Rugby-Turnier "Oktoberfest Sevens":München 7

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Es soll Partyvolk und Familien locken. Doch mit der Turnier-Premiere in der olympischen Rugby-Variante bewerben sich die Veranstalter auch für die World Series.

Von Ralf Tögel

Dass Rugby hierzulande eine Randsportart ist, gehört nicht zu den allergrößten Geheimnissen des Sports. In München fristet der kleine Bruder des Fußballs sein Dasein vielleicht noch ein bisschen weiter am Rand, doch das soll sich an diesem Freitag und Samstag ändern. Im ehrwürdigen Olympiastadion treten dann die besten Teams des Erdballs gegeneinander zum "Oktoberfest Sevens" an, einem Turnier mit Mannschaften, die nur aus sieben Spielern bestehen statt aus 15, jede Partie dauert zweimal sieben Minuten. Es handelt sich dabei um die olympische Variante des Sports. Die Räume sind größer, das Spiel ist schnell, athletisch und hart. Bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro hat sich Siebener-Rugby als wahrer Zuschauermagnet erwiesen, bis zu vier Millionen Zuschauer saßen zu später Stunde in Deutschland vor den Fernsehern. In München erwarten die Veranstalter an den beiden Turniertagen 35 000 Menschen.

Die Idee

Oktoberfest und Rugby, sich erst ein bisschen auf die Glocke hauen und dann gemeinsam feiern: Die Idee ist in München nicht ganz neu. In StuSta (Studentenstadt) und dem RFC München gibt es zwei etablierte Zweitligisten und seit 1987 ein traditionelles Turnier zur Oktoberfestzeit - so auch in diesem Jahr. Neu ist, das Amateurturnier auf dem Gelände der Zentralen Hochschulsportanlage um die Variante mit den weltbesten Profis zu erweitern. Initiator ist Mathias Entenmann, selbst ehemaliger Rugby-Profi, der unter anderem für die Auswahlen von Hongkong, wo er einige Jahre lebte, und Deutschland gespielt hat. Was heute natürlich nicht mehr möglich wäre, der Sport hat sich seit der Aufnahme ins olympische Programm 2009 rasant entwickelt. Entenmann hat seiner sportlichen Karriere eine ähnlich rasante auf dem Sektor von elektronischen Bezahlsystemen folgen lassen, was ihn in die Lage versetzt, sich auch finanziell an der Realisierung der Oktoberfest Sevens zu beteiligen. Der Etat bewegt sich nahe am siebenstelligen Bereich und wird außer von den privaten Geldgebern durch Sponsoren und Eintrittsgelder getragen.

Das Niveau

Könnte höher nicht sein. Olympiasieger Fidschi (der allerdings ohne einen Goldmedaillengewinner aus dem Rio-Kader antritt) und der aktuelle Weltmeister Südafrika gelten im erlesenen Feld als Topfavoriten. Außer Neuseeland, das aus terminlichen Gründen passen musste, ist die gesamte Weltelite vertreten. Frankreich, Argentinien, Australien, England, Irland, Rekordeuropameister Portugal oder Argentinien, alles klingende Namen auf dem internationalen Parkett des Siebener-Rugbys. Interessant dürfte auch das Leistungsvermögen von Uganda sein, dessen Auswahl als eine der besten Afrikas gilt, sowie natürlich Gastgeber Deutschland: Die Zeiten, als die Spieler ihre Trikots selbst bezahlen mussten, sind noch nicht sehr lange her, doch mittlerweile ist die Unterstützung durch den Verband deutlich besser. Die Spieler können fast täglich trainieren und haben zuletzt mit Siegen gegen Kanada oder Chile in der Qualifikation für die World Series bewiesen, dass sie an einem guten Tag auch mit den Allerbesten mithalten können.

Das Turnier

So hart es auf dem Spielfeld zugeht, so locker sind die Zuschauer. Mit "Karneval im Stadion" ließe sich die Veranstaltung am besten beschreiben, sagt Pressechef Denis Frank, viele Fans beim Rugby tragen fantasievolle Kostüme. Zuschauer werden aus aller Welt anreisen, um ihre Mannschaften zu unterstützen und das Turnier zu einer großen Party zu machen - außerdem lässt sich der Trip mit einem Besuch auf dem Oktoberfest verbinden. Im Olympiastadion wird die überdachte Haupttribüne zur Partyzone. Die Veranstaltung sei "an Familien ausgerichtet", erklärt Frank, es gibt eine eigene Familien-Tribüne mit Kinder-Attraktionen und bester Sicht. Auf der so genannten Partytribüne werden sich die Fans einen Kostüm-Wettbewerb liefern, wie es in Rugby-Hochburgen wie Hongkong üblich ist und Hunderttausende anlockt. Jede Mannschaft muss am Freitag dreimal in der Vorrunde ran. Und ein reger Fußverkehr zwischen den weltbesten Teams und den ambitionierten Amateuren, die zeitgleich nebenan auf der Zentralen Hochschulsportanlage ihr Turnier austragen, ist gern gesehen. Dort sind immerhin Teams aus Frankreich, Italien, Liechtenstein oder Österreich dabei - und es wird ein Frauenturnier gespielt.

Das Ziel

Übergeordnetes Ziel ist, sich mit einer perfekten Organisation des Oktoberfest Sevens als Ausrichter für die World Series zu empfehlen. "Wir werden uns offiziell bewerben", bestätigt Frank, zumal München einen interessanten Standort und Deutschland einen interessanten Markt für den Weltverband darstellen. Der Ablauf ist in einer 600 Seiten umfassenden Anleitung detailliert und minutiös vorgegeben, die Spiele werden von neun Kameras von Sport1 live übertragen. Auch wenn es mit der Bewerbung um die Weltserie nicht klappen sollte, wird das Oktoberfest Sevens keine einmalige Angelegenheit bleiben: Der Veranstalter hat das Olympiastadion jeweils am dritten Wiesn-Wochenende bis 2019 reserviert.

Die Protagonisten

Seit Wochenbeginn sind die Teams in München unterwegs und dank ihrer Physis kaum zu übersehen. Dabei erlebten sowohl die Spieler als auch die Medien und Fans die eine oder andere Überraschung. Der Deutsche Rugby-Verband etwa schickte zwei Studenten zur Pressekonferenz, die mit klugen, druckreifen Sätzen manches Klischee beiseite räumten. Am Dienstag besuchten die Deutschen und Australier das Eishockey-Spiel des EHC München gegen die Kölner Haie. Auch die Spieler von Olympiasieger Fidschi, ein Inselstaat im sonnenbeheizten Südpazifik, waren da - mit Wollmützen und kurzen Hosen, Badeschlappen an den Füßen. Nach dem ersten Drittel verließen sie die Halle.

© SZ vom 29.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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