Serie "Süd-Nord-Ost":Geschlossene Gesellschaft

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Trainer Stiller hat Sulzemoos zum Aufstiegskandidaten geformt

Von Christoph Leischwitz, Sulzemoos

Am Anfang stand einer dieser Gewissenskonflikte, für die man ein paar längere Autofahrten braucht, um gründlich nachzudenken und dann eine Entscheidung zu treffen. Im Sommer 2014 hatte Michael Stiller eigentlich schon einen neuen Trainerposten angenommen, beim SV Walpertskirchen in der Kreisliga. Doch dann erreichte ihn der Anruf eines Freundes, Thomas Edelmann. Der war unter Stillers Regie mal für den FC Pipinsried aktiv, neun Jahre ist das her. Heute ist er Stürmer beim SV Sulzemoos. Und nun fragte er, ob Stiller dort vielleicht Trainer werden wolle? "Ich hoffe, dass ich nie wieder in so eine Situation komme", sagt Stiller heute. Er entschied sich für das höherklassige Angebot. "Außerdem kannte ich in Sulzemoos ja die meisten Spieler schon", erläutert der 42-Jährige, der zuvor Spielertrainer in Pipinsried und beim FC SF Eitting gewesen war. Er half dann noch mit, dass Walpertskirchen einen anderen Trainer fand. Ein unglückliches Erbe: Der SV stieg nach der Saison ab in die Kreisklasse.

In Sulzemoos hingegen könnte aus dem Engagement bald eine Erfolgsgeschichte werden. Bis jetzt ist es eine mit viel Bodenständigkeit. Der SV Sulzemoos spielt mittlerweile schon seit 13 Jahren in der Bezirksliga, nach eigenem Bekunden ist er der dienstälteste Klub der Liga. In seiner ersten Saison - Stiller hatte gerade einmal eine Woche Zeit für die Vorbereitung - verlief vieles noch recht holprig. Mit dem Abstieg hatte die Mannschaft zwar auch damals nichts zu tun, doch das Torverhältnis von 57:54 zeigte: Die Defensive war verbesserungswürdig. Dieses Problem hat Stiller inzwischen in den Griff bekommen und dadurch ein Spitzenteam geformt. Der Start in die aktuelle Saison gelang spektakulär, acht Siege in Serie brachten dem Verein die Tabellenführung, und jetzt überwintert er auch auf Platz eins der Bezirksliga Nord. "Nach Möglichkeit wollen wir den Platz nicht mehr hergeben", sagt Stiller.

Er weiß, dass das schwer wird, zumal die Liga sehr ausgeglichen ist. So weist der Tabellensechste FC Erding nur vier Punkte Rückstand auf, und einige Verfolger konnten sich in der Winterpause noch einmal namhaft verstärken. Dafür fehlt in Sulzemoos das Geld, nachdem vor drei Jahren einer der größten Sponsoren, eine ortsansässige Solarfirma, aufgrund der Krise in der Branche ihr Engagement deutlich zurückgefahren hatte. Doch Stiller ist nicht ohne Hoffnung. Denn es gibt einige verletzte Stammspieler, die noch gar nicht richtig ins Geschehen eingegriffen haben und für die Restrunde zurückkehren werden.

"Wir bauen auf junge Spieler aus dem Landkreis", sagt der Technische Leiter Markus Wagenpfeil über die allgemeinen Richtlinien. Das würde man selbst dann weiter durchziehen, wenn es deshalb knapp nicht für die Landesliga reicht. Für einen Aufstieg müsse eben wirklich alles zusammenpassen, glaubt Trainer Stiller. Passend gemacht wird es deshalb aber nicht.

Es stimmt, dass sie beim SV vor allem auf Lokalkolorit setzen. Jung müssen deshalb aber nicht alle sein. Da wäre zum Beispiel Mittelfeldspieler Christian Hain, ehemaliger Drittliga-Profi der SpVgg Unterhaching. Der 28-Jährige kickt schon seit 2011 wieder im Dachauer Heimatlandkreis, allerdings zog er sich im Juli in einem Testspiel einen Kreuzbandriss zu und hat bislang noch kein Spiel bestritten. "Das war schon ein herber Verlust", findet auch Wagenpfeil. Umso überraschender war es, dass die Mannschaft Hains Fehlen zum Saisonstart so gut kompensieren konnte. Seine Erfahrung wurde allerdings im Herbst schmerzlich vermisst. Von den acht Spielen vor der Winterpause wurden nur noch zwei gewonnen - hätte der SV Sulzemoos im November nicht zumindest gegen den Zweiten Jetzendorf knapp mit 1:0 gewonnen, wäre er jetzt Vierter und der Aufstieg gar kein so akutes Thema. Wenn es noch spannend bleiben sollte im Kampf um den Aufstieg, könnte Hain gegen Ende der Saison eventuell noch eingreifen.

Auch wenn Thomas Edelmann mit 15 Toren in 17 Spielen ein absoluter Erfolgsgarant ist, glauben sie in Sulzemoos vor allem an ihre mannschaftliche Geschlossenheit. Im vergangenen Jahr reiste das Team in der Winterpause gemeinsam für eine Woche in die Türkei, die Spieler zahlten die Reise selbst. "Jetzt fahren wir alle zum Gardasee, inklusive der zweiten Mannschaft", berichtet Stiller. Zwei Wochen vor dem Start in die Restrunde reist der 30-Mann-Tross also nach Italien. Solche Aktionen stärkten nicht nur das Zusammengehörigkeitsgefühl, sie seien auch ein Ausdruck desselben. Aber: So viel Aufwand würden sie alle wohl nicht betreiben, wenn die Landesliga nicht doch auch ein bisschen das Ziel wäre.

© SZ vom 28.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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