SV Siegfried Hallbergmoos:Kurz vor dem Kollaps

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Bundesliga-Gründungsmitglied, Rückzug, Wiederaufstieg: Der SV hat 95 bewegte Jahre hinter sich. Jetzt steht er in den Playoffs.

Von Alexander Kappen, Hallbergmoos

Als Sepp Fritsch, ein Urgestein des SV Siegfried Hallbergmoos, im Jahr 2012 zum Anlass des 90. Geburtstags seines Klubs nach dem Höhepunkt in seinem Ringer-Leben gefragt wurde, musste er nicht lange überlegen: Über allem stehe Platz zwei in der Bundesliga im Jahr 2006. Das Erreichen des Finals, das der SVS recht deutlich gegen Luckenwalde verlor, war nicht nur für den damaligen Cheftrainer Fritsch das Maß aller Dinge. Auch für den Verein selbst ist es bis heute der größte Mannschaftserfolg in seiner an Ereignissen nicht armen Geschichte, die nicht zuletzt in den Jahren nach dem Finaleinzug von so allerhand Turbulenzen geprägt war.

Vereinsikone: Peter Neumair, 1976 EM-Zweiter, hier nach einem gewonnenen Kampf bei der WM 1971 in Sofia … (Foto: imago sportfotodienst)

Der am 10. Juni 1922 von rund 20 Männern aus der Taufe gehobene Schwerathletikverein entwickelte sich zu einer Marke der deutschen Ringerszene. So zählte der Klub aus dem Landkreis Freising im Oktober 1964 zu den Gründungsmitgliedern der Bundesliga. In der Folgezeit ließ der SVS auch durch Einzelerfolge aufhorchen. Vor allem durch die von Peter Neumair, der zwischen 1969 und 1980 elf deutsche Meistertitel sammelte, 1976 in Leningrad EM-Silber gewann und Olympia-Sechster (1972) sowie WM-Vierter (1978) wurde.

2013 wagt der Verein einen Neustart in der Bayernliga - Vorsitzender wird ein 21-Jähriger

Auch im Teamsport wurde der SV Siegfried eine feste nationale Größe. Er kämpfte fast fünf Jahrzehnte lang ununterbrochen in der ersten oder zweiten Bundesliga - was ihn zwischenzeitlich allerdings an die Grenze zum finanziellen Kollaps brachte. Der SVS führte Jahre lang die Steuern und Sozialkassenbeiträge für seine Ringer nicht korrekt ab. Als das bei einer Prüfung aufkam, stand der Verein wegen fälliger Nachzahlungen mit 400 000 Euro in der Kreide und konnte sich 2009 nur durch den Verkauf der eigenen Halle retten.

… und, adrett gekleidet, mit der Bundesliga-Mannschaft des SVS im Jahr 1970 (Zweiter von rechts). (Foto: imago/WEREK)

Nachdem die Hallbergmooser ihre gröbsten Sorgen los waren, in der kostspieligen Bundesliga aber keine großen Sprünge mehr machen konnten, ging es sportlich abwärts. 2013 ließ sich der damals 21-Jährige Michael Prill in einer Kampfabstimmung zum neuen Vereinsvorsitzenden wählen, um nach 49 Jahren Erst- und Zweitligazugehörigkeit mit überwiegend heimischen Ringern freiwillig einen Neuanfang in der Bayernliga zu wagen. Auf direktem Weg stieg der SVS in die Ober- und dann in zweite Bundesliga auf, die durch eine Reform vor der Saison 2017/18 mit der ersten Liga verschmolzen wurde. Nach vier Jahren war der SVS also zurück im Oberhaus - und steht jetzt sogar in den Playoffs.

© SZ vom 04.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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