SZ-Serie: "Ost-Süd-Nord":Marke Eigenbau

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Werder, FC Bayern, Holstein Kiel, Hallescher FC - und nun Sportfreunde Aying: Marco Stier ist vor seiner ersten Trainerstation viel herumgekommen. (Foto: imago sportfotodienst)

Die Sportfreunde Aying sind seit Sommer erstmals in der Bezirksliga dabei, ihr Ziel: der Klassenerhalt. Mit dem Saisonverlauf dürfen der Klub und Trainer Marco Stier durchaus zufrieden sein

Von Stefan Galler, Aying

Für das entscheidende Heimspiel im Mai hatten sie sogar eine Zusatztribüne aufgestellt, schließlich war der Andrang im knapp 1800 Einwohner großen Gemeindeteil ziemlich groß. Und so kamen dann auch mehr als 300 Zuschauer, um mitzuerleben, wie die Sportfreunde Aying im Kreisliga-Duell gegen den ASV Antdorf mit 3:0 die Oberhand behielten und erstmals in der Vereinsgeschichte den Sprung in die Bezirksliga schafften. Es folgten die obligatorischen Bierduschen für den Trainer, den ehemaligen Profi Marco Stier, und seine Männer, die sich ganz schnell die eigens bedruckten Meister-T-Shirts überzogen.

Mittlerweile ist fast ein halbes Jahr vergangen und die Sportfreunde - vor Saisonbeginn als krasser Außenseiter in der Süd-Staffel gehandelt, haben sich in der neuen Spielklasse etabliert. "Na ja, wir versuchen in erster Linie, die Klasse zu halten", sagt Fußball-Abteilungsleiter Christian Hartl. "Aber eines ist klar: Wenn wir im Frühjahr so weitermachen, sind wir absolut zufrieden." Der Klubpräsident Manfred Schröder kann da nur beipflichten: "Wir können die Winterpause beruhigt verbringen, unser Ziel ist es, die Klasse zu halten und dann weiterzuschauen."

Nach 20 Spieltagen liegt der Neuling auf Tabellenplatz zehn, fünf Punkte vor dem Relegationsrang und acht Zähler vor dem ersten direkten Abstiegsplatz. Sieben Siege konnte das Team von Trainer Stier schon einfahren, am beeindruckendsten war dabei sicher neben dem 6:1 in Großhadern der 5:0-Erfolg gegen den TSV Grünwald Mitte November. Die vier Tore vor der Pause waren damals allesamt aufs Konto von Kapitän und Torjäger Benedikt Wohlschläger gegangen, insgesamt hat der 23-Jährige mittlerweile zehn Mal getroffen. "Es war wie bei Bayerns Lewandowski: Auf einmal ist der Knoten geplatzt", sagt Vorstand Schröder. Spartenchef Hartl ergänzt: "Er ist ohne Frage ein sehr wichtiger Mann für uns."

Was auch für Simon Richter gilt. Der 22 Jahre alte Stürmer kam vor der Saison vom ambitionierten Landesligisten FC Deisenhofen und hat bereits vier Mal getroffen. "Dass solche Spieler zu uns kommen, liegt auch daran, dass ein Name wie Marco Stier junge Talente anzieht." Der 31 Jahre alte gebürtige Hamburger zählte 2004 zum Kader des Doublegewinners Werder Bremen, allerdings blieb er in der glänzend besetzten Mannschaft mit Spielern wie Ailton oder Johan Micoud ohne Bundesligaeinsatz. Schon mit 15 Jahren, als er für den FC St. Pauli und die Hamburger Jugendauswahl kickte, hatte er ein Angebot von Manchester United vorliegen. Dass es dennoch nie für eine richtig erfolgreiche Profikarriere reichte, lag für ihn am fehlenden Glück: "Immer wenn ein Stammspieler verletzt war, war ich auch nicht ganz fit", sagte Stier einmal in einem Interview. Später spielte er für die Regionalligamannschaft des FC Bayern, bei Holstein Kiel und dem Halleschen FC. Der 48-malige Juniorennationalspieler siedelte nach seiner aktiven Karriere nach Aying um, spielte dort zunächst noch selbst ein wenig in der Kreisliga mit und wechselte dann im Sommer 2014 auf den Trainerstuhl. Parallel betreibt er in Aying eine Fußballschule. Ein Glücksfall für die Sportfreunde, sagt Schröder über Stier. "Er hat einen Namen und macht ein Top-Training."

Dass Stier und seine Mannen in Aying unter optimalen Bedingungen arbeiten können, haben sie dem Fleiß der Vereinsmitglieder zu verdanken. Das Klubgelände haben die Sportfreunde nämlich vor einigen Jahren selbst aufgebaut. "Bis auf den Außenputz haben alles wir gemacht", sagt Schröder. "Wirtschaft, Gymnastikraum, Flutlicht. Insgesamt waren das mehr als 12 000 Arbeitsstunden." So habe alles zusammen weniger als eine Million gekostet. "Andere Vereine geben schon 600 000 Euro nur für einen Kunstrasen aus."

Nicht nur das Ambiente in Aying, auch die Mannschaft kann sich sehen lassen: In der Abwehr halten der ehemalige Fürstenfeldbrucker Kevin Horn und der frühere Großhaderner Maximilian Kloo den Laden zusammen, im Mittelfeld zählen Jonas Striegel, Stefan Hart, Felix Drotleff und der torgefährliche Wolfgang Mayr zu den Leistungsträgern. Dabei haben die Ayinger auch noch mit großem Verletzungspech zu kämpfen: Stürmer Thomas Veicht plagen Knieprobleme, Adrian Graber und Maximilian Renk zwickt es schon seit Monaten in der Leiste. "Nur gut, dass der Kader groß genug ist", sagt Abteilungsleiter Hartl.

Dabei zahlen die Ayinger keinerlei Prämien, geschweige denn ein Grundgehalt: "Auch nicht unter der Hand", wie Schröder betont. "Wir sind eine verschworene Gemeinschaft, das ist alles, auch wenn die ganze Welt meint, wir hätten etwas Großes in der Hinterhand." Der Vorsitzende spielt auf die Ayinger Brauerei an. Seit der Aufstiegsfeier wissen Stier und seine Männer zwar, wie sich deren Bier auf Haut und Haaren anfühlt. Abteilungsleiter Hartl betont auch die Bedeutung des "Ayinger Bräus" für den Fußball im kleinen Vorort: "Die haben immer ein offenes Ohr für uns Sportler und unterstützen uns nach Kräften." Aber - und das ist den Sportfreunden wichtig - eben nicht mit Geld.

© SZ vom 04.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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