Softball:Aufstieg oder Zerfall

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So viele wie nie zuvor: 100 Zuschauer wollten das Erstliga-Comeback der Freising Grizzlies (re. Hannah Link) sehen. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Erstliga-Rückkehr ist für das Softball-Team der Freising Grizzlies ein großes Wagnis

Von Johannes Holbein, Freising

Die Sonnenstrahlen knallten auf den Platz, es war einer der bisher wärmsten Tage in diesem Jahr. Auf dem Sportgelände der Freising Grizzlies schlurften neun Frauen über das Feld, Spielerinnen der Freisinger Softballmannschaft, die sich fürs Training aufwärmten. Abteilungsleiter Carsten Sperl tuckerte mit dem Rasenmäher über eine Wiese abseits des Platzes, am Spielfeldrand lehnte Armin Hegen, Sportdirektor der Grizzlies, lässig an einer Holzremise. Neben ihm stand Trainer Clemens Dauster, die Hände in den Hosentaschen, sein Blick entspannt. Die Szenerie wirkte beinahe schläfrig an diesem Dienstagnachmittag vor zwei Wochen. An ein Abenteuer erinnerte nichts. Und doch haben Hegen und Dauster schon damals von einem "Abenteuer" gesprochen.

Am vergangenen Wochenende war es mit der Ruhe vorbei. Mit zwei Heimspielen gegen die Mannheim Tornados starteten die Freising Grizzlies in die erste Liga. Doubleheader nennt sich das Prinzip, nach dem an einem Spieltag zwei Spiele gegen die gleiche Mannschaft ausgetragen werden. Freising verlor beide Partien deutlich. Erst 1:9, dann 0:12. "Deutlicher, als die Spiele waren", sagte Dauster, der vor der Saison das Traineramt übernommen hat. "Aber natürlich haben wir uns das anders vorgestellt, wir waren zu nervös."

Für die meisten im Kader ist die erste Liga eine neue Erfahrung. Sie sind jung, im Schnitt 19 Jahre, haben bisher in der Bayernliga gespielt. Dauster weiß: "Es wird schneller geworfen, härter geschlagen, aber es ist spannend, diese Mannschaft in dieses Abenteuer zu begleiten." Und Hegen kündigte schon vor der Saison an: "Für uns geht es darum, Erfahrungen zu sammeln. Einige deftige Niederlagen gehören dazu." Und es geht darum, den Aufwand zu stemmen, den die Teilnahme an der ersten Liga bedeutet. Dreimal in der Woche trainieren die Freisinger. "Wir haben viele Schülerinnen und Studentinnen, die müssen lernen oder haben Prüfungsphasen", sagt Hegen. Und es ist ein finanzieller Aufwand. Auf 10 000 Euro schätzt Hegen die Ausgaben für eine Saison. Darin enthalten sind die Ligagebühr, die Kosten für die Schiedsrichter, die in der ersten Liga nicht mehr vom Verein selbst gestellt werden können, und die Auswärtsfahrten, die sich alleine schon auf etwa 5000 Euro belaufen. Die Liga ist eingleisig, es geht bis nach Hamburg, knapp sieben Stunden Fahrt. Das andere bayerische Team, die Haar Disciples, starten am 2. Mai in Hamburg in die Saison. Philipp Würfel, Leiter des Spielbetriebes beim Deutschen Baseball- und Softballverband, sagt: "Die eingleisige Liga ist keine dauerhafte Lösung und sicherlich nicht optimal." Für eine Teilung hätten sich jedoch zu wenige Mannschaften angemeldet.

Um die 10 000 Euro aufzubringen, haben Spielerinnen bei Firmen in der Region nach Spenden gefragt. Die Auswärtsfahrten sollen mit Privatautos bestritten werden, zumeist werden Eltern der Spielerinnen am Steuer sitzen, die zum Teil sogar die Kosten selber tragen; einen Mannschaftsbus gibt es nicht, Bahn- oder Flugreisen wären zu teuer. "Das zeigt, wie alle hinter diesem Projekt stehen", sagt Hegen.

Der Aufwand sei notwendig, glaubt Hegen, "die Alternative ist nicht akzeptabel": Hätte der Klub das Abenteuer gescheut, wären wohl einige Spielerinnen nach Haar gewechselt. "Die Mannschaft würde auseinander fallen, wir müssten wieder von vorne anfangen." So wie vor fünf Jahren, als Freising zuletzt in der Bundesliga spielte. 2009 wurde die Mannschaft wegen Spielermangels abgemeldet. In der vergangenen Saison wurden die Grizzlies in der Bayernliga Zweite. Der Meister, die Augsburg Dirty Slugs, wollte nicht aufsteigen.

100 Zuschauer waren am ersten Spieltag auf dem Freisinger Sportgelände. "So viele waren nie zuvor da", sagt Hegen. "Einige Gesichter habe ich noch nie beim Softball gesehen." Das sei ein gutes Zeichen, obgleich die Spielerinnen dadurch etwas nervös waren. An die Aufmerksamkeit müssen sich die Softballerinnen jetzt gewöhnen. Gegen Mannheim hat das Abenteuer ja erst begonnen.

© SZ vom 28.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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