SV Türkgücü-Ataspor:Erste Wahlheimat

Lesezeit: 2 min

Das Grünwalder ist die Hoffnung: Der wahrscheinliche Aufstieg von Türkgücü wirft eine alte Stadionfrage neu auf.

Von Christoph Leischwitz, München

Es war mal wieder nicht besonders viel los beim Heimspiel des SV Türkgücü-Ataspor am vergangenen Sonntag, und so waren die drei Herren auf der fast leeren Gegengerade, die sich angeregt unterhielten, leicht zu erkennen: Türkgücüs Präsident Hasan Kivran, Ewald Matejka, der Präsident des SV Heimstetten und aktuell Stadion-Vermieter für den Bayernliga-Spitzenreiter, sowie Rainer Koch, Präsident des Bayerischen Fußball-Verbandes (BFV). Koch postete gleich nach dem 1:0-Sieg des SV über den FC Ismaning einen längeren Eintrag bei Facebook: "Das Spiel und der Tabellenstand machen deutlich, woran die Stadt München arbeiten muss", hieß es darin, nämlich: Die drittbeste Münchner Mannschaft müsse zurzeit für ihre Heimspiele ins Umland ausweichen. Die Arena in Fröttmaning und das Grünwalder Stadion machten München "noch nicht zu einer perfekten Sportstadt", bemerkte Koch.

Damit wurde vom höchsten bayerischen Fußball-Funktionär ein Dauerthema neu angestoßen: München fehlt ein Stadion für den gehobenen Amateurfußball. Zumindest für den Fall, dass ein oder mehrere Stadtklubs in die Regionalliga aufsteigen sollten. Denn in der vierthöchsten Klasse sind die Anforderungen an die Stadien schon sehr hoch. So muss zum Beispiel die Trennung von Heim- und Gästefans vor, während und nach dem Spiel gewährleistet sein - eine Vorgabe, die in vielen älteren Stadien auch durch größere und teure Umbauten kaum umzusetzen ist. Hinzu kommt, dass schon bald eine Ligareform ansteht, womöglich gibt es in wenigen Jahren keine reine bayerische Regionalliga mehr. In diesem Fall dürften die Auflagen nicht geringer werden.

Hier könnte Ihr Vereinsname stehen: Die Anzeigetafel im Grünwalder Stadion, Sehnsuchtsort auch für den SV Türkgücü-Ataspor München. (Foto: Robert Haas)

Beim SV Heimstetten heißt es, dass der SV Türkgücü zwar ein gern gesehener Gast sei, und auch den zusätzlichen Einnahmen durch Platzmiete und Getränke- und Speisenverkauf ist man nicht abgeneigt. "Aber als ehrenamtlich geführter Verein würden wir langfristig an unsere Grenzen stoßen", sagt Präsident Matejka. Ein weiteres Jahr könne man organisatorisch noch stemmen. Mit anderen Worten: Von der Saison 2020/21 wäre Türkgücü wieder heimatlos. Und für andere Aufsteiger steht das Stadion womöglich auch nicht zur Verfügung.

Bei der Mannschaft von Trainer Andreas Pummer müsste angesichts der elf Punkte Vorsprung auf den Tabellenzweiten TSV Kottern schon viel passieren, dass der direkte Aufstieg misslingt, zumal schon die Rückrunde läuft und nur noch 13 Partien ausstehen. Während es dem Verband eher darum geht, dass München ein neues Stadion für mehrere Vereine bekommt, hat der aktuelle Aufstiegsaspirant eine klare Wunschheimat: das Grünwalder Stadion. Dort spielen aktuell allerdings schon der TSV 1860 München (3. Liga), der FC Bayern München II (Regionalliga) und die Frauen des FC Bayern (Bundesliga, Champions League). Diese drei Teams haben zusammen im Kalenderjahr 2018 schon 42 Pflichtspiele im Grünwalder Stadion ausgetragen. Ein weiterer Regionalligist im Städtischen Stadion würde Rasen und Personal noch mehr strapazieren. Die Bayern-Frauen immerhin haben zuletzt auch Partien auf dem neuen vereinseigenen Campus ausgetragen.

Türkgücü-Präsident Hasan Kivran. (Foto: Claus Schunk)

Das Sportamt der Landeshauptstadt bestätigt, dass derzeit Gespräche mit allen involvierten Vereinen geführt werden. "Eine Belegung des (Grünwalder) Stadions hängt von den Konstellationen der kommenden Spielzeit ab, also davon, welche Mannschaft in welcher Spielklasse spielt", heißt es. Weil beispielsweise erst im Mai feststeht, ob der FC Bayern II in die dritte Liga aufsteigt, bedeutet das für Türkgücü, dass der Verein beim Antrag zur Lizenzierung kommenden April mehrgleisig planen muss. Weitere Möglichkeiten werden zurzeit erörtert, Genaueres will die Stadt hierzu aber noch nicht sagen. Sicher scheint nur, dass die oft diskutierte Option Dantestadion nicht infrage kommt: Dieses sei voll ausgelastet und dauerhaft auf Schulsport, Leichtathletik und American Football ausgerichtet. Die bereits fortgeschrittenen Diskussionen zeigen aber: Unmöglich scheint es nicht mehr zu sein, dass Türkgücü in der kommenden Saison in seiner Wunschheimat spielt.

© SZ vom 16.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: