SZ-Serie "Fanbeziehung":Trommeln aus tiefstem Herzen

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Fürstenfeldbrucks Drittliga-Handballer haben eine der stimmungsvollsten Heimstätten der Liga. Das liegt nicht unwesentlich an der Gruppe Diappo.

Von Christian Bernhard, Fürstenfeldbruck

Die Handballer des TuS Fürstenfeldbruck blicken auf erfolgreiche Jahre zurück, seit drei Spielzeiten hält sich das Team um Trainer Martin Wild in der dritten Liga. Mindestens genauso stolz macht es sie, dass ihre Halle als stimmungsvollste der Liga gilt. Mehr als 800 Zuschauer befüllen sie im Schnitt, kein Drittligist hat mehr. Ebenso wenig hat die Konkurrenz jene spezielle Unterstützung, auf die der TuS zählen kann. Am rechten Rand der Tribüne, in den ersten drei Reihen, ist bei jedem Heimspiel ein bunter Haufen anzutreffen, der aus dem stimmungsvollen Ganzen noch hervorsticht. Es ist die Trommlergruppe Diappo, die afrikanisches Flair in die Halle bringt. "Wir sind in der Liga für besondere Stimmung bekannt", sagt Wild. Und Diappo habe einen großen Anteil daran.

Diappo bedeutet "an den Händen halten", seit 2014 heizen die bis auf einen Mazedonier allesamt afrikanischen Mitglieder der Gruppe dem Gegner in der Wittelsbacher Halle ein. Der Kontakt zu Diappo-Gründer Helmut Heins kam über den ehemaligen TuS-Manager und heutigen Oberbürgermeister Erich Raff zustande, die beiden kennen sich schon lange. Mittlerweile wissen auch die Gästefans, dass sie in Fürstenfeldbruck auf besondere "Gegner" treffen. "Famos" befand der Hamburger SV die Trommler.

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(Foto: Johannes Simon)

"Sie sind Teil unseres Vereins": Das Trommeln ist mehr als ein Hobby für die Mitglieder von Diappo.

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(Foto: privat)

Es gibt ihnen Halt - ebenso natürlich wie den Handballern des TuS.

Normalerweise ist die Gruppe bei Heimspielen am Start, ihre Reise zum Auswärtsspiel in Friedberg im Mannschaftsbus war eine Ausnahme. Doch die TuS-Handballer und Diappo sind eng verbunden. "Sie sind Teil unseres Vereins", sagt Wild. Ihr Abklatschen mit den Spielern ist zum Ritual geworden, ein Handballer engagierte sie sogar für seine Hochzeit. "Das ist Integration im besten Sinn", sagt Stefanie Keller, besser könne man sie kaum leben. Keller kümmert sich ehrenamtlich um die Trommler und andere Asylbewerber in der Umgebung. Im Wohnzimmer ihrer Wohnung in Olching sitzt Ibrahima Ngom, graues T-Shirt, Camouflage-Hose, sympathisches Lächeln. Der 37-Jährige aus dem Senegal versteht sehr gut Deutsch, erklärt sich aber lieber auf Französisch. Zwischendurch schnappt er sich - umgeben von afrikanischen Skulpturen, Büchern und Bildern - sein Handy und wechselt ins Wolof, seine Muttersprache aus dem Senegal. Das Handy klingelt an diesem Tag öfter als normal, denn für ihn und andere Mitglieder von Diappo steht der Umzug in eine andere Wohnung an. Für die Gruppenmitglieder ist das Trommeln mehr als nur Hobby, aufgrund der deutschen Richtlinien ist es ihnen während der Prüfung ihres Asylantrages nicht erlaubt zu arbeiten. "Wir tragen die Musik im Herzen", sagt Ngom. "Wir lieben, was wir tun."

Der Großteil der Gruppe kam vor vier oder fünf Jahren nach Deutschland, jeder hat sein eigenes Schicksal, sagt Keller. Ngom möchte nicht über seine Zeit im Senegal und die Umstände, die ihn nach Deutschland geführt haben, sprechen. Eines ist er aber: froh, dass es Diappo gibt. Um die 25 Trommeln gehören mittlerweile zum Diappo-Inventar, einige haben die Gruppenmitglieder aus dem Senegal mitgebracht. Geprobt wird zweimal pro Woche. "Diappo ist ein fester Punkt in ihrem Leben", sagt Afrika-Sympathisantin Keller. Einer, der ihnen Halt gibt. Viele Flüchtlinge erzählen ihr, das Schlimmste sei, in den Unterkünften zu sitzen und die Wände anzustarren, berichtet sie.

(Foto: N/A)

Im Laufe der Jahre hat sich Diappo in der Umgebung einen Namen gemacht. Sie traten schon bei Festivals, Stadtfesten und Weihnachtsmärkten auf, beim American Football in Fürstenfeldbruck, bei Lauf-Events und beim Tischtennis in Kolbermoor. Die Fixpunkte im Diappo-Terminkalender sind und bleiben aber die TuS-Heimspiele. Das erste der neuen Saison findet an diesem Samstag (19.30 Uhr) gegen Oftersheim-Schwetzingen statt. Dann heißt es auch für Diappo wieder: schwitzen für den TuS. Denn das Trommeln sei so anstrengend wie eine Fitnesseinheit, sagt Ngom lächelnd. Ein Satz Handtücher gehört deshalb auch bei ihnen zur Grundausrüstung - nicht nur bei den Spielern.

SZ-Serie, Folge 6. Bisher erschienen: Bigreds, FCB-Basketball (10. August), Queerpass, schwul-lesbischer Fanklub des FC Bayern (16. August), Pooligans, BC Dachau (19. August), Hachinga Hammerblock, Alpenvolleys (23. August), Hoaschdeger Buam, SV Heimstetten (30. August)

© SZ vom 02.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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