Toto-Pokalderby Deisenhofen gegen Heimstetten:B-Movie

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Seltenes Duell: Heimstettens Kapitän Tim Schels flüchtet mit Ball vor seinem Deisenhofener Gegenspieler. Für den Geschmack der Trainer hätte es ruhig mehr solcher Szenen im Toto-Pokalderby geben können. (Foto: Stephan Rumpf)

"Ohne Zweikampf und Geschwindigkeit": In der ersten Totopokal-Runde müht sich Regionalligist Heimstetten beim Bayernligisten Deisenhofen zu einem 2:1-Erfolg.

Von Christoph Leischwitz, Oberhaching

Ungefähr auf Höhe der Mittellinie lehnte ein Zuschauer mit einem grünen T-Shirt an der Bande, auf der Rückseite des Shirts war zu lesen: "Wenn wir nicht gewinnen, dann treten wir ihnen wenigstens den Rasen kaputt." Der Rasen des FC Deisenhofen sah aber noch ganz gut aus nach dem Spiel, die Gäste schienen gar kein Interesse zu haben, den Untergrund für seine Bayernliga-Saison ramponieren zu wollen. Gästetrainer Christoph Schmitt meinte, man habe ungefähr 85 Minuten "ohne jeden Zweikampf und ohne jede Geschwindigkeit" gesehen. Nur gegen Ende merkte man dem Regionalligisten SV Heimstetten dann schon an, dass er die erste Runde des Toto-Pokals überstehen wollte: Es wurde ein wenig ruppiger, Simon Werner musste mit Gelb-Rot vom Platz (87.), weil der Favorit begann, dem Gegner ab und an mal den Ball per Grätsche abzunehmen - aber das ja auch nur, weil der SVH in Führung lag. Am Ende gewann er das Pokalderby mit 2:1 (1:1).

Es war eines von wenigen Duellen auf Augenhöhe, die meisten Dritt- und Regionalligisten mussten in Dörfer reisen, von denen viele Spieler vorher noch nie gehört haben dürften. Und seit der Verbandspokal so viele bayerische Profivereine offeriert, weil zurzeit recht viele in der dritten Liga spielen, ist der Wettbewerb auch attraktiver geworden: In der nächsten Runde könnte ja 1860 München warten. Das ist gleichbedeutend mit: Tausende Euro Zusatzeinnahmen, weil dann ja jedes Amateurstadion automatisch ausverkauft ist.

Wie wichtig war also das Weiterkommen? "Jaaa, schon", sagt Heimstettens Trainer Schmitt. Aber eigentlich gehe es darum, dass "Jungs gefordert werden, die nicht ganz so viel spielen", normalerweise. Deisenhofens Trainer Hannes Sigurdsson sieht das ähnlich: "Wir haben neun Spielern Pause gegeben. Die anderen Jungs verdienen das, dass sie spielen dürfen." Dann könne man zugleich auch nicht erwarten, dass alles makellos läuft. "Sie sollen aus Fehlern lernen, reinkommen in unser System, das braucht Zeit", so der Isländer. Er sah nach dem 1:2 dann aber schon leicht angesäuert aus, was man als Indiz dafür deuten darf, dass auch er gerne weitergekommen wäre. Man sei ein wenig um Chancen beraubt worden, "zum Beispiel um einen klaren Elfer", sagte er.

Und dann hatte der Trainer ja auch noch Gelb gesehen kurz vor Schluss. Eine neue Strafmaßnahme, die laut Verbänden immer erst als letzte Sanktionsmöglichkeit herangezogen werden soll. Wenn es nach Sigurdsson geht, war es in seinem Fall allerdings überzogen: Er habe einen Ball in die Hand genommen, der "schon einen halben Meter im Aus" gewesen sei. Der 36-jährige ehemalige Nationalspieler äußerte wenig Verständnis für die Entscheidung des Schiedsrichters. Allerdings gibt es in der Saison 2019/20 eine weitere Neuerung: Zeitspiel jeglicher Art wird rigoroser bestraft als früher, und dazu gehört auch, dass jemand an der Seitenlinie den Ball eben nicht in die Hand nehmen darf - darauf sei in Schulungen ausführlich hingewiesen worden, heißt es beim Verband. Wie viele gelbe Karten zu einer Sperre führen, wird übrigens erst noch beschlossen.

Rein sportlich durfte Sigurdsson aber durchaus zufrieden sein. Die Partie hatte gezeigt, dass die B-Mannschaft des Bayernligisten der B-Mannschaft des Regionalligisten durchaus auf Augenhöhe begegnete. Probleme hatten die kompakt stehenden Deisenhofener ab und an nur mit Heimstettner Kontern. Daraus entsprang dann auch die Führung durch Simon Werner (20.). Die Gäste hatten ein leichtes Chancenplus, dann nutzte aber Deisenhofens Simon Richter nach einem Eckball den freien Raum im Strafraum für einen erfolgreichen Drehschuss (29.).

Die aus sportlicher Sicht wichtigste Erkenntnis bei Heimstetten: Es gibt nach Lukas Riglewski, der am Dienstag nur als Zuschauer dabei war, neuerdings einen weiteren gefährlichen Freistoßschützen. "Ich wusste, dass der reingeht", sagte Trainer Schmitt später. Denn die Lage sei für den Sommerzugang Alexander Rojek perfekt gewesen, ziemlich zentral, gute 20 Meter. Der Ball landete über der Mauer im rechten unteren Eck (76.). Dann relativierte Schmitt: "Gehofft habe ich es, dass er reingeht. Ich wollte einfach nur den Deckel draufhaben auf dem Spiel." Gefallen hatte ihm die Darbietung nur bedingt.

Und wer weiß, wie weit man für das Spiel in der zweiten Runde fahren müsse. Schmitt hält nicht viel vom neuen Pokal-Losverfahren ("Käse"), wonach höherklassige Teams wie seines womöglich Hunderte Kilometer zu ihren Auswärtsspielen fahren müssen. Am Samstag tritt Heimstetten beim FC Schweinfurt 05 an. Vermutlich weniger Ballbesitz, ein weniger tief stehender Gegner, "eine ganz andere Kiste", sagte er. Aber ganz sicher eine ziemlich weite Fahrt. Ist aber auch ein Ligaspiel.

© SZ vom 08.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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