TS Jahn München:Wichotes Abrechnung

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Kurze Bank, hängende Köpfe: die Jahn-Spielerinnen Anna Heise, Nicole Schmidt und Christina Schnorr (von rechts) gegen Ludwigsburg. (Foto: Claus Schunk)

Trainer Rüdiger Wichote kritisiert seine Basketballerinnen nach der 77:86-Pleite gegen das Team aus Ludwigsburg ungewohnt scharf. Die Spielerinnen berufen sich wiederum auf mildernde Umstände.

Von Karl-Wilhelm Götte, München

Die Zuschauer trauten beim Blick auf die Anzeigetafel ihren Augen nicht, welches Resultat vor dem finalen Spielviertel dort aufleuchtete. Mit 47:70 lagen die Zweitliga-Basketballerinnen der TS Jahn München bei ihrem Heimspiel am Samstag gegen die BSG Ludwigsburg zurück. 23 Punkte waren in den restlichen zehn Minuten nicht mehr aufzuholen. Das wusste auch Jahn-Trainer Rüdiger Wichote. Trotzdem spornte er seine Formation noch einmal an: "Wenn wir den Ball haben, spielen wir nur noch volle Pulle nach vorne." Doch der Endspurt der Münchnerinnen verpuffte bald, der Tabellendritte verlor die Partie in eigener Halle immer noch deutlich mit 77:86. Es war die dritte Niederlage in Serie, aber die Teilnahme an den Playoffs der besten vier Teams der Südstaffel scheint für den Jahn nicht in Gefahr zu sein.

Das Duell gegen Ludwigsburg begann gleich mit einem Schock für die Gastgeberinnen. Schon im ersten Angriff verletzte sich Julia Obländer bei einem Korblegerversuch nach nur drei Sekunden so schwer am Knie, dass sie nicht weiterspielen konnte. Da Johanna Häckel, Emily Bessoir und Verena Seligmann ebenfalls nicht auflaufen konnten und andere krank waren, musste Jahn München die Partie mit nur sechs Spielerinnen bestreiten. Das versetzte zunächst niemand in Panik, weil in Anne Delafosse, Anna Heise, Christina Schnorr, Nicole Schmidt und Jella Molz sehr erfahrene Akteurinnen auf dem Feld standen. Sechste im Bunde war die 18-jährige Lea Pfeifer, der Aktivposten im Spiel. Zudem war der Gegner aus Ludwigsburg nicht von höchster Qualität. Im Gegenteil: Die Gäste kamen als Tabellenvorletzter mit nur drei Siegen aus 13 Spielen angereist.

Doch das Übel zeichnete sich schon im ersten Viertel ab. Weder der Münchner Angriff noch die Verteidigung funktionierten. Ludwigsburg traf aus jeder Distanz, die Münchnerinnen verpassten leichtfertig Korb um Korb. Besonders von der Dreierlinie war die Wurfquote mit drei Treffern bei 17 Versuchen ein Debakel. Die Miene von Trainer Wichote verdüsterte sich immer mehr. "Wir haben die einfach spielen lassen", kommentierte er hinterher fassungslos den Auftritt seiner Mannschaft. Je mehr er das Spiel analysierte, desto frustrierter klang er. Schon zur Pause lag seine Mannschaft mit 27:46 zurück. 27 Punkte nach zwei Vierteln - ein Minusrekord. Wichote haderte vor allem mit der Verteidigung: "Das war ganz schlecht."

Auch nach dem Seitenwechsel wurde es nicht besser. Auszeiten Wichotes brachten keine Leistungssteigerung der Jahn-Spielerinnen. Die Ludwigsburgerinnen marschierten weiterhin kaum gehindert durch die löchrige Deckung der Gastgeberinnen, die sich auch im dritten Viertel im Angriff zu unpräzise präsentierten. "Die Einstellung der Spielerinnen hat mir überhaupt nicht gepasst", kritisierte der Trainer seine Akteurinnen so heftig wie nie. "Dreißig Minuten lang war die Defensivleistung eine Frechheit", schäumte Wichote.

"Wir können im Training kaum Fünf gegen Fünf spielen", kontert Nicole Schmidt

Dass es im letzten Spielabschnitt etwas besser wurde, konnte ihn kaum besänftigen: "Da ging es um nichts mehr." Die Mannschaft habe sich zu lange einfach gehen gelassen, was er nicht verstehe. "86 Punkte in eigener Halle kassiert, das gab es noch nie", so der Trainer kopfschüttelnd.

"Es läuft nicht", meinte Christina Schnorr nach dem Schlusspfiff kurz und bündig. "Wir können mangels Spielerinnen im Training kaum Fünf gegen Fünf spielen", fügte Aufbauspielerin Nicole Schmidt hinzu, während die Ludwigsburgerinnen nach dem für sie völlig unerwarteten Erfolg lautstark kreischten und jubelten. Auch deren Trainer, der Litauer Tomas Vilkius, war natürlich hoch erfreut. "München hat trotzdem eine gute Mannschaft", verabschiedete sich Vilkius brav mit einem Kompliment. Armin Sperber, der ehemalige Jahn-Basketballmanager, legte dagegen einen Finger in die Wunde: "Da sieht man, was Emily Bessoir wert ist." Das wollte Coach Wichote so nicht gelten lassen: "Die Spielerinnen, die heute da waren, hatten genügend Qualität."

Das große Jahn-Nachwuchstalent Bessoir leidet an einer chronischen Entzündung im Fuß. Trainer Wichote hofft, dass die 17-Jährige beim nächsten Spiel in Bamberg wieder dabei sein wird, vielleicht auch Verena Seligmann. Dafür fehlt Lea Pfeifer, weil die angehende Medizinstudentin fünf Wochen in Australien urlauben wird. Ein Sieg ist für München noch nötig, um die Teilnahme an den Playoffs zu sichern. In Bamberg beim Tabellenzweiten ist ein solcher Erfolg in dieser Verfassung wenig wahrscheinlich, eher schon Anfang März im Heimspiel gegen Speyer-Schifferstadt - den direkten Rivalen um Platz drei oder vier.

© SZ vom 18.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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