Tischtennis:Offene Standortfragen

Lesezeit: 3 min

Zweitligist Fürstenfeldbruck muss sich in der seit dieser Saison eingleisigen Spielklasse erst zurechtfinden. Nach dem überraschenden Auftaktsieg steht der Klub vor dem ersten Heimspiel gegen Weinheim - und vor der Frage, wer künftig an Position eins spielt

Von Matthias Schmid, Fürstenfeldbruck

Offiziell waren 240 Zuschauer in der Halle von Bad Königshofen. Das ist nur ein winziger Haufen im Vergleich zu den großen Arenen, die der Tischtennissport regelmäßig in China füllt. Für Filip Cipin waren es aber zu viele, um sich voll und ganz dem Sport widmen zu können. "Ich war ziemlich nervös", bekennt der kroatische Zugang des Zweitligisten SC Fürstenfeldbruck: "Ich habe noch nie vor so vielen Leuten gespielt."

Beim 6:3-Sieg zum Auftakt der neuen Saison verlor der 21-Jährige in der vergangenen Woche sowohl das Doppel an der Seite von Bojan Crepulja als auch sein Einzel. Cipin wird bei seinem neuen Klub viele wertvolle Erfahrungen und Eindrücke für seine Karriere gewinnen. Er steht erst am Anfang einer hoffnungsvollen Laufbahn als professioneller Tischtennisspieler. "Er war nie ein Riese in der Jugend", sagt Fürstenfeldbrucks Abteilungsleiter Rudolf Lutzenberger. Doch auch aus einem Spätstarter kann noch etwas werden. Davon ist Andras Podpinka vor dem ersten Heimspiel an diesem Sonntag (14 Uhr) gegen den TTC 1946 Weinheim überzeugt.

Brucks Trainer geht davon aus, das Cipin noch viele Siege für seinen neuen Verein einfahren wird. Bei Lee Chia-Sheng muss Podpinka nicht mehr den Konjunktiv bemühen, der taiwanesische Spitzenspieler holte in Königshofen drei Siege, zwei davon im Einzel. "Ich habe bisher selten einen 19-Jährigen erlebt, der psychisch so stark ist", sagt Lutzenberger. Lee verlor im Einzel keinen Satz, aber vier seiner sechs Sätze entschied er nur mit zwei Bällen Abstand. "Er spielt so abgeklärt wie ein Dreißigjähriger", lobt Lutzenberger. Auch Podpinka ist von dem Linkshänder ganz angetan, der abseits der Platte am liebsten schweigt.

Der ehemalige Weltklassespieler aus Belgien, einst WM-Zweiter, war mit ein Grund, warum der taiwanesische Verband Lee nach Oberbayern schickte. Sechs Spieltage, bis zum 2. November, soll er für Bruck im Ausland spielen und sein Niveau unter der Anleitung Podpinkas anheben, ehe er gestärkt heimkehrt zu seiner Nationalmannschaft. So sieht es die Abmachung zwischen dem SCF und dem taiwanischen Verband vor. "Der Nationaltrainer vertraut Andras da voll und ganz", sagt Lutzenberger. Wer anschließend die restlichen drei Partien für die Brucker bestreiten wird, steht nicht abschließend fest. Einen klaren Plan verfolgt Lutzenberger dennoch.

"So abgeklärt wie ein Dreißigjähriger": Lee Chia-Sheng, 19, Teilzeitarbeiter aus Taiwan. (Foto: AFP)

Dafür hat er Chang Shun-Hung, einen weiteren Taiwanesen, ja auf die Meldeliste schreiben lassen. Für Fürstenfeldbruck geht es in dieser Saison in der neuen, eingleisigen zweiten Liga darum, auch in der nächsten Saison dort spielen zu dürfen. Die Liga ist sehr ausgeglichen. "Bis auf die Supermannschaft aus Passau liegen alle Teams sehr eng zusammen", sagt Lutzenberger.

Auf einen absoluten Spitzenspieler kann und will der Klub deshalb nicht verzichten. Chang könne Lee ohne weiteres ersetzen. Er spielte in der vergangenen Saison in der französischen ersten Liga bei Metz TT. Für diesen Klub tritt auch Yunli Schreiner, die Mutter des Brucker Spielers Florian Schreiner, in der ersten Liga und in der Champions League an, sie hat Chang dort kennen und schätzen gelernt. Sie empfahl ihn als Spitzenspieler, weil sie wusste, dass er wegen seines Militärdienstes derzeit keinen großen Klub finden kann. Nur deshalb konnte sich Fürstenfeldbruck diese überraschende Option leisten. Sollte sich Changs Einsatz aber wider Erwarten doch zerschlagen, hätte Lutzenberger eine weitere Alternative parat: Andras Podpinka nämlich.

Auch wenn der mittlerweile 47 Jahre alt ist, kann er noch immer mithalten in der zweiten Liga. Sein Alter sei kein limitierender Faktor. "Er spielt sehr clever und lässt die anderen laufen", sagt Lutzenberger, "unsere Jungs gewinnen kaum gegen ihn." Aber sowohl Podpinka selbst als auch der Abteilungsleiter hoffen, dass dieser Fall nicht eintritt. "Wir spielen ja bewusst mit einer jungen Mannschaft, die wir noch entwickeln können", sagt der gebürtige Ungar Podpinka. Auch Lutzenberger will ihn nur im äußersten Notfall bringen.

An diesem Sonntag wird Podpinka definitiv am Rand des Tisches sitzen und seinen Spielern in den Pausen wertvolle Einschätzungen und Hilfestellungen liefern. Vor allem Filip Cipin wird seinen Zuspruch brauchen, denn in Fürstenfeldbruck ist das Interesse groß am Tischtennis. Unter Umständen könnten da leicht doppelt so viele Menschen wie in Königshofen kommen. "Ich freue mich schon drauf", sagt Cipin. Er meint es ernst.

© SZ vom 13.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: