Softball:In der Nord-Süd-Falle

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Luft raus: Elisa Diefenbach hatte mit den Haar Disciples im Halbfinale gegen Mannheim keine Chance. (Foto: Claus Schunk)

Haar scheitert auch an Strukturproblemen

Von Christoph Leischwitz, Haar

Das Problem ist, dass Mannheim jetzt im Norden liegt. Die Frauen der Haar Disciples haben deshalb im Laufe der regulären Saison lediglich gegen Freising, Stuttgart und Karlsruhe gespielt, es wurde eine ziemlich langweilige Softball-Bundesligaspielzeit, mit gerade einmal zwei Niederlagen bei 22 Siegen. Es wäre übertrieben zu sagen, dass die anderen Haar auf ihr Niveau hinunter gezogen haben. Doch als im Halbfinale dann Mannheim wartete, Dritter der Nordstaffel, da fehlte schlicht die Übung, um gegen die schnellen Würfe professioneller Pitcherinnen Mittel zu finden. "Wir haben in der regulären Saison nicht gelernt zu kämpfen", sagt Haars Co-Trainer Markus Dierolf. Am vorvergangenen Wochenende war die Best-of-five-Serie schon fast gelaufen, die Mannheim Tornados hatten die ersten beiden Spiele gewonnen. Am vergangenen Wochenende dann sah es zunächst nach einer Aufholjagd aus, Haar gewann Spiel drei deutlich mit 7:1. In Spiel vier stand es nach fünf von sieben Durchgängen noch 1:1, dann folgte der Einbruch. Die Trainer waren ein hohes Risiko gegangen, der Mannheimer Angriff wusste das zu nutzen und gewann 8:1.

Natürlich gab es noch andere Gründe für das Ausscheiden. "Wir haben uns in dieser Serie in der Defensive ungewohnte Fehler geleistet, wir haben insgesamt gar nicht auf unserem Niveau gespielt", sagte Coach Dierolf. Hinzu kommt, dass der Kader auch nicht in Bestbesetzung antreten konnte. So fehlte zum Beispiel Caroline Howard, seit Jahren eine Leistungsträgerin des Teams, aufgrund eines Auslandssemesters. Das Hauptproblem war aber doch, dass "das Pitching im Norden einfach besser ist", wie Dierolf sagt. Das Leistungsgefälle zwischen Nord und Süd wäre womöglich nicht so extrem ausgefallen, wenn Mannheim dem Süden zugeordnet worden wäre - doch Karlsruhe liegt eben rund 60 Kilometer weiter südlich. Dem starken Leistungsgefälle sind die Disciples nun als Süd-Meister zum Opfer gefallen. Die Freising Grizzlies übrigens hatten vor allem deshalb eine schlechte Saison gespielt, weil auf die Verpflichtung so genannter Import-Spielerinnen verzichtet wurde. So hatten Talente aus der eigenen Jugend die Gelegenheit, sich mit der Bundesliga vertraut zu machen. Dabei sprangen insgesamt sechs Siege bei 18 Niederlagen heraus.

Der deutsche Verband versucht dieses strukturelle Problem schon seit einiger Zeit zu lösen. In den beiden vorigen Spielzeiten war die Softball-Bundesliga eingleisig gewesen, Haar hatte sich also über den gesamten Sommer hinweg gleich mit den besten Teams messen können. Doch die weiten Fahrten hatten daraus eine finanzielle und emotionale Gratwanderung gemacht. Bei den Disciples, die dann auch früh ausschieden, kippte die Stimmung, Ingo Leven und die Mannschaft entfremdeten sich, dabei hatte Leven das Team ein Jahrzehnt lang trainiert. "Ich dachte dann, es wäre mal ganz gut, etwas anderes zu machen." Der Bundesliga-Spieler José Palacios übernahm die Mannschaft und brachte frische Ideen ein. Eigentlich sei man mit der Saison auch ganz zufrieden, sagt sein Teamkollege Dierolf, der Palacios seit einer Schulter-Operation zur Seite steht.

Die Liga wird zweigleisig bleiben, doch es gibt Hoffnung im Süden. Die Augsburg Dirty Slugs sowie die Regensburg Legionäre wollen kommende Saison Bundesliga spielen, und insbesondere Regensburg dürfte das Niveau schnell anheben. Und Leven, der mittlerweile den weiblichen Nachwuchs der Disciples betreut, hat Hoffnung, dass es eines Tages doch noch klappt mit der ersten deutschen Softball-Meisterschaft: "Was bei uns aus der Jugend nachkommt, macht mich insgesamt sehr zuversichtlich."

© SZ vom 14.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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