe im Alleingang.

Von Fabian Dilger, Dachau

"Dolli" ist ein netter Spitzname, er hat etwas Harmloses. Wenn die Dachauer Fans ihn ausrufen, dann klingt es, als hätten sie ein Lächeln auf den Lippen. Auch wenn etwas nicht gelingt, wird mit Nachsicht geurteilt: "Ja, der Dolli!" Der Dolli heißt bürgerlich Christian Doll, ist ein gestandener Bayernliga-Torjäger und am Karsamstag wurde sein Name oft von den Rängen gerufen, aber vor allem, weil etwas gelungen war. Eigentlich hätte Doll, 31 Jahre alt, 1,70 Meter groß, nach dem Heimspiel gegen den TuS Holzkirchen einen viel kraftvolleren Spitznamen fordern können: "Killer" oder das klassische "Bomber" hätten sich angeboten. Denn Christian Doll schnürte einen lupenreinen Hattrick, der so effektiv und gleichzeitig bestaunenswert schön zustande gekommen war, wie es ihm bisher selten geglückt sein dürfte. Mit den drei Doll-Toren und insgesamt 4:0 (1:0) schickte der TSV 1865 Dachau den Absteiger wieder zurück ins Oberland.

Heimteam und Gäste kamen mit klar verteilten Rollen auf den Platz: Dachau mit Ambitionen auf die Aufstiegsrelegation, aber angefressen wegen der Niederlage gegen Ismaning ein paar Tage zuvor. Holzkirchen als Sparringspartner, der sich als abgeschlagener Letzter in die Punktelieferanten-Rolle zu fügen hatte. Nach 30 Sekunden Spielzeit sah es so aus, als hätten die Teams das Drehbuch bereits ein paar Mal zusammen probiert. Zurzeit ist es in der Bundesliga in Mode, sich spezielle erste Spielzüge auszudenken. Gleich mit dem ersten Ball nach dem Anstoß sollen die Schwächen des Gegners attackiert werden. Dachaus Spielertrainer Fabian Lamotte hat derlei Gedankenspielchen zwar nicht ausgearbeitet - "ganz so aufgezeichnet ist der nicht, der Spielzug" -, trotzdem landete die Kugel gleich nach einer halben Minute im Gästetor: Nach einem Ball auf rechts überspielte Sebastian Brey seinen Gegner und brachte eine scharfe Hereingabe nach innen, Mario Maric drückte den Ball aus fünf Metern unter die Latte.

Dachau überrumpelt seine Gäste - Maric schießt nach 30 Sekunden das erste Tor

Den Rest der ersten Hälfte nutzte Christian Doll dann, um das Publikum auf seinen Hattrick-Auftritt vorzubereiten. Erster Akt: Exposition, der Mittelstürmer macht das Publikum mit seiner Torlaune schon einmal bekannt, reizt und beschäftigt die Holzkirchner Abwehr immer wieder und gibt gefühlte 80 Prozent der Dachauer Torschüsse ab. Die Gäste waren im Spiel nach vorne größtenteils so harmlos, wie es im Drehbuch vorgesehen war, und hatten wenig Mittel, die Abwehr um Trainer Lamotte zu beschäftigen. So schlief das Spiel nach einiger Zeit ein: "Besonders vor der Pause sind wir, glaube ich, ein wenig zu passiv gewesen, auch offensiv dann nicht mehr so energisch", urteilte Lamotte.

Der ruhige Vorlauf leitete aber dramaturgisch perfekt auf den zweiten Akt des Doll-Auftritts hin: großer Knall nach der Pause. In der 49. Minute rückte Kapitän Dominik Schäffer mit dem Ball am Fuß auf die Holzkirchner Abwehr zu, steckte durch auf den sich freilaufenden Doll, und dieser überlupfte im Strafraum Torwart Benedikt Zeisel zum 2:0. In der 52. Minute ein ähnliches Spiel, Doll lief sich nach einem weiten Ball aus der Abwehr im Strafraum frei, ein Holzkirchner kreuzte hinter seinem Rücken, der Stürmer fiel, es sah arg nach Strafstoß aus. Schiedsrichterin Angelika Söder, die ansonsten wenig Probleme hatte, ließ weiterspielen.

Beim 4:0 schickt Christian Doll den Ball auf eine 40-Meter-Reise

In der 72. Minute gewährte sie Doll dann aber die Gelegenheit auf eine andere Standardsituation: Freistoß, 20 Meter, fast mittig vor dem Tor. Drei Schritte Anlauf von Doll, ein wunderbarer Zirkelschuss direkt in den linken Winkel, ein Wunder, dass Holzkirchens Zeisel überhaupt noch irgendwie seine Hände an den Ball brachte, aber vergeblich.

Christian Doll war noch nicht fertig, es fehlte der dritte Akt, das Finale: In der 81. Minute hielt er den Ball im Mittelkreis, Teamkollege Alexander Weiss war auf dem Weg nach vorne schon ins Abseits gelaufen. Doll schaute daher einmal hoch und schickte den Ball stattdessen auf eine 40-Meter-Reise, über den weit vorne stehenden Keeper Zeisel. "Der passt", kam schon während des Fluges von den Rängen - und der passte wirklich, vor der Torlinie noch ein kleiner Hüpfer, dann war Dolls Hattrick mit diesem wunderschönen Treffer perfekt.

"Vier Tore gemacht, von daher bin ich auf jeden Fall zufrieden", sagte Lamotte zur Offensivleistung seiner Mannschaft. Beide Teams waren zwar phasenweise sehr ruhig geblieben und hatten bei hohen Temperaturen manchmal in der Kategorie "viel zu heiß für zu viel Gerenne" gespielt - allerdings habe man auch englische Wochen hinter sich und trotzdem die Chancen sehr konsequent genutzt, sagte Lamotte. "Jetzt sind wir erst mal froh, dass wir wieder ein bisschen Pause haben, dass wir ein bisschen runterkommen, ein bisschen regenerieren können", sagte der Spielertrainer. Im nächsten Spiel muss der TSV 1865 nach Kirchanschöring.

© SZ vom 23.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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