Tennis:Perfektes Plätzchen

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Tennisfreunde Dachau ernten für die Ausrichtung der deutschen Tennis-Teammeisterschaft viel Lob. Bayern scheitert im Halbfinale

Von Matthias Schmid, Dachau

Kevin Krawietz hatte den perfekten Platz gefunden, um gleich zwei Dinge auf einmal tun zu können. Die Tennisanlage der Tennisfreunde Dachau an der Gröbenrieder Straße bietet dafür genügend Raum und Grün. Krawietz, der Spitzenspieler des Bayerischen Tennis-Verbandes (BTV), benötigte einerseits ein schönes Schattenplätzchen, das er am Samstagnachmittag angesichts der intensiven Sonneneinstrahlung unter einem Baum fand. Andererseits musste er zeitgleich zwei Matches verfolgen können, die Matches seiner Teamkollegen. Es liefen parallel die beiden entscheidenden Doppel. Es ging um den Finaleinzug bei den Großen Meden-/Poensgen-Spielen, den deutschen Mannschaftsmeisterschaften der Landesverbände des Deutschen Tennis-Bundes (DTB). Bayern führte gegen die favorisierte Auswahl Niederrheins nach den Einzeln 3:1. Ein Sieg genügte dem Titelverteidiger also, um abermals ins Endspiel dieses prestigeträchtigen Wettbewerbs einzuziehen. Krawietz sollte an seinem pittoresken Plätzchen noch ereignisreiche Stunden erleben.

Begonnen hatte der Ländervergleichskampf bereits am Donnerstag mit den ersten Gruppenspielen. 15 der 18 Landesverbände hatten ihre gemischten Teams nach Dachau beordert. Erst seit dem Jahr 2006 gibt es ein gemeinsames Turnier für Männer und Frauen, vorher waren die Geschlechter getrennt. Die Tennisfreunde waren Ende der neunziger Jahre jeweils schon Gastgeber der Großen Medenspiele (Männer) und der Poensgen-Spiele (Frauen). "Dass wir jetzt beide auf der Anlage haben, ist das größte Tennisereignis, das wir je im Klub hatten", sagte Helmut Treutler, der Erste Vorsitzende. Nicht nur an seinem Lächeln, das ihn die ganzen Turniertage über begleitet hatte, war abzulesen, dass es ihm eine besondere Freunde war, diese Meisterschaften ausrichten zu dürfen. "Es ist schon toll für uns, dass wir unseren Mitgliedern solch hochklassige Spiele bieten können", fand Treutler.

Für ihn persönlich war es der Höhepunkt seiner langen Karriere als Klubchef. Seit 14 Jahren führt er die Tennisfreunde als Vorsitzender, hat in dieser Zeit viel erlebt. Treutler musste erkennen, dass Profitennis viel Geld kostet und dass es nur mit einem großzügigen Gönner oder Sponsor möglich ist, mit den beiden Aktivenmannschaften in der dritthöchsten Klasse, in der Regionalliga, mitmischen zu können. "Wir können uns nicht mehr leisten", bekennt er offen. Er sagt das ohne Gram, ganz pragmatisch. Aber als Freund der Sportart möchte er seinen Mitgliedern etwas bieten können. Aus diesem Grund halte er "stets die Ohren offen", wie er es formuliert. Er will nah dran sein am Verband und an den Möglichkeiten, die sich - auch kurzfristig - im Turnierkalender ergeben können.

Erst verlor Kevin Krawietz sein Einzel im Halbfinale, dann schied auch noch die Mannschaft des Bayerischen Tennis-Verbandes unglücklich aus. (Foto: Niels P.Jørgensen)

Turniere mit Preisgeldern oder sogar Weltranglistenpunkten sind schon lange vergeben oder nur schwierig zu bekommen. Daher war es für Treutler selbstverständlich, dass er im vergangenen Jahr, als feststand, dass Bayern als Titelverteidiger die Spiele ausrichten muss, die Bewerbung einreichen würde. Und die Erfolgsaussichten waren nicht schlecht, in Bayern kommen nämlich nur vier Klubs als Gastgeber in Frage, denn vorgeschrieben sind mindestens 16 Plätze. Neben Dachau weisen nur noch Iphitos München, Siebentisch Augsburg und Rosenheim diese Anzahl auf. Passend zur 40-Jahr-Feier im vergangenen Jahr überbrachte BTV-Präsident Helmut Schmidbauer Treutler die frohe Kunde, dass er die Mannschaftsmeisterschaften austragen dürfe. "Damit ging für mich ein Herzenswunsch in Erfüllung", sagt Treutler, und es klingt fast zu pathetisch. Doch in seinem Fall meint er es genau so, wie er es sagt. Treutler war ein sichtlich stolzer Gastgeber.

Und die Dachauer Anlage im Süden der Stadt kam bei den Spielern sehr gut an. "Sie ist wirklich genial", lobt auch der DTB-Vizepräsident Bernd Greiner: "Das viele Grün und die Anordnung in Einheiten mit zwei Plätzen nebeneinander sind ideal." Auch Krawietz hatte nichts auszusetzen, im Gegenteil: "Es macht sehr viel Spaß hier zu spielen." Für den Tennisprofi des TC Großhesselohe sind die Medenspiele mehr als nur eine nette Abwechslung von der Hatz um den Globus, vom Leben als Einzelkämpfer auf der Tour. "Für uns hat das schon einen großen Stellenwert im Turnierkalender", sagt der 22-Jährige. Aus diesem Grund hatte der Verband in Krawietz, Hannes Wagner (Großhesselohe), Johannes Härteis (1. FC Nürnberg), Daniel Baumann (TC Ismaning), Marie-Luisa Huber (Grün-Weiss Luitpoldpark München) und Lena Ruppert (TC Amberg) auch seine besten Nachwuchsspieler aufgeboten, lediglich Julia Thiem (Luitpoldpark) musste kurzfristig absagen. Und wie sich gegen Niederrhein mit den beiden Erstligaspielern Peter Torebko (Rochusclub Düsseldorf) und Jeremy Jahn (Blau-Weiß Neuss) zeigte, waren die Bayern ein ebenbürtiger Gegner. Mehr noch: Durch Härteis, Huber und die erst 15-jährige Ruppert ging Bayern nach der Niederlage von Krawietz überraschend in Führung. Doch in den Doppeln mussten sie dann die Überlegenheit Niederrheins anerkennen. Härteis/Wagner verloren gegen Torebko/Jahn ebenso in zwei Sätzen wie Huber/Melanie Hafner gegen Anne Schäfer/Imke Küsgen.

"Es ist bitter, wenn man mit einem 3:3 ausscheidet", sagte Krawietz. Niederrhein hatte wegen der besseren Bilanz in den Sätzen das Finale gegen Westfalen erreicht, dieses aber 2:4 verloren. Die Großen Meden-/Poensgenspiele werden im nächsten Jahr also in Westfalen ausgetragen. Helmut Treutler findet das ein bisschen traurig. Er hätte sie auch 2015 gerne ausgerichtet. "Vielleicht kommen wir ja noch mal in den Genuss." Nicht nur Kevin Krawietz hätte dann wieder ein perfektes Plätzchen.

© SZ vom 01.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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