Trabrennen:Erinnerung an große Zeiten

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Für Deutschland am Start: Thomas Maaßen. (Foto: Marius Schwarz/imago)

In Daglfing findet am Donnerstag die Europameisterschaft der Amateurfahrer statt. Für den Münchner Verein ist der Aufwand enorm, doch es geht auch ums Prestige.

Von Andreas Liebmann, München

Am Ende soll ein Prestigegewinn stehen, doch ohne die zwölf polnischen Gastarbeiter, die in den vergangenen Tagen auf Anhänger verladen und nach München transportiert wurden, wäre das Ganze wohl zum Scheitern verurteilt. Daraus mache er keinen Hehl, sagt Sascha Multerer. Überhaupt habe der Münchner Trabrenn- und Zuchtverein (MTZV) diese Veranstaltung, die komplizierter zu organisieren sei als eine Fußball-Weltmeisterschaft, in einem "Anfall von Übermut" übernommen, sagt der Rennsekretär des Vereins - schmunzelnd zwar, aber doch mit dem Hinweis darauf, dass einige Wochen Kopfzerbrechen hinter ihnen liegen. "Es ist ein großer logistischer Aufwand für einen kleinen Verein." An diesem Donnerstag jedenfalls wird der MTZV auf seiner Trabrennbahn in Daglfing tatsächlich die Europameisterschaft der Amateurfahrer austragen.

Jene zwölf Helfer aus Polen sind die Traber, die noch als Starter gefehlt hatten. Diese EM des europäischen Verbands Fegat ist eine komplizierte Angelegenheit, sie besteht aus vier Rennen von 14 Amateurfahrern, die in jedem Rennen ein neues, ihnen unbekanntes Pferd lenken müssen, unterteilt in vier unterschiedlich starke Kategorien. Macht also 56 benötigte Pferde, die alles andere als leicht zu bekommen waren, und von denen nun etwa 40 aus Bayern kommen, wie zum Beispiel Man in Black vom Münchner Herbert Strobl, mit einer aktuellen Gewinnsumme von gut 75 000 Euro. "Das war uns wichtig, die Veranstaltung soll ja auch unseren Besitzern und Trainern zugute kommen", sagt Multerer.

Der Aufwand jedenfalls ist so enorm, dass alle anderen deutschen Bahnen schnell abgewunken hätten, als die Fegat-Vertreter es allmählich für überfällig betrachtet hatten, dass auch Deutschland wieder eine EM austrägt. Die letzte fand 2010 in Mönchengladbach statt. "Wir sehen das schon als Verpflichtung", sagt Multerer, aber ganz nebenbei erhofft sich der Verein natürlich auch Aufmerksamkeit.

Es ist doch erstaunlich: Vor fast 15 Jahren hat der MTZV seine Rennbahn verkauft, seitdem geistert er mit einer kriselnden Sportart auf einer Bahn herum, die er irgendwann verlassen muss, bislang mit ungewisser Zukunft. Das Datum des Wegzugs allerdings hat sich immer weiter verschoben, inzwischen auf 2026, und nachdem jahrelang nichts anderes mehr passiert war als der erfolglose Versuch, den Verkauf der Bahn juristisch anzufechten, sind in jüngerer Vergangenheit die Rennpreise allmählich wieder gestiegen und in Daglfing finden immer öfter auch gehobene Renntage statt - wie zuletzt etwa der Bayern-Pokal. Die EM, die zumindest kein finanzielles Risiko mit sich bringt, weil sich ein Sponsor dafür fand, ragt aus dem Programm noch ein wenig heraus. "Natürlich müssen wir auch unseren Alltagssport anbieten, um den Bestand zu erhalten", sagt Multerer, also um Züchtern, Trainern und Pferden ein Auskommen zu ermöglichen. Aber sie streben mit ausgewählten Rennen auch wieder mehr an die Öffentlichkeit, wollen mehr "Präsenz zeigen". Natürlich sei das jetzt kein wirklicher Vergleich, sagt Multerer, aber früher habe es zur Wiesn-Zeit immer die internationale Traberwoche gegeben, ein ganz kleines bisschen erinnere diese EM also auch "an die ganz große Zeit".

14 Nationen haben für Donnerstag ihre nationalen Champions geschickt, darunter etwa der Finne Janne Raisanen, Europameister von 2016 und Weltmeister von 2014. Für Deutschland tritt Thomas Maaßen an. Der 50-jährige Gastronom aus Willich in Nordrhein-Westfalen ist ein Nachrücker. Denn in Deutschland qualifiziert man sich üblicherweise bei der Deutschen Amateurmeisterschaft in Hamburg, was 2018 Franz Klein gelungen war. Der allerdings verzichtete. Deshalb kommt nun Maaßen zum Zug, der aktuelle deutsche Amateurfahrer-Champion. Dessen Chancen sind ebenso schwer vorherzusagen wie die aller anderen Teilnehmer, denn wegen der ungewohnten Pferde haben alle Fahrer dieselben Chancen auf den Titel. Rund um die EM-Läufe werden von 13 Uhr an noch sechs weitere Rennen ausgetragen. Ein bisschen Alltag läuft nebenher eben auch.

© SZ vom 02.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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