Saisonstart in der BBL:Wuchtiges Signal

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Gleich scheppert’s unterm Hallendach: Münchens Devin Booker (li.) holt zu einem Dunk aus, Gießens Benjamin Lischka kann es nicht verhindern. Das galt für das ganze Spiel, die Gastgeber waren chancenlos. (Foto: Imago)

Die Basketballer des FC Bayern untermauern gleich im ersten Spiel mit einem 87:53-Kantersieg in Gießen ihre großen Ambitionen. Dabei können sie es sich sogar leisten, einige Spitzenkräfte zu schonen.

Von Ralf Tögel, München

Man konnte den Eindruck gewinnen, als ob das erste Spiel eine Art Bestätigung sein sollte: Hatten die Basketballer des FC Bayern Milan Macvan angewiesen, die ersten Rebounds einzusammeln? Damit jeder sogleich sieht, welch neuer Fels da in der Defensive steht? War Devin Booker auserkoren, die ersten Münchner Punkte der jungen Saison mit einem krachenden Dunk durch den Ring zu stopfen? Als Beweis der Kontinuität, schließlich wurden viele Stammkräfte gehalten, denen eine Leistungssteigerung prognostiziert wurde. Wie auch immer, die Bayern haben ein unübersehbares Signal an die Konkurrenz gesendet, Leidtragender waren die Gießen 46ers, die beim 87:53-Auswärtssieg des Favoriten in ehrabschneidender Form vom Parkett gefegt wurden.

"Wir werden auch gewinnen", sagt Gießens Benjamin Lischka, "wenn es nicht gerade die Bayern sind"

Jared Cunningham, NBA-erfahren, Königstransfer; Stefan Jovic, genialer Passgeber und Spielmacher der serbischen Nationalmannschaft, kürzlich mit EM-Silber nach München gekommen; diese beiden Zugänge hatten die größte Aufmerksamkeit im Münchner Lager generiert, gegen Gießen waren beide nicht einmal dabei. Cunningham gibt seinen gestressten Adduktoren noch ein bisschen Zeit, Jovic verbrachte einen entspannten Abend auf der Bank. Auch er ist leicht angeschlagen, Bayern-Coach Aleksandar Djordjevic durfte ihm getrost ein weiteres Päuschen gönnen.

Denn was die Kollegen so zeigten, war in jeder Phase überzeugend. Anton Gavel zum Beispiel. Der Deutsch-Slowake hat zwar mittlerweile 32 Lenze auf dem Buckel und geht in seine fünfte Münchner Saison, er scheint sich aber im Trainingslager in Madonna di Campiglio einer Frischzellenkur unterzogen zu haben, so wie er zehn Punkte sammelte, mit Übersicht das Spiel lenkte und Zauberpässe spielte. Booker traf aus allen Lagen und war mit 17 Zählern bester Punktesammler seines Teams, Nihad Djedovic (15 Punkte) spielt wie zu besten Zeiten und Vladimir Lucic (13 Punkte) brachte seinen EM-Schwung aufs Gießener Spielfeld. In Macvan und Braydon Hobbs ließen die Bayern auch zwei der hoch gelobten Zugänge von der Leine, Macvan hatte eine ungeheure Energie, Hobbs gute Ideen dabei. In Summe war es von beeindruckender Klasse, was die Münchner Bayern spielten.

Und Gießen? Unmittelbar vor dem Spiel hatte der neue Trainer Ingo Freyer der weitgehend neu zusammengestellten Mannschaft gehofft, es könnte seiner Auswahl zum Vorteil gereichen, so einen Gegner so früh in der Saison zu erwischen. Vielleicht hatten die Ergebnisse von Bamberg (73:76 in Würzburg) und Ulm (68:72 gegen Berlin) die Hoffnung befeuert: "Einige Münchner kommen von der EM, einige spielen gar nicht, wir müssen das Überraschungsmoment nutzen, intensiv spielen und das vielleicht zum Sieg nutzen." Was für ein Irrtum, zwar gelangen Jamar Abrams die ersten Punkte zum 2:0 für die 46ers, fortan musste Freyer mit versteinerter Miene einem Debakel der Seinen beiwohnen. Vor allem die FCB-Defense ließ Gießen keinen Stich, immer wieder eroberten die trotz ihrer körperlichen Überlegenheit flinken und bissigen Bayern Bälle, die sie nach sehenswerten Pässen per Fastbreak zu Punkten nutzten. Lucic stopfte gleich mehrmals Alley-oop-Pässe, die er in der Luft fing, in den Korb. Nach dem ersten Viertel stand es 26:6 für die Gäste, zur Pause führte der FCB 52:26 - die Arbeit war zu diesem Zeitpunkt schon weitgehend erledigt.

Vor allem Gießens hoch eingeschätzter Zugang John Bryant musste einem fast leid tun. Der ehemalige Bayern-Center prallte immer wieder an der Münchner Abwehrwand ab. Es war fast egal, ob ihm Booker, Macvan, Barthel, Zirbes oder Lucic gegenüberstanden, jener 2,11-Riese, der mit vom Klub geführten 127 Kilogramm Lebendgewicht wie immer zu Saisonbeginn ein bisschen zu viel Masse mit sich herumschleppt, wirkte hilflos. Bryant erzielte seine ersten und einzigen zwei Pünktchen Mitte des dritten Viertels. Er stand beispielhaft für die Unterlegenheit seines Teams.

Viel Zeit, den Sieg kleinzureden haben die Bayern nicht, schon am Dienstag gastieren die Basketball-Löwen aus Braunschweig in München. Trainier Djordjevic lobte die Seriosität seines Personals, weil es der Aufgabe nötigen Ernst entgegengebrachte. Nationalspieler Danilo Barthel (sieben Punkte) "die Energie, mit der wir aufgetreten sind und nicht nachgelassen haben". Höfliche Sätze für die überdeutliche Abreibung des Kontrahenten in dessen Heimstatt. Deutlicher war die Einlassung von Gießens Flügelspieler Benjamin Lischka, mit zehn Punkten Teambester: Er erinnerte an eine schlechte Vorbereitung wegen vieler Verletzter, bat die Fans um Zeit, dann werde man auch gewinnen - "wenn es nicht gerade gegen die Bayern geht".

Die werden ihren Fans nun am Dienstag (17.30 Uhr, Audi Dome) zeigen wollen, was sie können. Das Debüt von Jovic ist zu erwarten, Cunningham dürfte noch fehlen. Auf ein Überraschungsmoment sollte Braunschweig lieber nicht hoffen.

© SZ vom 02.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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