Sommerbiathlon:Ambitionierte Lauf-Bewegung

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Bayerns Bester im Target Sprint, derzeit jedoch verletzt: der Münchner Korbinian Sautter. (Foto: Erwin Gillessen/HSG München/oh)

Korbinian Sautter rechnet sich für sein Debüt bei den deutschen Meisterschaften durchaus Chancen aus

Von Julian Ignatowitsch, München

Er habe die Rundenzeiten schon mal verglichen, sagt Korbinian Sautter, und, ja, es könnte zu einem Platz auf dem Treppchen reichen. Groß und schlaksig steht der 20-jährige Sautter da, seine Leidenschaft für den Sommerbiathlon ist sofort zu spüren. Überhaupt ist Sautter ein echter Sportfreak: Schwimmen, Radfahren, Fitnessstudio - bei der Vorbereitung für die deutsche Meisterschaft, die von diesem Donnerstag bis Sonntag ausgetragen wird, hat er neben vielen Lauf- und Schießeinheiten auf Abwechslung Wert gelegt. Und er hat eben auch mal auf die Zeiten des Vorjahressiegers und seiner Verfolger geguckt. "Das sind schon echte Ansagen", sagt er. Zum ersten Mal startet Sautter in diesem Jahr in der Erwachsenenklasse. Allerdings weiß er: "Ich kann in der erweiterten Spitze mithalten. Wenn alles glatt läuft, sogar ganz vorne."

Zuletzt bei den bayerischen Meisterschaften hat Sautter in allen Einzelstarts den Titel gewonnen, ob Sprint oder Massenstart, mit dem Luft- oder Kleinkalibergewehr. Am Ende hatte er drei Goldmedaillen um den Hals hängen. "Und der Wettkampf lief aus dem Training raus", erklärt er. Seinen Leistungshöhepunkt hat er jetzt für den bundesweiten Wettkampf anvisiert. Er hofft, dass es dort genauso gut läuft, die Konkurrenz allerdings ist eine andere. "Die Sportler aus Westfalen und Niedersachsen sind sehr stark", sagt Sautter. Sommerbiathlon ist ohnehin eine absolute Nischensportart, in Bayern findet sie aber sozusagen in der Nische der Nische statt. Hier ist die Zahl der Aktiven überschaubar; und die Zahl derjenigen, die den Sport auf Hochleistungsniveau betreiben, noch überschaubarer. Sautter gehört dazu, auch wenn er Sommerbiathlon noch als "ein Hobby mit sehr viel Aufwand" bezeichnet. Er startet für die HSG München, wo das Team knapp 20 Sommerbiathleten zählt, und er trainiert fast jeden Tag, oft zweimal. Ursprünglich kommt Sautter aus der Leichtathletik, er hat als Läufer begonnen, irgendwann das Sportschießen entdeckt, und dann war die Sache klar: Laufen und Schießen, Sommerbiathlon eben. "Viele kennen die Sportart gar nicht", sagt er. "Im Normalfall ist es leichter, wenn man bereits läuferische Grundlagen hat und das Schießen dann soweit lernt, wie man es braucht." Bei den Profischützen könnte er kaum mithalten, bei den Leichtathleten schon eher. Etwas verwunderlicher ist es deshalb, dass die Sportart unter dem Dach des Schützenverbands angesiedelt ist. Das hat in erster Linie sportpolitische Gründe. "Es ist eben eine ganz eigene Mischung. Die Kunst besteht letztlich darin, mit hohem Puls möglichst genau zu treffen."

Was treibt Sautter an, wo im Sommerbiathlon nach wie vor kaum internationale Wettkämpfe stattfinden und die öffentliche Außenwirkung sehr gering ist? "Vor allem der Spaß", sagt er fröhlich, dann fügt er lächelnd hinzu: "Und vielleicht wird die Sportart ja irgendwann olympisch." Das ist durchaus realistisch. Der Schützenbund erhofft sich vom Sommerbiathlon insbesondere mehr Anziehungskraft auf junge Leute. Auch für die Zuschauer ist der dynamische Ablauf, ähnlich wie beim populären Biathlon, attraktiver als die traditionellen, oft sehr statischen Schießwettbewerbe. Beim größten Sommerbiathlon-Wettbewerb in der HSG in diesem Jahr, dem Oberbayern Cup, haben viele Schüler und Jugendliche teilgenommen, das Durchschnittsalter war wesentlich geringer als sonst. Aus diesen Gründen dürfte Sommerbiathlon mittelfristig ein ernst zu nehmender Kandidat für die Sommerspiele sein. Auf der anderen Seite kann die Kurzvariante "Target Sprint", die der Verband zum Experimentierfeld erklärt hat, noch nicht das Interesse wecken, das man sich erwartet hatte. "Es geht nur langsam voran", bemerkt HSG-Abteilungsleiter Erwin Gillessen. "Aber es geht voran."

Bei den Sautters ist Sommerbiathlon auch Familiensache. Vater Rudolf gehört ebenfalls zur HSG-Mannschaft, als Athlet und als Trainer. Er betreut den Sohn. Beide sind echte Wettkampftypen, das merkt man schnell: zielstrebig und ehrgeizig, dazu sehr umgänglich, höflich und eloquent. Sie können stundenlang vom Sommerbiathlon erzählen, aber auch über die Olympischen Spiele, die Laufdisziplinen dort oder ganz andere Sportarten fachsimpeln. Passend dazu hat der Münchner sich auch im Studium umorientiert: von Jura zu Sportjournalistik. "Ich hatte zuletzt nur noch wenig Spaß im Studium, und auch die Ergebnisse waren nicht so, wie ich es mir vorgestellt habe", erklärt er.

Apropos Ergebnisse: Wo liegt denn so ein erfolgreicher Sommerbiathlet wie Korbinian Sautter von der Laufzeit im Vergleich zu einem Leichtathletik-Olympioniken? "Der Weltrekord über 10 000 Meter steht bei 26 Minuten", sagt Sautter. "Ich laufe den Kilometer in circa drei Minuten." Will heißen: So unglaublich viel fehlt da gar nicht.

© SZ vom 28.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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