SV Türkgücü-Ataspor:Druckvolle Offensive

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Der Bayernliga-Aufsteiger verfolgt hohe Ansprüche: Elf neue Spieler stehen im Kader - mit durchweg klingenden Namen.

Von Stefan Galler, München

Natürlich denken sie im Verein schon einen Schritt weiter. Es wäre ja auch fahrlässig, würde man alles auf sich zukommen lassen und am Ende ist der ganze Aufwand dann womöglich umsonst. Der SV Türkgücü-Ataspor hat große Ambitionen, bis 2020 will der Klub den Sprung in die Fußball-Regionalliga schaffen. Den ersten Schritt haben Trainer Andreas Pummer und seine Mannschaft mittlerweile getan, als Meister der Landesliga Südost steigt der Verein in die Bayernliga auf. Und dank der - um es vorsichtig auszudrücken - offensiven Transferpolitik dürfte er auch in der fünften Liga wieder zum Favoritenkreis zählen.

Also machen sich Teammanager Kadir Alkan und Präsident Hasan Kivran schon mal Gedanken darüber, wo ihr Klub denn eine sportliche Heimat finden würde, wenn er das große Ziel, die Regionalliga, erreicht hat. Bereits nach dem Sieg in der Relegation gegen Freising, der den Aufstieg sicherte, sagte Alkan, er gehe davon aus, dass Türkgücü-Ataspor dann im Grünwalder Stadion antreten dürfe, weil das jedem Regionalligisten aus München zustehe. Damit wäre auch klar, dass es nicht zu einer verzweifelten Suche nach einer Spielstätte kommen wird wie im Falle des SV Pullach: Die Isartaler hatten vor einem Jahr mangels eines regionalligatauglichen Stadions auf den Aufstieg verzichtet, obwohl sie Meister der Bayernliga geworden waren.

Andreas Pummer lassen derlei Überlegungen völlig kalt, er konzentriert sich darauf, die sportlichen Hausaufgaben zu erledigen, was aufreibend genug ist, wie der 35-Jährige durchblicken lässt: "Auch wenn mir die Verantwortlichen viel Vertrauen geben und mir immer den Rücken stärken, muss ich schon sagen, dass echt Druck drauf ist." Er spielt auf die enormen Investitionen des Klubs in Spieler an, wodurch entsprechende Begehrlichkeiten geweckt würden: "Ohne mich selbst loben zu wollen: Das ist ein schwerer Job." Den Aufstieg geschafft zu haben, verleihe ihm jedenfalls "ein breites Kreuz".

Nun gilt es für den früheren Übungsleiter des FC Unterföhring, abermals einen großen Umbruch zu moderieren. Neun Spieler verlassen den Verein, darunter Dennis Vatany, der zum FC Ismaning wechselt, Uwe Schlottner, der das nötige Trainingspensum aus beruflichen Gründen nicht leisten kann, oder Tayfun Arkadas, der auch wegen zahlreicher Verletzungen die Hoffnungen des Vereins nicht erfüllen konnte. Auch Serkan Türkcan, Christos Ketikidis und Marcel-Pascal Ebeling werden bei Türkgücü nicht mehr gebraucht - sie klagten Teammanager Alkan öffentlich an, nicht mit offenen Karten gespielt zu haben. Der gibt sich enttäuscht: "Nach einem Abschied brauchen die Spieler einen Buhmann, und da ist es leicht, mich zu nehmen. Bei uns geht es aber nicht darum, ob die Spieler gut mit mir befreundet sind, sondern es geht um die Leistung." Wobei etwa Ebeling, der nun zum SV Heimstetten zurückgekehrt ist, im Saisonschlussspurt sieben Treffer in zehn Partien erzielt hatte. Trainer Pummer hält sich aus all dem heraus, er kümmert sich lieber um die bislang neun Zugänge, allesamt klingende Namen in der Branche. "Wir müssen die Neuen jetzt so schnell wie möglich integrieren und dann die Punkte holen, die nötig sind, um die Liga zu halten", sagt Pummer. Klingt nach Understatement, doch der Coach erinnert an den FC Ismaning in der vergangenen Bayernligasaison: "Die hatten auch ausschließlich super Fußballer und waren bis zum Schluss unten drin."

Was für den FCI galt, gilt umso mehr für den Türkgücü-Kader. So schließt sich dem Verein Verteidiger Luka Odak, 28, an, der beim FC Bayern im selben Jugendjahrgang wie Thomas Müller und Toni Kroos ausgebildet worden war und später für die SpVgg Unterhaching und zuletzt Rot-Weiß Erfurt in der dritten Liga kickte. Von Hansa Rostock kehrt der frühere 1860- und Pullach-Stürmer Chaka Menelik Ngu'Ewodo, 22, nach Oberbayern zurück. "An ihm war ich schon zu Unterföhringer Zeiten dran, dann hat ihn mir Pullachs Trainer Frank Schmöller vor der Nase weggeschnappt. Er ist mir noch was schuldig, deshalb hat er sich jetzt für uns entschieden", sagt Pummer.

Vom FC Pipinsried kommen die Mittelfeldspieler Arbnor Segashi, 23, und Ünal Tosun, 25, die der Türkgücü-Trainer bereits aus Föhring kennt. "Ünal war mein absoluter Wunschspieler und Nuri hat sich in Pipinsried extrem weiterentwickelt", sagt Pummer. Dazu kommen in Florian Mayer, 26, vom VfR Garching ein gestandener Verteidiger mit Offensivdrang, in Stefan de Prato, 27, vom FC Moosach ein Mittelstürmer mit Torinstinkt und in Mats Neumann, 22, vom FC Deisenhofen ein talentierter Abwehrspieler, der schon bei Eintracht Braunschweig und Holstein Kiel gekickt hat. Komplettiert wird die Riege der Neuen durch Markus Baki, 24, vom TuS Geretsried, der sich noch von den Folgen eines Kreuzbandrisses erholt, sowie den japanischen Angreifer Maasaki Takahara, 22, zuletzt beim FC Unterföhring.

Fast reflexartig kommt Pummer selbst auf die Vorwürfe zu sprechen, die seinem Verein wegen all dieser prominenten Zugänge entgegenschlagen: "Klar reduzieren die Leute das darauf, dass wir uns eine Mannschaft zusammenkaufen. Aber ich möchte auch mal klarstellen, dass die Bedingungen, unter denen wir arbeiten, nicht einfach sind." Gemeint ist die Bezirkssportanlage an der Heinrich-Wieland-Straße, die sich Türkgücü-Ataspor zurzeit mit vier anderen Klubs teilt. Trainingszeiten sind begrenzt, teilweise müsse man Plätze in Aying anmieten, weil man nur dort auf echtem Rasen unter Flutlicht arbeiten könne. Organisiert wird all das von einem kleinen Kreis an Leuten. "Da sind wir auch nicht besser aufgestellt als andere Vereine", sagt Pummer.

© SZ vom 28.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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