Stephan Beckenbauer:Im Namen des Vaters

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Stephan Beckenbauer ist mehr als ein "Familienmitglied einer berühmten Person". Die U17-Junioren beim FC Bayern München trainiert er sehr erfolgreich.

Christian Hufnagel

Er hätte diesen lebenslangen Vergleich vermeiden können. Er hätte Arzt oder Anlageberater werden können wie seine Brüder. Dann wäre er zwar immer noch ein Sohn des vielleicht berühmtesten lebenden Deutschen. Aber niemand wäre auf die Idee gekommen, medizinische Heilkunst oder finanzielles Geschick mit Ballbehandlung, Defensivverhalten und Spielübersicht zu vergleichen.

Kein Freund lauter Töne: Stephan Beckenbauer ist ein sehr guter Jugendtrainer - und der Sohn vom Kaiser Franz. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Aber er wollte "immer nur Fußball spielen" und entschied sich im Jugendalter ganz bewusst dazu, "in denselben Bereich hinzugehen". Und musste es eben aushalten, permanent an der "Lichtgestalt" dieses Sports gemessen zu werden: zuerst als Profikicker, dann auch noch als Trainer.

Ein Vergleich, den Stephan Beckenbauer lange Zeit nicht gewinnen konnte, der ihm heute aber "nichts mehr anhat". In der nun beginnenden zehnten Saison als Coach der U17-Junioren beim FC Bayern München spricht er sich selbst zu, ein "guter Jugendtrainer" zu sein. Ein Selbstvertrauen, das sich nicht zuletzt auch aus zwei Deutschen Meisterschaften in dieser Altersgruppe speist.

Die Einschätzung über seine beruflichen Qualitäten kommt ihm nicht laut über die Lippen. Es ist eher ein leises Bekenntnis, eines, das durchschimmern lässt, welches Bürde es sein kann, "Familienmitglied einer berühmten Person" zu sein, wie ein Internet-Lexikon ihn kennzeichnet. Und man kann erahnen, welch "dickes Fell" sich Stephan Beckenbauer zulegen musste, damals, als er für 1860 München oder Kickers Offenbach in Amateurligen und danach für den 1. FC Saarbrücken Zweit- und Erstligaspiele absolvierte.

Während Vater Franz nun auch als Trainer den Weltmeistertitel gewann: "Diesem Vergleich standzuhalten, war einfach unmöglich", sagt er heute und schiebt eine ebenso knappe wie überzeugende Begründung hinterher: "Er war einfach zu gut."

Dass der Sohn dem "Kaiser" und per weltweiter Wahl drittbesten Fußballer des 20. Jahrhunderts gar nicht nacheifern wollte, wie er bekennt, war der Öffentlichkeit eher gleichgültig. Sie drängte ihn in die viel zu großen Fußstapfen des Vaters, nur um stets genüsslich festzustellen, dass diese ein paar Nummern zu groß waren: Mit der Presse hatte Stephan Beckenbauer dann auch ein "schwieriges Verhältnis".

Das konnte sich wohl erst entspannen, als er 1997 seine Laufbahn als Spieler beendete. Und Trainer in einem Bereich wurde, der nicht mehr im Schatten des Vergleichs lag. Denn talentierte Nachwuchsfußballer auszubilden und ein Stück näher an die Verwirklichung des Traums vom Profi heranzuführen, dieses Feld hat Franz Beckenbauer ausgelassen.

Sein Sohn hingegen hat genau hier beim Heimatverein Bayern München seine Leidenschaft entdeckt und gefunden. Und es sei gerade das "schwierige Alter" der Pubertät, das ihn als Ausbilder reizt. Sportlich - wie menschlich. Das Interesse an der Mannschaft hört für ihn nicht am Spielfeldrand auf. Er versucht den Jugendlichen "Vertrauen anzubieten". Wenn die jungen Leistungssportler Probleme jenseits von Technik, Taktik und Kondition quälen, sollen sie in ihrem Trainer einen Zuhörer finden können: "Ich bin nicht der liebe Gott, aber manchmal tut es vielleicht ganz gut."

Motivation hierfür ist indes nicht der Ehrgeiz, möglichst jeden zum Bundesligaspieler zu formen. Das könne man in dem Alter noch gar nicht voraussagen, weil eine mögliche Karriere von vielen Faktoren abhänge, nicht allein vom Talent. Aber er "freut sich über jeden" seiner ehemaligen Spieler - wie etwa Bastian Schweinsteiger oder Andreas Ottl -, der es in den Profifußball schafft.

Seine ehrgeizigen Schützlinge treffen dabei auf einen Trainer, der sich selbst von Getriebenheit befreit sieht: "Ich bin absolut zufrieden und kann mir vorstellen, das noch ein paar Jahre weiter zu machen." Also die U17-Junioren des FC Bayern durch eine Bundesligasaison zu führen, die dieses Wochenende am Samstag in Hoffenheim beginnt und an deren Ende wie immer die Teilnahme an der Endrunde zur Deutschen Meisterschaft, wenn nicht der Titel stehen soll: "Das halte ich als Bayern München für Pflicht."

Für seinen eigenen Weg fühlt sich der 41-jährige Familienvater aber nicht verpflichtet, noch bedeutsamere Titel zu gewinnen, die Karriereleiter als Trainer empor zu klettern und eine Bundesligamannschaft zu coachen. Und das nicht, weil er damit wohl wieder mit dem Vater verglichen werden könnte. Erneute Aufmerksamkeit durch die Medien sucht er nicht. Er ist über seine heutige Anonymität erleichtert: "Ich bin froh, in die Stadt gehen zu können und nicht alle drei Meter angesprochen zu werden." Das alles sei auch gut für seine Familie, betont Stephan Beckenbauer: "Sie ist mir sehr wichtig."

Er liebt es, seine Söhne aufwachsen zu sehen. Und ersten Schultag, Kommunion oder Kindergeburtstag miterleben zu können. Was ihm seine hauptberufliche Tätigkeit als Juniorentrainer beim FC Bayern mit seinen überschaubaren vier, fünf Trainingseinheiten und dem Punktspiel am Wochenende eben erlaubt, noch dazu, wo er nur einen Weitschuss vom Trainingsgelände in der Säbenerstraße entfernt wohnt. Und damit hat er einen Vergleich mit seinem Vater gewonnen hat. Denn dieser sei in seiner Kindheit und Jugend "immer unterwegs gewesen".

Stephan Beckenbauer will hingegen als Vater dabei sein, wenn der achtjährige Elias und der zwei Jahre ältere Luca Fußball spielen - beide natürlich auch in Jugendmannschaften des weltberühmten Münchner Vereins. Womit der prominente Name auf dem Fußballfeld weiterlebt.

Erwartungsdruck will er seinen beiden jüngsten Söhnen damit allerdings keinen aussetzen, wie er betont: "Wenn es mit dem Fußball einmal nicht mehr sein sollte, machen sie etwas anderes", versichert Stephan Beckenbauer. Mit der Einstellung kann er ihnen wohl auch jederzeit eines ersparen: einen lebenslangen sportlichen Vergleich mit dem Über-Großvater.

© SZ vom 14.08.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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