Speedway:Rekordhalter im Bierbecherregen

Lesezeit: 2 min

„Ich bin nicht überall beliebt“: Nach seinem sechsten DM-Titel in Güstrow musste Martin Smolinski von Sicherheitskräften beschützt werden. (Foto: imago)

Motorrad-Profi Martin Smolinski überflügelt mit seinem sechsten deutschen Meistertitel die Legende Egon Müller. Bei der Siegerehrung wird der Olchinger dennoch ausgebuht.

Von Christoph Leischwitz, Olching

Streng genommen verbringt Martin Smolinski mehr Zeit im Auto als auf seinem Motorrad. Am vergangenen Wochenende zum Beispiel gewann der 33-jährige Speedway-Profi aus Olching ein Flutlicht-Grasbahnrennen im Schwarzwald, am Mittwoch erreichte er mit seinem Bundesliga-Team, den Landshut Devils, vor heimischer Kulisse gegen Diedenbergen das Finale um die deutsche Meisterschaft, er selbst trug im sechsköpfigen Team zwölf von insgesamt 47 Punkten bei. Am Freitag kämpfte er dann in Teterow in Mecklenburg-Vorpommern um den Schildbürgerpokal, am Sonntag startete er im niederländischen Eenrum beim nächsten Rennen im Langbahn Grand Prix. Zeit, etwas zu feiern, bleibt da nicht.

Dabei hätte es dieses Jahr schon einen besonderen Anlass gegeben. Vor zwei Wochen wurde Smolinski in Güstrow südlich von Rostock deutscher Einzelmeister, und das schon zum sechsten Mal. Nun ist er alleiniger Rekordhalter, er hat Egon Müller übertroffen, eine 69-jährige Speedway-Legende, die auch maßgeblichen Anteil an Smolinskis Karriere hat - Letzterer bezeichnet Müller als Mentor. "Das bedeutet mir schon sehr viel, ihn überflügelt zu haben. Ihm selber hat es nicht ganz so gefallen", erzählt Smolinski lachend. Auf den jüngsten Titel hatte er lange warten müssen: Im vergangenen Jahr fand das DM-Finale auf seiner Olchinger Heimatbahn statt. Damals fehlte der Lokalmatador allerdings, weil er sich zwei Tage zuvor bei einem Sturz eine Gehirnerschütterung zugezogen hatte.

Auch nach dem etwas überraschenden Triumph von Güstrow - die dortige Bahn hatte ihm bis dahin selten Glück gebracht - reichte es nur zu einem schnellen Umtrunk mit dem Team. Zum einen startete Smolinski am nächsten Tag schon wieder im 500 Kilometer entfernten Melsungen. In diesem Fall waren die Reisestrapazen aber nicht einmal der Hauptgrund. Er konnte auch deshalb nicht feiern, weil er von vielen der gut 3000 Zuschauer für seinen Sieg ausgepfiffen worden war. "Ich bin nicht überall beliebt", sagt der Oberbayer zur Begründung, und beim Speedway gehe es bezüglich der Fankultur manchmal ein wenig rustikaler zu. Außerdem sei er ja ein Typ, der polarisiere. Das sahen die Fans in Güstrow offensichtlich auch so. Bierbecher flogen, der Veranstalter stellte vier Sicherheitskräfte ab, die Smolinski beschützten. Dass er polarisiert, findet der Rennfahrer indes gar nicht so schlimm. Es gab und gibt in Deutschland nicht viele, die vom Speedwaysport leben können, da ist jede Nachricht eine gute Nachricht. Und er will freilich noch länger davon leben, ans Aufhören verschwendet er noch keine Gedanken. "Ich gehöre zwar schon zu den Älteren", sagt Smolinski, aber ein Jahrzehnt im Business traut er sich noch zu.

Es gibt auch noch Ziele, zumal die Saison 2018 bislang eher einer Berg- und Talfahrt ähnelt. Ende Juli fehlten ihm in Landshut zwei Rennpunkte, um sich für den Grand Prix 2019 zu qualifizieren. "Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich mich schon sehr darüber ärgere." Als bislang einziger Deutscher hat er ja schon einmal, 2014, an der wichtigsten Speedway-Serie teilgenommen und damals auch überraschend ein Rennen gewonnen.

Der Routinier hat ohnehin ernst zu nehmende Konkurrenz im eigenen Land. Für den 22. September etwa, wenn der diesjährige Grand-Prix-Zirkus in Deutschland Halt macht, hat Smolinski ausnahmsweise ein Loch im Kalender. Denn die Wildcard für einen Fahrer des Gastgeber-Landes hat zum zweiten Mal in Serie der Wuppertaler Kai Huckenbeck erhalten.

Nach sechs DM-Titeln, zwei gewonnenen Team-Weltmeisterschaften und vielen weiteren Erfolgen wäre eine dauerhafte internationale Karriere der nächste Schritt für Smolinski. Ein internationaler Titel ist auch in diesem Jahr noch möglich, bei der Einzel-Langbahn-WM. Der Wettbewerb am Sonntag in Eenrum ist der vierte von insgesamt fünf Läufen, aktuell ist Smolinski Gesamtdritter. Bei der Entscheidung am 30. September muss er nicht weit fahren: Sie findet in Mühldorf am Inn statt.

© SZ vom 18.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: