Shutout im ersten DEL-Spiel:Sein Name ist Gesetz

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Flieg, kleiner Puck, flieg: Auf dem Weg zum Shutout in seinem ersten DEL-Spiel blockt David Leggio einen von 29 Düsseldorfer Schüssen. (Foto: Osnapix/Imago)

David Leggio stoppte einst Stürmer, indem er einfach sein Tor aus der Verankerung riss. Das zog eine Regeländerung nach sich und machte den 31-Jährigen im Netz berühmt-berüchtigt. Bei seinem Debüt für den EHC zeigt der Amerikaner, dass er auch ohne Tricks die Null halten kann

Von Christian Bernhard, München

David Leggio war noch gar nicht in München, da war schon klar, dass es sich bei ihm um ein cleveres Bürschchen handeln muss. Vor etwa einem Jahr erregte der Eishockey-Torhüter international Aufsehen, als er in einem Spiel der American Hockey League (AHL) bewusst sein Tor aus der Verankerung riss, während zwei gegnerische Stürmer auf ihn zuliefen. Sekundenbruchteile danach überkreuzte der US-Amerikaner seine Arme und verhängte so selbst das Strafmaß: ein Penalty, also ein Eins-gegen-null ohne Nachschussmöglichkeit, war ihm lieber als ein Zwei-gegen-null im Spiel mit eventuellem Rebound. Leggios Rechnung ging auf, er wehrte den Penalty ab und wurde mit seiner Aktion zu einer kleinen Internet-Berühmtheit.

Auf diesen Gedanken hatte ihn sein Einsatz bei der Weltmeisterschaft 2014 gebracht, als in der Partie Russland gegen USA gleich drei Russen, darunter Alexander Owetschkin, alleine vor ihm aufgetaucht waren. Da entstand bei Leggio die Idee: Sollte es noch einmal zu einer solchen Szene kommen, erhöhe ich meine Chancen. "Es ist schlicht eine Frage der Wahrscheinlichkeit", erklärte er. Mit seiner kuriosen Aktion rief er sogar die Liga auf den Plan. Seit seinem zwar cleveren, aber nicht wirklich fairen Einsatz bekommt ein Goalie in der AHL für eine solche Aktion eine Spieldauerdisziplinarstrafe und das gegnerische Team einen Penalty - die Leggio Rule war geboren.

Zu solchen Mitteln musste Leggio am Sonntag bei seinem Debüt im Trikot des EHC München nicht greifen. Ein paar Alleingänge hatte er aber auch in Düsseldorf zu stoppen. Leggio machte das auf überzeugende Weise - der Jetlag, den er zuvor thematisiert hatte, war zwei Tage nach seiner Ankunft beim EHC kein Thema mehr. Leggio tat gleich zum Einstand das, was ein Eishockey-Torhüter am liebsten tut: er spielte zu null. Der EHC siegte 3:0, Leggio wehrte 29 Schüsse ab. "David war stark", lobte EHC-Trainer Don Jackson. Leggio habe Top-Paraden gezeigt, "als wir sie gebraucht haben", sagte Verteidiger Richie Regehr. Stürmer Dominik Kahun fand die Leistung des Amerikaners "überragend": "Er hat uns das Spiel gewonnen."

Auch die Konkurrenz verneigte sich. "Da haben sie einen ganz starken Goalie geholt", meinte Düsseldorfs Trainer Christof Kreutzer. Die Fans der DEG hatten mit "Wir woll'n den Lukas seh'n"-Chören vergeblich einen Einsatz ihres ehemaligen Torhüters Lukas Lang gefordert; Lang, der am Freitag, ebenfalls gegen die DEG (3:4 nach Penaltyschießen) sein erstes Ligaspiel über die volle Distanz im EHC-Trikot bestritten hatte, darf sich darauf einstellen, dass wohl so bald kein weiteres folgen wird. Leggios Shutout war das erste überhaupt in der laufenden Saison beim EHC, damit stahl er selbst seinem neuen Kapitän die Show. Michael Wolf hatte nicht nur das 2:0 erzielt, sondern mit der Vorlage zum 3:0 seinen 500. Scorerpunkt in der Deutschen Eishockey Liga eingefahren.

Der Mann im Mittelpunkt war aber Leggio. Obwohl der 31-Jährige erst am Freitag erstmals in München trainiert hatte, gab Jackson direkt nach dem Freitagsspiel zu verstehen, dass er den Neuen schon am Sonntag bringen werde. Dass es gleich so gut lief, kam nicht nur deshalb überraschend. Leggio hatte sein letztes Spiel im April bestritten, damals noch in der AHL. "Es war ein langer Sommer", sagte er vor seinem EHC-Debüt. Nach dem Meistertitel 2010 mit TPS Turku in Finnland ("der Wendepunkt in meiner Karriere") und einigen starken Jahren in Nordamerika waren seine Fangquote und sein Gegentorschnitt in der vergangenen AHL-Spielzeit nicht berauschend gewesen, trotzdem hatte er bis zuletzt auf eine Chance in der National Hockey League (NHL) gehofft.

Untätig war er im Sommer aber keinesfalls. Der WM-Teilnehmer von 2010 und 2014 hat seit mehr als zehn Jahren seine eigene Torhüter-Schule. "Es gibt nichts Erfüllenderes, als Verbesserungen zu sehen, die durch harte Arbeit herbeigeführt werden", wird er auf der Homepage seiner Schule zitiert, die er als President leitet.

Von Mitte Juni bis Ende August gab er in seiner Heimat Buffalo anderen Goalies Nachhilfe. Jetzt kann er sich wieder auf sein Hauptfach konzentrieren, und dort hat er mit dem EHC Großes vor. "Ich möchte uns die Chance geben, den Meistertitel zu gewinnen", erklärte er vor seinem ersten Spiel, danach verabschiedete er sich mit "Guten Tag". Was sein Deutsch betrifft, hat er noch deutlich Luft nach oben, seine Kernkompetenzen dürfte seit Sonntag aber niemand mehr in Frage stellen.

© SZ vom 27.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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